Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

Den Teufel ergözte der Redner, er fuhr
fort:

"Der wilde Ungestüm, den ich nach die-
"ser Entdeckung äußerte, macht meinem Her-
"zen Ehre, und ich kümmre mich wenig da-
"rum, daß meine Feinde meine Klugheit an-
"tasten. Denn was anders heißt den Men-
"schen Klugheit, als blinde Unterwerfung,
"Niederträchtigkeit, Schmeicheley, Gleich-
"gültigkeit darüber, wie man einen Posten
"erschleicht, wenn man nur dahingelangt,
"mit zu unterdrücken und mit zu plündern?
"Nur dieses nennen sie klug seyn, aber ein
"Mann wie ich, sucht das Glück auf rei-
"nern Wegen. Mein Unglück war, daß
"ich mit dem jezigen Minister von der Schu-
"le an aufs innigste verbunden war. Er
"besizt den Geist, der dazu gehört, empor
"zu kommen, von frühster Jugend suchte er
"durch mir entgegengesetzte Grundsätze Auf-
"sehn zu machen, und vertheidigte in eben
"dem Maaße die tyrannische Regierungs-
"formen, als ich sie antastete. Wir strit-

"ten

Den Teufel ergoͤzte der Redner, er fuhr
fort:

„Der wilde Ungeſtuͤm, den ich nach die-
„ſer Entdeckung aͤußerte, macht meinem Her-
„zen Ehre, und ich kuͤmmre mich wenig da-
„rum, daß meine Feinde meine Klugheit an-
„taſten. Denn was anders heißt den Men-
„ſchen Klugheit, als blinde Unterwerfung,
„Niedertraͤchtigkeit, Schmeicheley, Gleich-
„guͤltigkeit daruͤber, wie man einen Poſten
„erſchleicht, wenn man nur dahingelangt,
„mit zu unterdruͤcken und mit zu pluͤndern?
„Nur dieſes nennen ſie klug ſeyn, aber ein
„Mann wie ich, ſucht das Gluͤck auf rei-
„nern Wegen. Mein Ungluͤck war, daß
„ich mit dem jezigen Miniſter von der Schu-
„le an aufs innigſte verbunden war. Er
„beſizt den Geiſt, der dazu gehoͤrt, empor
„zu kommen, von fruͤhſter Jugend ſuchte er
„durch mir entgegengeſetzte Grundſaͤtze Auf-
„ſehn zu machen, und vertheidigte in eben
„dem Maaße die tyranniſche Regierungs-
„formen, als ich ſie antaſtete. Wir ſtrit-

„ten
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0179" n="168"/>
Den Teufel ergo&#x0364;zte der Redner, er fuhr<lb/>
fort:</p><lb/>
          <p>&#x201E;Der wilde Unge&#x017F;tu&#x0364;m, den ich nach die-<lb/>
&#x201E;&#x017F;er Entdeckung a&#x0364;ußerte, macht meinem Her-<lb/>
&#x201E;zen Ehre, und ich ku&#x0364;mmre mich wenig da-<lb/>
&#x201E;rum, daß meine Feinde meine Klugheit an-<lb/>
&#x201E;ta&#x017F;ten. Denn was anders heißt den Men-<lb/>
&#x201E;&#x017F;chen Klugheit, als blinde Unterwerfung,<lb/>
&#x201E;Niedertra&#x0364;chtigkeit, Schmeicheley, Gleich-<lb/>
&#x201E;gu&#x0364;ltigkeit daru&#x0364;ber, wie man einen Po&#x017F;ten<lb/>
&#x201E;er&#x017F;chleicht, wenn man nur dahingelangt,<lb/>
&#x201E;mit zu unterdru&#x0364;cken und mit zu plu&#x0364;ndern?<lb/>
&#x201E;Nur die&#x017F;es nennen &#x017F;ie klug &#x017F;eyn, aber ein<lb/>
&#x201E;Mann wie ich, &#x017F;ucht das Glu&#x0364;ck auf rei-<lb/>
&#x201E;nern Wegen. Mein Unglu&#x0364;ck war, daß<lb/>
&#x201E;ich mit dem jezigen Mini&#x017F;ter von der Schu-<lb/>
&#x201E;le an aufs innig&#x017F;te verbunden war. <hi rendition="#fr">Er</hi><lb/>
&#x201E;be&#x017F;izt den Gei&#x017F;t, der dazu geho&#x0364;rt, empor<lb/>
&#x201E;zu kommen, von fru&#x0364;h&#x017F;ter Jugend &#x017F;uchte er<lb/>
&#x201E;durch mir entgegenge&#x017F;etzte Grund&#x017F;a&#x0364;tze Auf-<lb/>
&#x201E;&#x017F;ehn zu machen, und vertheidigte in eben<lb/>
&#x201E;dem Maaße die tyranni&#x017F;che Regierungs-<lb/>
&#x201E;formen, als ich &#x017F;ie anta&#x017F;tete. Wir &#x017F;trit-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x201E;ten</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[168/0179] Den Teufel ergoͤzte der Redner, er fuhr fort: „Der wilde Ungeſtuͤm, den ich nach die- „ſer Entdeckung aͤußerte, macht meinem Her- „zen Ehre, und ich kuͤmmre mich wenig da- „rum, daß meine Feinde meine Klugheit an- „taſten. Denn was anders heißt den Men- „ſchen Klugheit, als blinde Unterwerfung, „Niedertraͤchtigkeit, Schmeicheley, Gleich- „guͤltigkeit daruͤber, wie man einen Poſten „erſchleicht, wenn man nur dahingelangt, „mit zu unterdruͤcken und mit zu pluͤndern? „Nur dieſes nennen ſie klug ſeyn, aber ein „Mann wie ich, ſucht das Gluͤck auf rei- „nern Wegen. Mein Ungluͤck war, daß „ich mit dem jezigen Miniſter von der Schu- „le an aufs innigſte verbunden war. Er „beſizt den Geiſt, der dazu gehoͤrt, empor „zu kommen, von fruͤhſter Jugend ſuchte er „durch mir entgegengeſetzte Grundſaͤtze Auf- „ſehn zu machen, und vertheidigte in eben „dem Maaße die tyranniſche Regierungs- „formen, als ich ſie antaſtete. Wir ſtrit- „ten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/179
Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/179>, abgerufen am 08.05.2024.