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Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805.

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blind -- auch die weiße weint nicht und schlum-
mert und träumt sehr süß. --

Da stürmt der Hochzeitszug noch tanzend
die Stiegen herab -- und der Jüngling steht
zwischen zwei Bräuten. Er erblaßt doch ein
wenig. Still! Die blinde Mutter erkennt ihn
am Gange. -- Sie führt ihn zum Brautbette
der schlummernden Braut.

"Sie hat sich früher niedergelegt zur Hoch-
zeitnacht, als du, erweck sie nicht, sie schläft
so süß, aber deiner hat sie gedacht bis zum
Schlummer. Das ist dein Bild auf ihrem
Herzen. -- O zieh die Hand nicht so erschrok-
ken zurük von der kalten Brust; die Nacht ist
die längste wo der Frost am bittersten ist, und
sie liegt einsam im Brautbett', ohne den
Bräutigam!" --

Sieh! Da hat der Schrecken die rothe
Rose auch erblaßt und der Jüngling steht zwi-

blind — auch die weiße weint nicht und ſchlum-
mert und traͤumt ſehr ſuͤß. —

Da ſtuͤrmt der Hochzeitszug noch tanzend
die Stiegen herab — und der Juͤngling ſteht
zwiſchen zwei Braͤuten. Er erblaßt doch ein
wenig. Still! Die blinde Mutter erkennt ihn
am Gange. — Sie fuͤhrt ihn zum Brautbette
der ſchlummernden Braut.

„Sie hat ſich fruͤher niedergelegt zur Hoch-
zeitnacht, als du, erweck ſie nicht, ſie ſchlaͤft
ſo ſuͤß, aber deiner hat ſie gedacht bis zum
Schlummer. Das iſt dein Bild auf ihrem
Herzen. — O zieh die Hand nicht ſo erſchrok-
ken zuruͤk von der kalten Bruſt; die Nacht iſt
die laͤngſte wo der Froſt am bitterſten iſt, und
ſie liegt einſam im Brautbett’, ohne den
Braͤutigam!“ —

Sieh! Da hat der Schrecken die rothe
Roſe auch erblaßt und der Juͤngling ſteht zwi-

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[180/0182] blind — auch die weiße weint nicht und ſchlum- mert und traͤumt ſehr ſuͤß. — Da ſtuͤrmt der Hochzeitszug noch tanzend die Stiegen herab — und der Juͤngling ſteht zwiſchen zwei Braͤuten. Er erblaßt doch ein wenig. Still! Die blinde Mutter erkennt ihn am Gange. — Sie fuͤhrt ihn zum Brautbette der ſchlummernden Braut. „Sie hat ſich fruͤher niedergelegt zur Hoch- zeitnacht, als du, erweck ſie nicht, ſie ſchlaͤft ſo ſuͤß, aber deiner hat ſie gedacht bis zum Schlummer. Das iſt dein Bild auf ihrem Herzen. — O zieh die Hand nicht ſo erſchrok- ken zuruͤk von der kalten Bruſt; die Nacht iſt die laͤngſte wo der Froſt am bitterſten iſt, und ſie liegt einſam im Brautbett’, ohne den Braͤutigam!“ — Sieh! Da hat der Schrecken die rothe Roſe auch erblaßt und der Juͤngling ſteht zwi-

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Zitationshilfe: Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/182>, abgerufen am 25.11.2024.