Gleich auf dem ersten Blatte sieht es be- denklich aus, und pagina V handelt nicht von meiner Geburt, sondern vom Schatzgraben. Hier sieht man mystische Zeichen, aus der Kabbala und auf dem erklärenden Holzschnitte einen nicht gewöhnlichen Schuhmacher, der das Schuhmachen aufgeben will, um Gold machen zu lernen. Eine Zigeunerin steht da- neben, gelb und unkenntlich und das Haar struppig um die Stirn gezauset; sie unter- richtet ihn im Schatzgraben, giebt ihm eine Wünschelruthe und zeigt auch genau den Ort an, wo er in drei Tagen einen Schatz heben soll. Ich habe heute blos die Laune mich bei den Holzschnitten in dem Buche aufzuhalten, und somit gehe ich zum zweiten Holzschnitte über. Hier ist der Schuhmacher wieder, ohne die Zigeunerin; sein Gesicht ist diesmal dem Künstler schon weit ausdrucksvoller gelungen.
Gleich auf dem erſten Blatte ſieht es be- denklich aus, und pagina V handelt nicht von meiner Geburt, ſondern vom Schatzgraben. Hier ſieht man myſtiſche Zeichen, aus der Kabbala und auf dem erklaͤrenden Holzſchnitte einen nicht gewoͤhnlichen Schuhmacher, der das Schuhmachen aufgeben will, um Gold machen zu lernen. Eine Zigeunerin ſteht da- neben, gelb und unkenntlich und das Haar ſtruppig um die Stirn gezauſet; ſie unter- richtet ihn im Schatzgraben, giebt ihm eine Wuͤnſchelruthe und zeigt auch genau den Ort an, wo er in drei Tagen einen Schatz heben ſoll. Ich habe heute blos die Laune mich bei den Holzſchnitten in dem Buche aufzuhalten, und ſomit gehe ich zum zweiten Holzſchnitte uͤber. Hier iſt der Schuhmacher wieder, ohne die Zigeunerin; ſein Geſicht iſt diesmal dem Kuͤnſtler ſchon weit ausdrucksvoller gelungen.
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0047"n="45"/><p>Gleich auf dem erſten Blatte ſieht es be-<lb/>
denklich aus, und <hirendition="#aq">pagina V</hi> handelt nicht von<lb/>
meiner Geburt, ſondern vom Schatzgraben.<lb/>
Hier ſieht man myſtiſche Zeichen, aus der<lb/>
Kabbala und auf dem erklaͤrenden Holzſchnitte<lb/>
einen nicht gewoͤhnlichen Schuhmacher, der<lb/>
das Schuhmachen aufgeben will, um Gold<lb/>
machen zu lernen. Eine Zigeunerin ſteht da-<lb/>
neben, gelb und unkenntlich und das Haar<lb/>ſtruppig um die Stirn gezauſet; ſie unter-<lb/>
richtet ihn im Schatzgraben, giebt ihm eine<lb/>
Wuͤnſchelruthe und zeigt auch genau den Ort<lb/>
an, wo er in drei Tagen einen Schatz heben<lb/>ſoll. Ich habe heute blos die Laune mich bei<lb/>
den Holzſchnitten in dem Buche aufzuhalten,<lb/>
und ſomit gehe ich zum<lb/><hirendition="#c"><hirendition="#g">zweiten Holzſchnitte</hi></hi><lb/>
uͤber. Hier iſt der Schuhmacher wieder, ohne<lb/>
die Zigeunerin; ſein Geſicht iſt diesmal dem<lb/>
Kuͤnſtler ſchon weit ausdrucksvoller gelungen.<lb/></p></div></body></text></TEI>
[45/0047]
Gleich auf dem erſten Blatte ſieht es be-
denklich aus, und pagina V handelt nicht von
meiner Geburt, ſondern vom Schatzgraben.
Hier ſieht man myſtiſche Zeichen, aus der
Kabbala und auf dem erklaͤrenden Holzſchnitte
einen nicht gewoͤhnlichen Schuhmacher, der
das Schuhmachen aufgeben will, um Gold
machen zu lernen. Eine Zigeunerin ſteht da-
neben, gelb und unkenntlich und das Haar
ſtruppig um die Stirn gezauſet; ſie unter-
richtet ihn im Schatzgraben, giebt ihm eine
Wuͤnſchelruthe und zeigt auch genau den Ort
an, wo er in drei Tagen einen Schatz heben
ſoll. Ich habe heute blos die Laune mich bei
den Holzſchnitten in dem Buche aufzuhalten,
und ſomit gehe ich zum
zweiten Holzſchnitte
uͤber. Hier iſt der Schuhmacher wieder, ohne
die Zigeunerin; ſein Geſicht iſt diesmal dem
Kuͤnſtler ſchon weit ausdrucksvoller gelungen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/47>, abgerufen am 18.04.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.