fühle bei seiner Truppe einzuführen. Zulezt dringt er auf eine Revision des Menschenge- schlechts und auf einige höchstnöthige Weltre- paraturen; besteht auch sehr trotzig darauf zu wissen, weshalb er den Narren eines ihm un- bekannten Publikums abgeben müsse.
Nun wird eine tragische Situation sehr schlecht ausgeführt. Die schöne Kolombine er- scheint nemlich, und als der Bruder ohne Herz sie dem andern als seine Gemahlin vor- stellt, fällt dieser ohne ein Wort zu sagen, höchst ungeschickt, mit dem hölzernen Kopfe auf einen Stein. Jene beiden laufen fort, um Hülfe zu senden; der Hanswurst aber hebt ihn auf und indem er ihm die blutige Stirn abwischt, bittet er ihn ganz gelassen, daß, weil es keine Dinge an sich gäbe, er sich den Stein, so wie die ganze Geschichte lieber aus dem Kopfe schlagen möge. Auch lobt er den Direktor, daß er das griechische Fatum abge- schaft und dafür eine moralische Theaterord-
fuͤhle bei ſeiner Truppe einzufuͤhren. Zulezt dringt er auf eine Reviſion des Menſchenge- ſchlechts und auf einige hoͤchſtnoͤthige Weltre- paraturen; beſteht auch ſehr trotzig darauf zu wiſſen, weshalb er den Narren eines ihm un- bekannten Publikums abgeben muͤſſe.
Nun wird eine tragiſche Situation ſehr ſchlecht ausgefuͤhrt. Die ſchoͤne Kolombine er- ſcheint nemlich, und als der Bruder ohne Herz ſie dem andern als ſeine Gemahlin vor- ſtellt, faͤllt dieſer ohne ein Wort zu ſagen, hoͤchſt ungeſchickt, mit dem hoͤlzernen Kopfe auf einen Stein. Jene beiden laufen fort, um Huͤlfe zu ſenden; der Hanswurſt aber hebt ihn auf und indem er ihm die blutige Stirn abwiſcht, bittet er ihn ganz gelaſſen, daß, weil es keine Dinge an ſich gaͤbe, er ſich den Stein, ſo wie die ganze Geſchichte lieber aus dem Kopfe ſchlagen moͤge. Auch lobt er den Direktor, daß er das griechiſche Fatum abge- ſchaft und dafuͤr eine moraliſche Theaterord-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0071"n="69"/>
fuͤhle bei ſeiner Truppe einzufuͤhren. Zulezt<lb/>
dringt er auf eine Reviſion des Menſchenge-<lb/>ſchlechts und auf einige hoͤchſtnoͤthige Weltre-<lb/>
paraturen; beſteht auch ſehr trotzig darauf zu<lb/>
wiſſen, weshalb er den Narren eines ihm un-<lb/>
bekannten Publikums abgeben muͤſſe.</p><lb/><p>Nun wird eine tragiſche Situation ſehr<lb/>ſchlecht ausgefuͤhrt. Die ſchoͤne Kolombine er-<lb/>ſcheint nemlich, und als der Bruder ohne<lb/>
Herz ſie dem andern als ſeine Gemahlin vor-<lb/>ſtellt, faͤllt dieſer ohne ein Wort zu ſagen,<lb/>
hoͤchſt ungeſchickt, mit dem hoͤlzernen Kopfe<lb/>
auf einen Stein. Jene beiden laufen fort,<lb/>
um Huͤlfe zu ſenden; der Hanswurſt aber<lb/>
hebt ihn auf und indem er ihm die blutige<lb/>
Stirn abwiſcht, bittet er ihn ganz gelaſſen,<lb/>
daß, weil es keine Dinge an ſich gaͤbe, er ſich<lb/>
den Stein, ſo wie die ganze Geſchichte lieber<lb/>
aus dem Kopfe ſchlagen moͤge. Auch lobt er<lb/>
den Direktor, daß er das griechiſche Fatum abge-<lb/>ſchaft und dafuͤr eine moraliſche Theaterord-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[69/0071]
fuͤhle bei ſeiner Truppe einzufuͤhren. Zulezt
dringt er auf eine Reviſion des Menſchenge-
ſchlechts und auf einige hoͤchſtnoͤthige Weltre-
paraturen; beſteht auch ſehr trotzig darauf zu
wiſſen, weshalb er den Narren eines ihm un-
bekannten Publikums abgeben muͤſſe.
Nun wird eine tragiſche Situation ſehr
ſchlecht ausgefuͤhrt. Die ſchoͤne Kolombine er-
ſcheint nemlich, und als der Bruder ohne
Herz ſie dem andern als ſeine Gemahlin vor-
ſtellt, faͤllt dieſer ohne ein Wort zu ſagen,
hoͤchſt ungeſchickt, mit dem hoͤlzernen Kopfe
auf einen Stein. Jene beiden laufen fort,
um Huͤlfe zu ſenden; der Hanswurſt aber
hebt ihn auf und indem er ihm die blutige
Stirn abwiſcht, bittet er ihn ganz gelaſſen,
daß, weil es keine Dinge an ſich gaͤbe, er ſich
den Stein, ſo wie die ganze Geſchichte lieber
aus dem Kopfe ſchlagen moͤge. Auch lobt er
den Direktor, daß er das griechiſche Fatum abge-
ſchaft und dafuͤr eine moraliſche Theaterord-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/71>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.