Vatican. Der Teufel, der als Liebling des Papsts, während seiner Trauer allein in seinem Zimmer bleiben durfte, entfernte sich bey der Ankunft der edlen Vanosa, suchte Fausten auf, der die Lucretia tröstete, und führte ihn an die Thüre, folgendes Ge- spräch zu belauschen.
Als sie der Thüre nahten, hörten sie die- se Worte des Papsts:
"Ein Brudermörder, und Kardinal! Und "du die Mutter von beyden, verkündigest "mir dies mit einer Kälte, als hätte Cäsar "einen der Kolonne oder Orsinis vergiftet! "Er hat in seinem Bruder seinen guten Ruf "ermordet, hat das Gebäude der Größe im "Grund erschüttert, das ich durch meine "Familie aufführen wollte; aber der Kühne "soll der Strafe und meiner Rache nicht "entgehen."
Vanosa. Roderico Borgia, du hast bey meiner Mutter geschlafen, darauf bey mir, schläfst nun mit meiner und deiner Tochter, wer mag die zählen, die du heimlich ermor-
den
Vatican. Der Teufel, der als Liebling des Papſts, waͤhrend ſeiner Trauer allein in ſeinem Zimmer bleiben durfte, entfernte ſich bey der Ankunft der edlen Vanoſa, ſuchte Fauſten auf, der die Lucretia troͤſtete, und fuͤhrte ihn an die Thuͤre, folgendes Ge- ſpraͤch zu belauſchen.
Als ſie der Thuͤre nahten, hoͤrten ſie die- ſe Worte des Papſts:
„Ein Brudermoͤrder, und Kardinal! Und „du die Mutter von beyden, verkuͤndigeſt „mir dies mit einer Kaͤlte, als haͤtte Caͤſar „einen der Kolonne oder Orſinis vergiftet! „Er hat in ſeinem Bruder ſeinen guten Ruf „ermordet, hat das Gebaͤude der Groͤße im „Grund erſchuͤttert, das ich durch meine „Familie auffuͤhren wollte; aber der Kuͤhne „ſoll der Strafe und meiner Rache nicht „entgehen.“
Vanoſa. Roderico Borgia, du haſt bey meiner Mutter geſchlafen, darauf bey mir, ſchlaͤfſt nun mit meiner und deiner Tochter, wer mag die zaͤhlen, die du heimlich ermor-
den
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0329"n="318"/>
Vatican. Der Teufel, der als Liebling des<lb/>
Papſts, waͤhrend ſeiner Trauer allein in<lb/>ſeinem Zimmer bleiben durfte, entfernte ſich<lb/>
bey der Ankunft der edlen Vanoſa, ſuchte<lb/>
Fauſten auf, der die Lucretia troͤſtete, und<lb/>
fuͤhrte ihn an die Thuͤre, folgendes Ge-<lb/>ſpraͤch zu belauſchen.</p><lb/><p>Als ſie der Thuͤre nahten, hoͤrten ſie die-<lb/>ſe Worte des Papſts:</p><lb/><p>„Ein Brudermoͤrder, und Kardinal! Und<lb/>„du die Mutter von beyden, verkuͤndigeſt<lb/>„mir dies mit einer Kaͤlte, als haͤtte Caͤſar<lb/>„einen der Kolonne oder Orſinis vergiftet!<lb/>„Er hat in ſeinem Bruder ſeinen guten Ruf<lb/>„ermordet, hat das Gebaͤude der Groͤße im<lb/>„Grund erſchuͤttert, das ich durch meine<lb/>„Familie auffuͤhren wollte; aber der Kuͤhne<lb/>„ſoll der Strafe und meiner Rache nicht<lb/>„entgehen.“</p><lb/><p><hirendition="#fr">Vanoſa</hi>. Roderico Borgia, du haſt bey<lb/>
meiner Mutter geſchlafen, darauf bey mir,<lb/>ſchlaͤfſt nun mit meiner und deiner Tochter,<lb/>
wer mag die zaͤhlen, die du heimlich ermor-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">den</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[318/0329]
Vatican. Der Teufel, der als Liebling des
Papſts, waͤhrend ſeiner Trauer allein in
ſeinem Zimmer bleiben durfte, entfernte ſich
bey der Ankunft der edlen Vanoſa, ſuchte
Fauſten auf, der die Lucretia troͤſtete, und
fuͤhrte ihn an die Thuͤre, folgendes Ge-
ſpraͤch zu belauſchen.
Als ſie der Thuͤre nahten, hoͤrten ſie die-
ſe Worte des Papſts:
„Ein Brudermoͤrder, und Kardinal! Und
„du die Mutter von beyden, verkuͤndigeſt
„mir dies mit einer Kaͤlte, als haͤtte Caͤſar
„einen der Kolonne oder Orſinis vergiftet!
„Er hat in ſeinem Bruder ſeinen guten Ruf
„ermordet, hat das Gebaͤude der Groͤße im
„Grund erſchuͤttert, das ich durch meine
„Familie auffuͤhren wollte; aber der Kuͤhne
„ſoll der Strafe und meiner Rache nicht
„entgehen.“
Vanoſa. Roderico Borgia, du haſt bey
meiner Mutter geſchlafen, darauf bey mir,
ſchlaͤfſt nun mit meiner und deiner Tochter,
wer mag die zaͤhlen, die du heimlich ermor-
den
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/329>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.