Schale tanzen leicht Religion und ihre Stü- tze, die Furcht vor der Zukunft. Die Ge- genschale schlägt sie hinauf; Durst nach Un- abhängigkeit und Wissen, Stolz, Wollust, Groll und Bitterkeit füllen sie. Ewigkeit und Verdammniß schallen nur dumpf in seiner Seele. So strauchelt die Jungfrau welche die glühenden Küsse des Geliebten auf dem Busen fühlt, zwischen den Lehren der Mutter und dem Zug der Natur. So schwankt der Philosoph zwischen zwey Sä- tzen, dieser ist wahr, jener glänzend und führt zu dem Ruhme; welchen wird er wählen?
Nun zog Faust, nach der Vorschrift der Magie, den fürchterlichen Kreiß, der ihn auf ewig der Ob- und Vorsicht des Höch- sten, und den süßen Banden der Menschheit entreißen sollte. Seine Augen glühten, sein Herz schlug, seine Haare stiegen auf seinem Haupt empor. In diesem Augenblick glaub- te er seinen alten Vater, sein junges Weib und seine Kinder zu sehen, die in Verzweif-
lung
Schale tanzen leicht Religion und ihre Stuͤ- tze, die Furcht vor der Zukunft. Die Ge- genſchale ſchlaͤgt ſie hinauf; Durſt nach Un- abhaͤngigkeit und Wiſſen, Stolz, Wolluſt, Groll und Bitterkeit fuͤllen ſie. Ewigkeit und Verdammniß ſchallen nur dumpf in ſeiner Seele. So ſtrauchelt die Jungfrau welche die gluͤhenden Kuͤſſe des Geliebten auf dem Buſen fuͤhlt, zwiſchen den Lehren der Mutter und dem Zug der Natur. So ſchwankt der Philoſoph zwiſchen zwey Saͤ- tzen, dieſer iſt wahr, jener glaͤnzend und fuͤhrt zu dem Ruhme; welchen wird er waͤhlen?
Nun zog Fauſt, nach der Vorſchrift der Magie, den fuͤrchterlichen Kreiß, der ihn auf ewig der Ob- und Vorſicht des Hoͤch- ſten, und den ſuͤßen Banden der Menſchheit entreißen ſollte. Seine Augen gluͤhten, ſein Herz ſchlug, ſeine Haare ſtiegen auf ſeinem Haupt empor. In dieſem Augenblick glaub- te er ſeinen alten Vater, ſein junges Weib und ſeine Kinder zu ſehen, die in Verzweif-
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Schale tanzen leicht Religion und ihre Stuͤ-
tze, die Furcht vor der Zukunft. Die Ge-
genſchale ſchlaͤgt ſie hinauf; Durſt nach Un-
abhaͤngigkeit und Wiſſen, Stolz, Wolluſt,
Groll und Bitterkeit fuͤllen ſie. Ewigkeit
und Verdammniß ſchallen nur dumpf in
ſeiner Seele. So ſtrauchelt die Jungfrau
welche die gluͤhenden Kuͤſſe des Geliebten
auf dem Buſen fuͤhlt, zwiſchen den Lehren
der Mutter und dem Zug der Natur. So
ſchwankt der Philoſoph zwiſchen zwey Saͤ-
tzen, dieſer iſt wahr, jener glaͤnzend und
fuͤhrt zu dem Ruhme; welchen wird er
waͤhlen?
Nun zog Fauſt, nach der Vorſchrift der
Magie, den fuͤrchterlichen Kreiß, der ihn
auf ewig der Ob- und Vorſicht des Hoͤch-
ſten, und den ſuͤßen Banden der Menſchheit
entreißen ſollte. Seine Augen gluͤhten, ſein
Herz ſchlug, ſeine Haare ſtiegen auf ſeinem
Haupt empor. In dieſem Augenblick glaub-
te er ſeinen alten Vater, ſein junges Weib
und ſeine Kinder zu ſehen, die in Verzweif-
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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/29>, abgerufen am 22.11.2024.
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