Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

"Sage, was für Menschen hast du gesehen?
"Sektirer, Fanatiker, Schwärmer, die
"Schlacken der menschlichen Natur. Eitle
"Betschwestern, junge Weiber, die kraftlo-
"se Männer, Wittwen die schlaflose Nächte
"haben. Mädchen, die der Kitzel des Bluts
"quälet, diese hängen sich an Leute deines
"gleichen, weil sie an nichts kräftigerm hän-
"gen können, und mit dem Geiste buhlen
"müssen, weil ihre Leiber nicht bepflügt
"werden. -- Autoren hast du gesehen, de-
"nen es wohlgefiel, wenn du die flachen
"Züge ihres Gesichts zu Merkzeichen des
"Genies stempeltest. Große, deren glän-
"zender Stand und Name, ihre Gesichter vor
"deinen Augen verherrlichten. Du siehst ich
"kenne deinen Umgang, und habe dein Buch
"gelesen."

Teufel. Bravo, Faust, laß mich nun
auch das Wort nehmen, und ihm mit Wahr-
heit lohnen. Bruder Mönch! in deiner ein-
samen Zelle hast du dir ein schaales Ideal
von Vollkommenheit zusammengesezt, es

den
P 5

„Sage, was fuͤr Menſchen haſt du geſehen?
„Sektirer, Fanatiker, Schwaͤrmer, die
„Schlacken der menſchlichen Natur. Eitle
„Betſchweſtern, junge Weiber, die kraftlo-
„ſe Maͤnner, Wittwen die ſchlafloſe Naͤchte
„haben. Maͤdchen, die der Kitzel des Bluts
„quaͤlet, dieſe haͤngen ſich an Leute deines
„gleichen, weil ſie an nichts kraͤftigerm haͤn-
„gen koͤnnen, und mit dem Geiſte buhlen
„muͤſſen, weil ihre Leiber nicht bepfluͤgt
„werden. — Autoren haſt du geſehen, de-
„nen es wohlgefiel, wenn du die flachen
„Zuͤge ihres Geſichts zu Merkzeichen des
„Genies ſtempelteſt. Große, deren glaͤn-
„zender Stand und Name, ihre Geſichter vor
„deinen Augen verherrlichten. Du ſiehſt ich
„kenne deinen Umgang, und habe dein Buch
„geleſen.“

Teufel. Bravo, Fauſt, laß mich nun
auch das Wort nehmen, und ihm mit Wahr-
heit lohnen. Bruder Moͤnch! in deiner ein-
ſamen Zelle haſt du dir ein ſchaales Ideal
von Vollkommenheit zuſammengeſezt, es

den
P 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0244" n="233"/>
&#x201E;Sage, was fu&#x0364;r Men&#x017F;chen ha&#x017F;t du ge&#x017F;ehen?<lb/>
&#x201E;Sektirer, Fanatiker, Schwa&#x0364;rmer, die<lb/>
&#x201E;Schlacken der men&#x017F;chlichen Natur. Eitle<lb/>
&#x201E;Bet&#x017F;chwe&#x017F;tern, junge Weiber, die kraftlo-<lb/>
&#x201E;&#x017F;e Ma&#x0364;nner, Wittwen die &#x017F;chlaflo&#x017F;e Na&#x0364;chte<lb/>
&#x201E;haben. Ma&#x0364;dchen, die der Kitzel des Bluts<lb/>
&#x201E;qua&#x0364;let, die&#x017F;e ha&#x0364;ngen &#x017F;ich an Leute deines<lb/>
&#x201E;gleichen, weil &#x017F;ie an nichts kra&#x0364;ftigerm ha&#x0364;n-<lb/>
&#x201E;gen ko&#x0364;nnen, und mit dem Gei&#x017F;te buhlen<lb/>
&#x201E;mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, weil ihre Leiber nicht bepflu&#x0364;gt<lb/>
&#x201E;werden. &#x2014; Autoren ha&#x017F;t du ge&#x017F;ehen, de-<lb/>
&#x201E;nen es wohlgefiel, wenn du die flachen<lb/>
&#x201E;Zu&#x0364;ge ihres Ge&#x017F;ichts zu Merkzeichen des<lb/>
&#x201E;Genies &#x017F;tempelte&#x017F;t. Große, deren gla&#x0364;n-<lb/>
&#x201E;zender Stand und Name, ihre Ge&#x017F;ichter vor<lb/>
&#x201E;deinen Augen verherrlichten. Du &#x017F;ieh&#x017F;t ich<lb/>
&#x201E;kenne deinen Umgang, und habe dein Buch<lb/>
&#x201E;gele&#x017F;en.&#x201C;</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Teufel</hi>. Bravo, Fau&#x017F;t, laß mich nun<lb/>
auch das Wort nehmen, und ihm mit Wahr-<lb/>
heit lohnen. Bruder Mo&#x0364;nch! in deiner ein-<lb/>
&#x017F;amen Zelle ha&#x017F;t du dir ein &#x017F;chaales Ideal<lb/>
von Vollkommenheit zu&#x017F;ammenge&#x017F;ezt, es<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">P 5</fw><fw place="bottom" type="catch">den</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[233/0244] „Sage, was fuͤr Menſchen haſt du geſehen? „Sektirer, Fanatiker, Schwaͤrmer, die „Schlacken der menſchlichen Natur. Eitle „Betſchweſtern, junge Weiber, die kraftlo- „ſe Maͤnner, Wittwen die ſchlafloſe Naͤchte „haben. Maͤdchen, die der Kitzel des Bluts „quaͤlet, dieſe haͤngen ſich an Leute deines „gleichen, weil ſie an nichts kraͤftigerm haͤn- „gen koͤnnen, und mit dem Geiſte buhlen „muͤſſen, weil ihre Leiber nicht bepfluͤgt „werden. — Autoren haſt du geſehen, de- „nen es wohlgefiel, wenn du die flachen „Zuͤge ihres Geſichts zu Merkzeichen des „Genies ſtempelteſt. Große, deren glaͤn- „zender Stand und Name, ihre Geſichter vor „deinen Augen verherrlichten. Du ſiehſt ich „kenne deinen Umgang, und habe dein Buch „geleſen.“ Teufel. Bravo, Fauſt, laß mich nun auch das Wort nehmen, und ihm mit Wahr- heit lohnen. Bruder Moͤnch! in deiner ein- ſamen Zelle haſt du dir ein ſchaales Ideal von Vollkommenheit zuſammengeſezt, es den P 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/244
Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/244>, abgerufen am 08.05.2024.