Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kleist, Heinrich von: Der zerbrochne Krug. Berlin, 1811.

Bild:
<< vorherige Seite
Eve.
Er Unverschämter, er! Er Niederträcht'ger!
Wie kann er sagen, daß es Lebrecht --
Walter.
Jungfer!
Was untersteht sie sich? Ist das mir der
Respekt, den sie dem Richter schuldig ist?
Eve.
Ei, was! Der Richter dort! Werth, selbst vor dem
Gericht, ein armer Sünder, dazustehen --
-- Er, der wohl besser weiß, wer es gewesen!

(sich zum Dorfrichter wendend:)
Hat er den Lebrecht in die Stadt nicht gestern
Geschickt nach Utrecht, vor die Commission,
Mit dem Attest, die die Rekruten aushebt?
Wie kann er sagen, daß es Lebrecht war,
Wenn er wohl weiß, daß der in Utrecht ist?
Adam.
Nun wer denn sonst? Wenn's Lebrecht nicht, zum
Henker --
Nicht Ruprecht ist, nicht Lebrecht ist -- -- Was machst du?
Ruprecht.
Mein Seel', Herr Richter Adam, laßt euch sagen,
Hierin mag doch die Jungfer just nicht lügen,
Dem Lebrecht bin ich selbst begegnet gestern,
Als er nach Utrecht ging, früh war's Glock acht,
Eve.
Er Unverſchaͤmter, er! Er Niedertraͤcht’ger!
Wie kann er ſagen, daß es Lebrecht —
Walter.
Jungfer!
Was unterſteht ſie ſich? Iſt das mir der
Reſpekt, den ſie dem Richter ſchuldig iſt?
Eve.
Ei, was! Der Richter dort! Werth, ſelbſt vor dem
Gericht, ein armer Suͤnder, dazuſtehen —
— Er, der wohl beſſer weiß, wer es geweſen!

(ſich zum Dorfrichter wendend:)
Hat er den Lebrecht in die Stadt nicht geſtern
Geſchickt nach Utrecht, vor die Commiſſion,
Mit dem Atteſt, die die Rekruten aushebt?
Wie kann er ſagen, daß es Lebrecht war,
Wenn er wohl weiß, daß der in Utrecht iſt?
Adam.
Nun wer denn ſonſt? Wenn’s Lebrecht nicht, zum
Henker —
Nicht Ruprecht iſt, nicht Lebrecht iſt — — Was machſt du?
Ruprecht.
Mein Seel’, Herr Richter Adam, laßt euch ſagen,
Hierin mag doch die Jungfer juſt nicht luͤgen,
Dem Lebrecht bin ich ſelbſt begegnet geſtern,
Als er nach Utrecht ging, fruͤh war’s Glock acht,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0096" n="90"/>
        <sp who="#EVE">
          <speaker> <hi rendition="#g">Eve.</hi> </speaker><lb/>
          <p>Er Unver&#x017F;cha&#x0364;mter, er! Er Niedertra&#x0364;cht&#x2019;ger!<lb/>
Wie kann er &#x017F;agen, daß es Lebrecht &#x2014;</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#WAL">
          <speaker> <hi rendition="#g">Walter.</hi> </speaker><lb/>
          <p><hi rendition="#et">Jungfer!</hi><lb/>
Was unter&#x017F;teht &#x017F;ie &#x017F;ich? I&#x017F;t das mir der<lb/>
Re&#x017F;pekt, den &#x017F;ie dem Richter &#x017F;chuldig i&#x017F;t?</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#EVE">
          <speaker> <hi rendition="#g">Eve.</hi> </speaker><lb/>
          <p>Ei, was! Der Richter dort! Werth, &#x017F;elb&#x017F;t vor dem<lb/>
Gericht, ein armer Su&#x0364;nder, dazu&#x017F;tehen &#x2014;<lb/>
&#x2014; Er, der wohl be&#x017F;&#x017F;er weiß, wer es gewe&#x017F;en!</p><lb/>
          <stage>(&#x017F;ich zum Dorfrichter wendend:)</stage><lb/>
          <p>Hat er den Lebrecht in die Stadt nicht ge&#x017F;tern<lb/>
Ge&#x017F;chickt nach Utrecht, vor die Commi&#x017F;&#x017F;ion,<lb/>
Mit dem Atte&#x017F;t, die die Rekruten aushebt?<lb/>
Wie kann er &#x017F;agen, daß es Lebrecht war,<lb/>
Wenn er wohl weiß, daß der in Utrecht i&#x017F;t?</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#ADA">
          <speaker> <hi rendition="#g">Adam.</hi> </speaker><lb/>
          <p>Nun wer denn &#x017F;on&#x017F;t? Wenn&#x2019;s Lebrecht nicht, zum<lb/>
Henker &#x2014;<lb/>
Nicht Ruprecht i&#x017F;t, nicht Lebrecht i&#x017F;t &#x2014; &#x2014; Was mach&#x017F;t du?</p>
        </sp><lb/>
        <sp who="#RUP">
          <speaker> <hi rendition="#g">Ruprecht.</hi> </speaker><lb/>
          <p>Mein Seel&#x2019;, Herr Richter Adam, laßt euch &#x017F;agen,<lb/>
Hierin mag doch die Jungfer ju&#x017F;t nicht lu&#x0364;gen,<lb/>
Dem Lebrecht bin ich &#x017F;elb&#x017F;t begegnet ge&#x017F;tern,<lb/>
Als er nach Utrecht ging, fru&#x0364;h war&#x2019;s Glock acht,<lb/></p>
        </sp>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[90/0096] Eve. Er Unverſchaͤmter, er! Er Niedertraͤcht’ger! Wie kann er ſagen, daß es Lebrecht — Walter. Jungfer! Was unterſteht ſie ſich? Iſt das mir der Reſpekt, den ſie dem Richter ſchuldig iſt? Eve. Ei, was! Der Richter dort! Werth, ſelbſt vor dem Gericht, ein armer Suͤnder, dazuſtehen — — Er, der wohl beſſer weiß, wer es geweſen! (ſich zum Dorfrichter wendend:) Hat er den Lebrecht in die Stadt nicht geſtern Geſchickt nach Utrecht, vor die Commiſſion, Mit dem Atteſt, die die Rekruten aushebt? Wie kann er ſagen, daß es Lebrecht war, Wenn er wohl weiß, daß der in Utrecht iſt? Adam. Nun wer denn ſonſt? Wenn’s Lebrecht nicht, zum Henker — Nicht Ruprecht iſt, nicht Lebrecht iſt — — Was machſt du? Ruprecht. Mein Seel’, Herr Richter Adam, laßt euch ſagen, Hierin mag doch die Jungfer juſt nicht luͤgen, Dem Lebrecht bin ich ſelbſt begegnet geſtern, Als er nach Utrecht ging, fruͤh war’s Glock acht,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_krug_1811
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_krug_1811/96
Zitationshilfe: Kleist, Heinrich von: Der zerbrochne Krug. Berlin, 1811, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_krug_1811/96>, abgerufen am 04.12.2024.