Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805.

Bild:
<< vorherige Seite

dem wackeren Kriegsmanne, zum mindesten,
den Hals gebrochen.

In diesem Augenblicke flammte ein heftiger
Blitz, mit dem sich die Gewitterwolke völlig
entlud, und blieb, gleichsam wie eine aufge-
pflanzte Fackel, eine zeitlang in der Luft,
ohne zu verlöschen. Da sah ich den Soldaten
wieder ruhig und kalt am Sarge stehen, und
die Leiche lächelte wie zuvor -- aber, o Wun-
der! dicht neben dem lächelnden Todtenantlitze
grinsete eine Teufelslarve, und der Rumpf
fehlte zum Ganzen, und ein purpurrother
Blutstrom färbte das weiße Sterbegewand des
schlafenden Freigeistes. --

Schaudernd wickelte ich mich in meinen
Mantel, vergaß es, zu blasen und die Stunde
abzusingen und floh meiner Hütte zu.



dem wackeren Kriegsmanne, zum mindeſten,
den Hals gebrochen.

In dieſem Augenblicke flammte ein heftiger
Blitz, mit dem ſich die Gewitterwolke voͤllig
entlud, und blieb, gleichſam wie eine aufge-
pflanzte Fackel, eine zeitlang in der Luft,
ohne zu verloͤſchen. Da ſah ich den Soldaten
wieder ruhig und kalt am Sarge ſtehen, und
die Leiche laͤchelte wie zuvor — aber, o Wun-
der! dicht neben dem laͤchelnden Todtenantlitze
grinſete eine Teufelslarve, und der Rumpf
fehlte zum Ganzen, und ein purpurrother
Blutſtrom faͤrbte das weiße Sterbegewand des
ſchlafenden Freigeiſtes. —

Schaudernd wickelte ich mich in meinen
Mantel, vergaß es, zu blaſen und die Stunde
abzuſingen und floh meiner Huͤtte zu.



<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0025" n="23"/>
dem wackeren Kriegsmanne, zum minde&#x017F;ten,<lb/>
den Hals gebrochen.</p><lb/>
        <p>In die&#x017F;em Augenblicke flammte ein heftiger<lb/>
Blitz, mit dem &#x017F;ich die Gewitterwolke vo&#x0364;llig<lb/>
entlud, und blieb, gleich&#x017F;am wie eine aufge-<lb/>
pflanzte Fackel, eine zeitlang in der Luft,<lb/>
ohne zu verlo&#x0364;&#x017F;chen. Da &#x017F;ah ich den Soldaten<lb/>
wieder ruhig und kalt am Sarge &#x017F;tehen, und<lb/>
die Leiche la&#x0364;chelte wie zuvor &#x2014; aber, o Wun-<lb/>
der! dicht neben dem la&#x0364;chelnden Todtenantlitze<lb/>
grin&#x017F;ete eine Teufelslarve, und der Rumpf<lb/>
fehlte zum Ganzen, und ein purpurrother<lb/>
Blut&#x017F;trom fa&#x0364;rbte das weiße Sterbegewand des<lb/>
&#x017F;chlafenden Freigei&#x017F;tes. &#x2014;</p><lb/>
        <p>Schaudernd wickelte ich mich in meinen<lb/>
Mantel, vergaß es, zu bla&#x017F;en und die Stunde<lb/>
abzu&#x017F;ingen und floh meiner Hu&#x0364;tte zu.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
    </body>
  </text>
</TEI>
[23/0025] dem wackeren Kriegsmanne, zum mindeſten, den Hals gebrochen. In dieſem Augenblicke flammte ein heftiger Blitz, mit dem ſich die Gewitterwolke voͤllig entlud, und blieb, gleichſam wie eine aufge- pflanzte Fackel, eine zeitlang in der Luft, ohne zu verloͤſchen. Da ſah ich den Soldaten wieder ruhig und kalt am Sarge ſtehen, und die Leiche laͤchelte wie zuvor — aber, o Wun- der! dicht neben dem laͤchelnden Todtenantlitze grinſete eine Teufelslarve, und der Rumpf fehlte zum Ganzen, und ein purpurrother Blutſtrom faͤrbte das weiße Sterbegewand des ſchlafenden Freigeiſtes. — Schaudernd wickelte ich mich in meinen Mantel, vergaß es, zu blaſen und die Stunde abzuſingen und floh meiner Huͤtte zu.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/25
Zitationshilfe: Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/25>, abgerufen am 03.12.2024.