stallene Halle des Rheinfalles, wo statt der Deckengemälde ihm die Sonne Regenbogen über das Haupt webt, und die Natur seinen Pallast im immerwährenden Zerstören wieder aufbaut.
Zeigt mir einen König, der glänzender wohnen kann, als ein Bettler!
Ich reisete überdies mit dem Vortheile, nirgend um meine Zeche gemahnt zu werden, oder mich für die Nachtmahlzeit bei jemand anderm, als bei der alten Mutter selbst be- danken zu müssen; denn die Erde hatte noch Wurzeln in ihrem Schooße, die sie mir nicht verweigerte, und sie reichte der durstigen Lippe in der dargebotenen Felsenschaale den frischen brausenden Trank des stürzenden Wasserfalls. -- Ich war recht froh und frei und haßte die Menschen nach Belieben, weil sie so klein und nichtsnutzig durch den großen Sonnentempel hinschlichen.
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ſtallene Halle des Rheinfalles, wo ſtatt der Deckengemaͤlde ihm die Sonne Regenbogen uͤber das Haupt webt, und die Natur ſeinen Pallaſt im immerwaͤhrenden Zerſtoͤren wieder aufbaut.
Zeigt mir einen Koͤnig, der glaͤnzender wohnen kann, als ein Bettler!
Ich reiſete uͤberdies mit dem Vortheile, nirgend um meine Zeche gemahnt zu werden, oder mich fuͤr die Nachtmahlzeit bei jemand anderm, als bei der alten Mutter ſelbſt be- danken zu muͤſſen; denn die Erde hatte noch Wurzeln in ihrem Schooße, die ſie mir nicht verweigerte, und ſie reichte der durſtigen Lippe in der dargebotenen Felſenſchaale den friſchen brauſenden Trank des ſtuͤrzenden Waſſerfalls. — Ich war recht froh und frei und haßte die Menſchen nach Belieben, weil ſie ſo klein und nichtsnutzig durch den großen Sonnentempel hinſchlichen.
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ſtallene Halle des Rheinfalles, wo ſtatt der
Deckengemaͤlde ihm die Sonne Regenbogen
uͤber das Haupt webt, und die Natur ſeinen
Pallaſt im immerwaͤhrenden Zerſtoͤren wieder
aufbaut.
Zeigt mir einen Koͤnig, der glaͤnzender
wohnen kann, als ein Bettler!
Ich reiſete uͤberdies mit dem Vortheile,
nirgend um meine Zeche gemahnt zu werden,
oder mich fuͤr die Nachtmahlzeit bei jemand
anderm, als bei der alten Mutter ſelbſt be-
danken zu muͤſſen; denn die Erde hatte noch
Wurzeln in ihrem Schooße, die ſie mir nicht
verweigerte, und ſie reichte der durſtigen Lippe
in der dargebotenen Felſenſchaale den friſchen
brauſenden Trank des ſtuͤrzenden Waſſerfalls.
— Ich war recht froh und frei und haßte die
Menſchen nach Belieben, weil ſie ſo klein und
nichtsnutzig durch den großen Sonnentempel
hinſchlichen.
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Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/259>, abgerufen am 07.05.2024.
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