Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

der Scheinheiligen, der Empfindsamen, und
der aus Schwäche Reuigen. Mit Thrä-
nen, die der Neid, bey dem Glück eines an-
dern auspreßt, mit Thränen der Egoisten,
die sie bey dem Unglück eines andern aus
Freude weinen, daß es sie nicht getroffen.
Mit Thränen lustiger Erben, und mit Thrä-
nen der Söhne, die sie bey dem Sarge der
geizigen, harten Väter weinen. Die Flaschen
zu dem Nachtische waren gefüllt mit Thrä-
nen der Priester, die die Rolle des Komödi-
anten auf den Kanzeln spielen, ihre Zuhörer
zu rühren; und um das Getränk schärfer zu
machen, mischte man Thränen der H -- n
darunter, die aus Hunger so lange weinen,
bis ein Kunde kommt, die Sünde für Geld
mit ihnen zu treiben. Zu diesen goß man
noch Thränen der Kuppler, Kupplerinnen,
der Aerzte und schelmischen Advokaten, die
sie über schlechte Zeiten weinen. Für den
Satan und die Fürsten stunden, auf beson-
dern Kredenztischen, Flaschen des edelsten
Getränks. Es war berauschend, schäumend

und

der Scheinheiligen, der Empfindſamen, und
der aus Schwaͤche Reuigen. Mit Thraͤ-
nen, die der Neid, bey dem Gluͤck eines an-
dern auspreßt, mit Thraͤnen der Egoiſten,
die ſie bey dem Ungluͤck eines andern aus
Freude weinen, daß es ſie nicht getroffen.
Mit Thraͤnen luſtiger Erben, und mit Thraͤ-
nen der Soͤhne, die ſie bey dem Sarge der
geizigen, harten Vaͤter weinen. Die Flaſchen
zu dem Nachtiſche waren gefuͤllt mit Thraͤ-
nen der Prieſter, die die Rolle des Komoͤdi-
anten auf den Kanzeln ſpielen, ihre Zuhoͤrer
zu ruͤhren; und um das Getraͤnk ſchaͤrfer zu
machen, miſchte man Thraͤnen der H — n
darunter, die aus Hunger ſo lange weinen,
bis ein Kunde kommt, die Suͤnde fuͤr Geld
mit ihnen zu treiben. Zu dieſen goß man
noch Thraͤnen der Kuppler, Kupplerinnen,
der Aerzte und ſchelmiſchen Advokaten, die
ſie uͤber ſchlechte Zeiten weinen. Fuͤr den
Satan und die Fuͤrſten ſtunden, auf beſon-
dern Kredenztiſchen, Flaſchen des edelſten
Getraͤnks. Es war berauſchend, ſchaͤumend

und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0038" n="27"/>
der Scheinheiligen, der Empfind&#x017F;amen, und<lb/>
der aus Schwa&#x0364;che Reuigen. Mit Thra&#x0364;-<lb/>
nen, die der Neid, bey dem Glu&#x0364;ck eines an-<lb/>
dern auspreßt, mit Thra&#x0364;nen der Egoi&#x017F;ten,<lb/>
die &#x017F;ie bey dem Unglu&#x0364;ck eines andern aus<lb/>
Freude weinen, daß es &#x017F;ie nicht getroffen.<lb/>
Mit Thra&#x0364;nen lu&#x017F;tiger Erben, und mit Thra&#x0364;-<lb/>
nen der So&#x0364;hne, die &#x017F;ie bey dem Sarge der<lb/>
geizigen, harten Va&#x0364;ter weinen. Die Fla&#x017F;chen<lb/>
zu dem Nachti&#x017F;che waren gefu&#x0364;llt mit Thra&#x0364;-<lb/>
nen der Prie&#x017F;ter, die die Rolle des Komo&#x0364;di-<lb/>
anten auf den Kanzeln &#x017F;pielen, ihre Zuho&#x0364;rer<lb/>
zu ru&#x0364;hren; und um das Getra&#x0364;nk &#x017F;cha&#x0364;rfer zu<lb/>
machen, mi&#x017F;chte man Thra&#x0364;nen der H &#x2014; n<lb/>
darunter, die aus Hunger &#x017F;o lange weinen,<lb/>
bis ein Kunde kommt, die Su&#x0364;nde fu&#x0364;r Geld<lb/>
mit ihnen zu treiben. Zu die&#x017F;en goß man<lb/>
noch Thra&#x0364;nen der Kuppler, Kupplerinnen,<lb/>
der Aerzte und &#x017F;chelmi&#x017F;chen Advokaten, die<lb/>
&#x017F;ie u&#x0364;ber &#x017F;chlechte Zeiten weinen. Fu&#x0364;r den<lb/>
Satan und die Fu&#x0364;r&#x017F;ten &#x017F;tunden, auf be&#x017F;on-<lb/>
dern Kredenzti&#x017F;chen, Fla&#x017F;chen des edel&#x017F;ten<lb/>
Getra&#x0364;nks. Es war berau&#x017F;chend, &#x017F;cha&#x0364;umend<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[27/0038] der Scheinheiligen, der Empfindſamen, und der aus Schwaͤche Reuigen. Mit Thraͤ- nen, die der Neid, bey dem Gluͤck eines an- dern auspreßt, mit Thraͤnen der Egoiſten, die ſie bey dem Ungluͤck eines andern aus Freude weinen, daß es ſie nicht getroffen. Mit Thraͤnen luſtiger Erben, und mit Thraͤ- nen der Soͤhne, die ſie bey dem Sarge der geizigen, harten Vaͤter weinen. Die Flaſchen zu dem Nachtiſche waren gefuͤllt mit Thraͤ- nen der Prieſter, die die Rolle des Komoͤdi- anten auf den Kanzeln ſpielen, ihre Zuhoͤrer zu ruͤhren; und um das Getraͤnk ſchaͤrfer zu machen, miſchte man Thraͤnen der H — n darunter, die aus Hunger ſo lange weinen, bis ein Kunde kommt, die Suͤnde fuͤr Geld mit ihnen zu treiben. Zu dieſen goß man noch Thraͤnen der Kuppler, Kupplerinnen, der Aerzte und ſchelmiſchen Advokaten, die ſie uͤber ſchlechte Zeiten weinen. Fuͤr den Satan und die Fuͤrſten ſtunden, auf beſon- dern Kredenztiſchen, Flaſchen des edelſten Getraͤnks. Es war berauſchend, ſchaͤumend und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/38
Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/38>, abgerufen am 29.03.2024.