Teufel. Ich habe für dich die Schätze der Erde geplündert, du hast sie der Wol- lust und dem Vergnügen aufgeopfert, ohne dieser Elenden zu gedenken. Fühle nun dei- ne Thorheit, dieses ist dein Werk; du hast das Gewebe zu ihrem Schicksal gesponnen, und deine hungrige, bettlerische und elende Brut, wird den von dir ausgesäten Jammer durch Kinder und Kindes Kinder fortpflan- zen. Du zeugtest Kinder, warum wolltest du nicht ihr Vater seyn? Warum hast du da das Glück gesucht, wo es nie ein Sterb- licher gefunden hat? Blicke sie noch ein- mal an, und dann fort, in der Hölle siehst du sie einst wieder, wo sie dich für die Erb- schaft verfluchen werden, die sie dir nur zu danken haben.
Er riß ihn von den Jammernden, sein Weib wollte so eben seine Knie umfassen, und um Erbarmung flehen -- Faust woll- te sich zu der Unglücklichen neigen, der Teu- fel faßte ihn, und stellte ihn abermals un- ter den Galgen bey Worms.
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Teufel. Ich habe fuͤr dich die Schaͤtze der Erde gepluͤndert, du haſt ſie der Wol- luſt und dem Vergnuͤgen aufgeopfert, ohne dieſer Elenden zu gedenken. Fuͤhle nun dei- ne Thorheit, dieſes iſt dein Werk; du haſt das Gewebe zu ihrem Schickſal geſponnen, und deine hungrige, bettleriſche und elende Brut, wird den von dir ausgeſaͤten Jammer durch Kinder und Kindes Kinder fortpflan- zen. Du zeugteſt Kinder, warum wollteſt du nicht ihr Vater ſeyn? Warum haſt du da das Gluͤck geſucht, wo es nie ein Sterb- licher gefunden hat? Blicke ſie noch ein- mal an, und dann fort, in der Hoͤlle ſiehſt du ſie einſt wieder, wo ſie dich fuͤr die Erb- ſchaft verfluchen werden, die ſie dir nur zu danken haben.
Er riß ihn von den Jammernden, ſein Weib wollte ſo eben ſeine Knie umfaſſen, und um Erbarmung flehen — Fauſt woll- te ſich zu der Ungluͤcklichen neigen, der Teu- fel faßte ihn, und ſtellte ihn abermals un- ter den Galgen bey Worms.
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Teufel. Ich habe fuͤr dich die Schaͤtze
der Erde gepluͤndert, du haſt ſie der Wol-
luſt und dem Vergnuͤgen aufgeopfert, ohne
dieſer Elenden zu gedenken. Fuͤhle nun dei-
ne Thorheit, dieſes iſt dein Werk; du haſt
das Gewebe zu ihrem Schickſal geſponnen,
und deine hungrige, bettleriſche und elende
Brut, wird den von dir ausgeſaͤten Jammer
durch Kinder und Kindes Kinder fortpflan-
zen. Du zeugteſt Kinder, warum wollteſt
du nicht ihr Vater ſeyn? Warum haſt du
da das Gluͤck geſucht, wo es nie ein Sterb-
licher gefunden hat? Blicke ſie noch ein-
mal an, und dann fort, in der Hoͤlle ſiehſt
du ſie einſt wieder, wo ſie dich fuͤr die Erb-
ſchaft verfluchen werden, die ſie dir nur zu
danken haben.
Er riß ihn von den Jammernden, ſein
Weib wollte ſo eben ſeine Knie umfaſſen,
und um Erbarmung flehen — Fauſt woll-
te ſich zu der Ungluͤcklichen neigen, der Teu-
fel faßte ihn, und ſtellte ihn abermals un-
ter den Galgen bey Worms.
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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 375. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/386>, abgerufen am 25.11.2024.
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