Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

macht. Ein Gemeinspruch der Politik, der,
wie alle Gemeinsprüche, öfterer dazu dient,
den schlechten Fürsten schlechter zu machen,
als dem Guten sein schweres Amt im rechten
Gesichtspunkt zu zeigen.

Faust und der Teufel fanden durch ihren
Aufwand und ihr Betragen bald Eingang am
Hofe. Faust sah den Fürsten mit den Au-
gen eines Mannes an, dessen Herz durch
das Vorurtheil schon gestimmt war; dieses
Vorurtheil nun bis zur Ueberzeugung zu
treiben, erforderte es vielleicht weniger, als
das edle Aeußere des Fürsten. Er schien
oder war grad und offen. Suchte zu ge-
fallen, und die Herzen zu gewinnen, ohne
es merklich zu machen, war vertraulich, oh-
ne sich etwas zu vergeben, und besaß jene
kluge Kälte, die Ehrfurcht einflößt, ohne
daß man sich die Ursache davon deutlich an-
zugeben weiß, und ohne daß man einen star-
ken Trieb fühlt, ihr nachzuspüren. Die-
ses alles war mit so viel Würde, Feinheit
und Anstand umhüllt, daß es dem geübte-

sten
Fausts Leben. M

macht. Ein Gemeinſpruch der Politik, der,
wie alle Gemeinſpruͤche, oͤfterer dazu dient,
den ſchlechten Fuͤrſten ſchlechter zu machen,
als dem Guten ſein ſchweres Amt im rechten
Geſichtspunkt zu zeigen.

Fauſt und der Teufel fanden durch ihren
Aufwand und ihr Betragen bald Eingang am
Hofe. Fauſt ſah den Fuͤrſten mit den Au-
gen eines Mannes an, deſſen Herz durch
das Vorurtheil ſchon geſtimmt war; dieſes
Vorurtheil nun bis zur Ueberzeugung zu
treiben, erforderte es vielleicht weniger, als
das edle Aeußere des Fuͤrſten. Er ſchien
oder war grad und offen. Suchte zu ge-
fallen, und die Herzen zu gewinnen, ohne
es merklich zu machen, war vertraulich, oh-
ne ſich etwas zu vergeben, und beſaß jene
kluge Kaͤlte, die Ehrfurcht einfloͤßt, ohne
daß man ſich die Urſache davon deutlich an-
zugeben weiß, und ohne daß man einen ſtar-
ken Trieb fuͤhlt, ihr nachzuſpuͤren. Die-
ſes alles war mit ſo viel Wuͤrde, Feinheit
und Anſtand umhuͤllt, daß es dem geuͤbte-

ſten
Fauſts Leben. M
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0188" n="177"/>
macht. Ein Gemein&#x017F;pruch der Politik, der,<lb/>
wie alle Gemein&#x017F;pru&#x0364;che, o&#x0364;fterer dazu dient,<lb/>
den &#x017F;chlechten Fu&#x0364;r&#x017F;ten &#x017F;chlechter zu machen,<lb/>
als dem Guten &#x017F;ein &#x017F;chweres Amt im rechten<lb/>
Ge&#x017F;ichtspunkt zu zeigen.</p><lb/>
          <p>Fau&#x017F;t und der Teufel fanden durch ihren<lb/>
Aufwand und ihr Betragen bald Eingang am<lb/>
Hofe. Fau&#x017F;t &#x017F;ah den Fu&#x0364;r&#x017F;ten mit den Au-<lb/>
gen eines Mannes an, de&#x017F;&#x017F;en Herz durch<lb/>
das Vorurtheil &#x017F;chon ge&#x017F;timmt war; die&#x017F;es<lb/>
Vorurtheil nun bis zur Ueberzeugung zu<lb/>
treiben, erforderte es vielleicht weniger, als<lb/>
das edle Aeußere des Fu&#x0364;r&#x017F;ten. Er &#x017F;chien<lb/>
oder war grad und offen. Suchte zu ge-<lb/>
fallen, und die Herzen zu gewinnen, ohne<lb/>
es merklich zu machen, war vertraulich, oh-<lb/>
ne &#x017F;ich etwas zu vergeben, und be&#x017F;aß jene<lb/>
kluge Ka&#x0364;lte, die Ehrfurcht einflo&#x0364;ßt, ohne<lb/>
daß man &#x017F;ich die Ur&#x017F;ache davon deutlich an-<lb/>
zugeben weiß, und ohne daß man einen &#x017F;tar-<lb/>
ken Trieb fu&#x0364;hlt, ihr nachzu&#x017F;pu&#x0364;ren. Die-<lb/>
&#x017F;es alles war mit &#x017F;o viel Wu&#x0364;rde, Feinheit<lb/>
und An&#x017F;tand umhu&#x0364;llt, daß es dem geu&#x0364;bte-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr">Fau&#x017F;ts Leben.</hi> M</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ten</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[177/0188] macht. Ein Gemeinſpruch der Politik, der, wie alle Gemeinſpruͤche, oͤfterer dazu dient, den ſchlechten Fuͤrſten ſchlechter zu machen, als dem Guten ſein ſchweres Amt im rechten Geſichtspunkt zu zeigen. Fauſt und der Teufel fanden durch ihren Aufwand und ihr Betragen bald Eingang am Hofe. Fauſt ſah den Fuͤrſten mit den Au- gen eines Mannes an, deſſen Herz durch das Vorurtheil ſchon geſtimmt war; dieſes Vorurtheil nun bis zur Ueberzeugung zu treiben, erforderte es vielleicht weniger, als das edle Aeußere des Fuͤrſten. Er ſchien oder war grad und offen. Suchte zu ge- fallen, und die Herzen zu gewinnen, ohne es merklich zu machen, war vertraulich, oh- ne ſich etwas zu vergeben, und beſaß jene kluge Kaͤlte, die Ehrfurcht einfloͤßt, ohne daß man ſich die Urſache davon deutlich an- zugeben weiß, und ohne daß man einen ſtar- ken Trieb fuͤhlt, ihr nachzuſpuͤren. Die- ſes alles war mit ſo viel Wuͤrde, Feinheit und Anſtand umhuͤllt, daß es dem geuͤbte- ſten Fauſts Leben. M

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/188
Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/188>, abgerufen am 22.11.2024.