Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805.

Bild:
<< vorherige Seite

"Inquisiten?" fragte der Ehemann mecha-
nisch. "Ich sehe keine, die dort ist meine
Ehehälfte!" --

"Schon gut, wir wollen für's erste bei ihr
stehen bleiben. Ehehälfte! Ganz recht! das
heißt: das Kreuz oder die Qual in der Ehe --
und wahrhaftig das ist schon eine exemplari-
sche Ehe, wo dieses Kreuz nur die Hälfte aus-
macht. Seyd Ihr nun, als die zweite Hälfte,
der Ehesegen, so ist Eure Ehe wirklich ein
Himmel auf Erden."

"Der Ehesegen!" sagte jener mit einem
tiefen Seufzer.

"Keine sentimentale Randglosse, lieber
Freund, werfen wir hier vielmehr einen Blick
auf den zweiten Inquisiten, der ebenfalls aus
Schrecken, über den steinernen Gast, in Ohn-
macht liegt. Wenn wir Personen von Rechts-
wegen, Milderungsgründe aus moralischen

„Inquiſiten?“ fragte der Ehemann mecha-
niſch. „Ich ſehe keine, die dort iſt meine
Ehehaͤlfte!“ —

„Schon gut, wir wollen fuͤr’s erſte bei ihr
ſtehen bleiben. Ehehaͤlfte! Ganz recht! das
heißt: das Kreuz oder die Qual in der Ehe —
und wahrhaftig das iſt ſchon eine exemplari-
ſche Ehe, wo dieſes Kreuz nur die Haͤlfte aus-
macht. Seyd Ihr nun, als die zweite Haͤlfte,
der Eheſegen, ſo iſt Eure Ehe wirklich ein
Himmel auf Erden.“

„Der Eheſegen!“ ſagte jener mit einem
tiefen Seufzer.

„Keine ſentimentale Randgloſſe, lieber
Freund, werfen wir hier vielmehr einen Blick
auf den zweiten Inquiſiten, der ebenfalls aus
Schrecken, uͤber den ſteinernen Gaſt, in Ohn-
macht liegt. Wenn wir Perſonen von Rechts-
wegen, Milderungsgruͤnde aus moraliſchen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0041" n="41"/>
        <p>&#x201E;Inqui&#x017F;iten?&#x201C; fragte der Ehemann mecha-<lb/>
ni&#x017F;ch. &#x201E;Ich &#x017F;ehe keine, die dort i&#x017F;t meine<lb/>
Eheha&#x0364;lfte!&#x201C; &#x2014;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Schon gut, wir wollen fu&#x0364;r&#x2019;s er&#x017F;te bei ihr<lb/>
&#x017F;tehen bleiben. Eheha&#x0364;lfte! Ganz recht! das<lb/>
heißt: das Kreuz oder die Qual in der Ehe &#x2014;<lb/>
und wahrhaftig das i&#x017F;t &#x017F;chon eine exemplari-<lb/>
&#x017F;che Ehe, wo die&#x017F;es Kreuz nur die Ha&#x0364;lfte aus-<lb/>
macht. Seyd Ihr nun, als die zweite Ha&#x0364;lfte,<lb/>
der Ehe&#x017F;egen, &#x017F;o i&#x017F;t Eure Ehe wirklich ein<lb/>
Himmel auf Erden.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Der Ehe&#x017F;egen!&#x201C; &#x017F;agte jener mit einem<lb/>
tiefen Seufzer.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Keine &#x017F;entimentale Randglo&#x017F;&#x017F;e, lieber<lb/>
Freund, werfen wir hier vielmehr einen Blick<lb/>
auf den zweiten Inqui&#x017F;iten, der ebenfalls aus<lb/>
Schrecken, u&#x0364;ber den &#x017F;teinernen Ga&#x017F;t, in Ohn-<lb/>
macht liegt. Wenn wir Per&#x017F;onen von Rechts-<lb/>
wegen, Milderungsgru&#x0364;nde aus morali&#x017F;chen<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[41/0041] „Inquiſiten?“ fragte der Ehemann mecha- niſch. „Ich ſehe keine, die dort iſt meine Ehehaͤlfte!“ — „Schon gut, wir wollen fuͤr’s erſte bei ihr ſtehen bleiben. Ehehaͤlfte! Ganz recht! das heißt: das Kreuz oder die Qual in der Ehe — und wahrhaftig das iſt ſchon eine exemplari- ſche Ehe, wo dieſes Kreuz nur die Haͤlfte aus- macht. Seyd Ihr nun, als die zweite Haͤlfte, der Eheſegen, ſo iſt Eure Ehe wirklich ein Himmel auf Erden.“ „Der Eheſegen!“ ſagte jener mit einem tiefen Seufzer. „Keine ſentimentale Randgloſſe, lieber Freund, werfen wir hier vielmehr einen Blick auf den zweiten Inquiſiten, der ebenfalls aus Schrecken, uͤber den ſteinernen Gaſt, in Ohn- macht liegt. Wenn wir Perſonen von Rechts- wegen, Milderungsgruͤnde aus moraliſchen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/41
Zitationshilfe: Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/41>, abgerufen am 21.11.2024.