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Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805.

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und vertheile die Exemplare gratis unter die
Menschen. Für jezt will ich nur etwas vom
Prologe des Hanswurstes mittheilen. Der
Poet entschuldigt sich in einer kurzen Vorrede
darüber, daß er den Hanswurst in eine Tra-
gödie einzuführen wagte, mit eigenen Worten
folgendermaßen:

"Die alten Griechen hatten einen Chorus
in ihren Trauerspielen angebracht, der durch
die allgemeinen Betrachtungen die er anstellte,
den Blick von der einzelnen schrecklichen Hand-
lung abwendete und so die Gemüther besänf-
tigte. Ich denke es ist mit dem Besänftigen
jezt nicht an der Zeit, und man soll vielmehr
heftig erzürnen und aufwiegeln, weil sonst
nichts mehr anschlägt, und die Menschheit im
Ganzen so schlaff und boshaft geworden ist,
daß sie's ordentlicherweise mechanisch betreibt,
und ihre heimlichen Sünden aus bloßer Ab-
spannung vollführt. Man soll sie heftig reizen,
wie einen asthenischen Kranken, und ich habe

und vertheile die Exemplare gratis unter die
Menſchen. Fuͤr jezt will ich nur etwas vom
Prologe des Hanswurſtes mittheilen. Der
Poet entſchuldigt ſich in einer kurzen Vorrede
daruͤber, daß er den Hanswurſt in eine Tra-
goͤdie einzufuͤhren wagte, mit eigenen Worten
folgendermaßen:

„Die alten Griechen hatten einen Chorus
in ihren Trauerſpielen angebracht, der durch
die allgemeinen Betrachtungen die er anſtellte,
den Blick von der einzelnen ſchrecklichen Hand-
lung abwendete und ſo die Gemuͤther beſaͤnf-
tigte. Ich denke es iſt mit dem Beſaͤnftigen
jezt nicht an der Zeit, und man ſoll vielmehr
heftig erzuͤrnen und aufwiegeln, weil ſonſt
nichts mehr anſchlaͤgt, und die Menſchheit im
Ganzen ſo ſchlaff und boshaft geworden iſt,
daß ſie’s ordentlicherweiſe mechaniſch betreibt,
und ihre heimlichen Suͤnden aus bloßer Ab-
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[143/0145] und vertheile die Exemplare gratis unter die Menſchen. Fuͤr jezt will ich nur etwas vom Prologe des Hanswurſtes mittheilen. Der Poet entſchuldigt ſich in einer kurzen Vorrede daruͤber, daß er den Hanswurſt in eine Tra- goͤdie einzufuͤhren wagte, mit eigenen Worten folgendermaßen: „Die alten Griechen hatten einen Chorus in ihren Trauerſpielen angebracht, der durch die allgemeinen Betrachtungen die er anſtellte, den Blick von der einzelnen ſchrecklichen Hand- lung abwendete und ſo die Gemuͤther beſaͤnf- tigte. Ich denke es iſt mit dem Beſaͤnftigen jezt nicht an der Zeit, und man ſoll vielmehr heftig erzuͤrnen und aufwiegeln, weil ſonſt nichts mehr anſchlaͤgt, und die Menſchheit im Ganzen ſo ſchlaff und boshaft geworden iſt, daß ſie’s ordentlicherweiſe mechaniſch betreibt, und ihre heimlichen Suͤnden aus bloßer Ab- ſpannung vollfuͤhrt. Man ſoll ſie heftig reizen, wie einen aſtheniſchen Kranken, und ich habe

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Zitationshilfe: Klingemann, Ernst August Friedrich: Nachtwachen. Penig, 1805, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klingemann_nachtwachen_1805/145>, abgerufen am 24.11.2024.