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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791.

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Der Bischof sah ihn verdrießlich an, ließ
den Haushofmeister rufen, und fragte ihn:
"He, was ist denn das mit dem Bauern da,
"der sich wie ein Narr den Hals abge-
"schnitten hat?"

Der Haushofmeister lächelte, erzählte die
Geschichte wie Faust, und sezte hinzu: "Ich
"habe ihm darum das fette Kalb genom-
"men, weil es eine Zierde eurer Tafel, und
"für die Frankfurther, denen er's verkau-
"fen wollte, zu gut ist. Der Amtmann
"hat ihn gepfändet, weil er immer ein schlech-
"ter Wirth war, und seit drey Jahren sei-
"ne Gebühren nicht bezahlt hat. So ver-
"hält sich's gnädiger Herr, und wahrlich
"kein Bauer soll mir etwas Gutes aus dem
"Lande führen!"

Bischof. Da hast du recht. -- zu
Faust
. Was wollt ihr nun? Ihr seht doch,
daß er wohlgethan hat, dem Bauer das
Kalb zu nehmen; oder meint ihr, die Frank-
further Bürger sollten die fetten Kälber
meines Landes fressen, und ich die magern?

Faust

Der Biſchof ſah ihn verdrießlich an, ließ
den Haushofmeiſter rufen, und fragte ihn:
„He, was iſt denn das mit dem Bauern da,
„der ſich wie ein Narr den Hals abge-
„ſchnitten hat?“

Der Haushofmeiſter laͤchelte, erzaͤhlte die
Geſchichte wie Fauſt, und ſezte hinzu: „Ich
„habe ihm darum das fette Kalb genom-
„men, weil es eine Zierde eurer Tafel, und
„fuͤr die Frankfurther, denen er’s verkau-
„fen wollte, zu gut iſt. Der Amtmann
„hat ihn gepfaͤndet, weil er immer ein ſchlech-
„ter Wirth war, und ſeit drey Jahren ſei-
„ne Gebuͤhren nicht bezahlt hat. So ver-
„haͤlt ſich’s gnaͤdiger Herr, und wahrlich
„kein Bauer ſoll mir etwas Gutes aus dem
„Lande fuͤhren!“

Biſchof. Da haſt du recht. — zu
Fauſt
. Was wollt ihr nun? Ihr ſeht doch,
daß er wohlgethan hat, dem Bauer das
Kalb zu nehmen; oder meint ihr, die Frank-
further Buͤrger ſollten die fetten Kaͤlber
meines Landes freſſen, und ich die magern?

Fauſt
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[159/0170] Der Biſchof ſah ihn verdrießlich an, ließ den Haushofmeiſter rufen, und fragte ihn: „He, was iſt denn das mit dem Bauern da, „der ſich wie ein Narr den Hals abge- „ſchnitten hat?“ Der Haushofmeiſter laͤchelte, erzaͤhlte die Geſchichte wie Fauſt, und ſezte hinzu: „Ich „habe ihm darum das fette Kalb genom- „men, weil es eine Zierde eurer Tafel, und „fuͤr die Frankfurther, denen er’s verkau- „fen wollte, zu gut iſt. Der Amtmann „hat ihn gepfaͤndet, weil er immer ein ſchlech- „ter Wirth war, und ſeit drey Jahren ſei- „ne Gebuͤhren nicht bezahlt hat. So ver- „haͤlt ſich’s gnaͤdiger Herr, und wahrlich „kein Bauer ſoll mir etwas Gutes aus dem „Lande fuͤhren!“ Biſchof. Da haſt du recht. — zu Fauſt. Was wollt ihr nun? Ihr ſeht doch, daß er wohlgethan hat, dem Bauer das Kalb zu nehmen; oder meint ihr, die Frank- further Buͤrger ſollten die fetten Kaͤlber meines Landes freſſen, und ich die magern? Fauſt

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Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/170>, abgerufen am 08.05.2024.