der überließ sich in Ostia dem Zug seiner thierischen Natur, und man begieng in den wenigen Tagen Ausschweifungen, wobey ein Tiber und Nero noch etwas hätte ler- nen können. Faust hatte nun Gelegenheit, den Menschen, nach dem Ausdruck des Teu- fels, in seiner scheußlichen Nacktheit zu be- obachten; aber was waren alle diese Sce- nen der Ueppigkeit, gegen die Anschläge, die der Papst, um sich von der Ermattung der Lust zu erholen, mit seinen Bastarden, in Gegenwart Fausts und des Teufels faßte? Hier ward beschlossen, den Alfonso von Ar- ragonien, den Gemahl der Lucretia, zu er- morden, um dem König von Frankreich ei- nen Beweis zu geben, daß man willens sey, mit dem König von Neapel gänzlich zu bre- chen, und ihm zur Eroberung der Krone Siciliens beyzustehen. Ludwig der Zwölfte war schon durch Alexanders Vermittlung in Italien eingebrochen, und die Borgias sa- hen dadurch alle ihre Anschläge reifen. Lucre- tia übertrug diese blutige That ihrem Bru-
der
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der uͤberließ ſich in Oſtia dem Zug ſeiner thieriſchen Natur, und man begieng in den wenigen Tagen Ausſchweifungen, wobey ein Tiber und Nero noch etwas haͤtte ler- nen koͤnnen. Fauſt hatte nun Gelegenheit, den Menſchen, nach dem Ausdruck des Teu- fels, in ſeiner ſcheußlichen Nacktheit zu be- obachten; aber was waren alle dieſe Sce- nen der Ueppigkeit, gegen die Anſchlaͤge, die der Papſt, um ſich von der Ermattung der Luſt zu erholen, mit ſeinen Baſtarden, in Gegenwart Fauſts und des Teufels faßte? Hier ward beſchloſſen, den Alfonſo von Ar- ragonien, den Gemahl der Lucretia, zu er- morden, um dem Koͤnig von Frankreich ei- nen Beweis zu geben, daß man willens ſey, mit dem Koͤnig von Neapel gaͤnzlich zu bre- chen, und ihm zur Eroberung der Krone Siciliens beyzuſtehen. Ludwig der Zwoͤlfte war ſchon durch Alexanders Vermittlung in Italien eingebrochen, und die Borgias ſa- hen dadurch alle ihre Anſchlaͤge reifen. Lucre- tia uͤbertrug dieſe blutige That ihrem Bru-
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der uͤberließ ſich in Oſtia dem Zug ſeiner
thieriſchen Natur, und man begieng in den
wenigen Tagen Ausſchweifungen, wobey
ein Tiber und Nero noch etwas haͤtte ler-
nen koͤnnen. Fauſt hatte nun Gelegenheit,
den Menſchen, nach dem Ausdruck des Teu-
fels, in ſeiner ſcheußlichen Nacktheit zu be-
obachten; aber was waren alle dieſe Sce-
nen der Ueppigkeit, gegen die Anſchlaͤge, die
der Papſt, um ſich von der Ermattung der
Luſt zu erholen, mit ſeinen Baſtarden, in
Gegenwart Fauſts und des Teufels faßte?
Hier ward beſchloſſen, den Alfonſo von Ar-
ragonien, den Gemahl der Lucretia, zu er-
morden, um dem Koͤnig von Frankreich ei-
nen Beweis zu geben, daß man willens ſey,
mit dem Koͤnig von Neapel gaͤnzlich zu bre-
chen, und ihm zur Eroberung der Krone
Siciliens beyzuſtehen. Ludwig der Zwoͤlfte
war ſchon durch Alexanders Vermittlung in
Italien eingebrochen, und die Borgias ſa-
hen dadurch alle ihre Anſchlaͤge reifen. Lucre-
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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 325. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/336>, abgerufen am 22.11.2024.
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