Kleist, Heinrich von: Die Schlacht bei Fehrbellin. Berlin, 1822.
Dich in die Schlacht gedrängt; die Ordre war, Nicht von dem Platz zu weichen, ungerufen! Prinz Arthur. Helft, Freunde, helft! Ich bin verrückt. Golz (unterbrechend.) Still! Still! Prinz Arthur. Sind denn die Märkischen geschlagen worden? Graf Heinrich (stampft mit dem Fuß auf die Erde.) Gleichviel! -- Der Satzung soll Gehorsam seyn. Prinz Arthur (mit Bitterkeit.) So -- so, so, so! Graf Heinrich (entfernt sich von ihm.) Es wird den Hals nicht kosten. Golz (eben so.) Vielleicht bist Du schon morgen wieder los. (der Kurfürst legt die Briefe zusammen, und kehrt wieder in den Kreis der Officiere zurück.) Prinz Arthur (nachdem er sich den Degen abgeschnallt.) Mein Vetter Friedrich will den Brutus spielen, Und sieht, mit Kreid' auf Leinwand verzeichnet, Sich schon auf dem curulschen Stuhle sitzen: Die schwed'schen Fahnen in dem Vordergrund, Und auf dem Tisch die märkschen Kriegsartikel. Bei Gott, in mir nicht findet er den Sohn, Der, unterm Beil des Henkers, ihn bewundre. Ein deutsches Herz, von altem Schrot und Korn, Bin ich gewohnt an Edelmuth und Liebe, Und wenn er mir in diesem Augenblick, Wie die Antike starr entgegenkömmt, Thut er mir leid, und ich muß ihn bedauern! (er giebt den Degen an den Officier und geht ab.)
Dich in die Schlacht gedrängt; die Ordre war, Nicht von dem Platz zu weichen, ungerufen! Prinz Arthur. Helft, Freunde, helft! Ich bin verrückt. Golz (unterbrechend.) Still! Still! Prinz Arthur. Sind denn die Märkiſchen geſchlagen worden? Graf Heinrich (ſtampft mit dem Fuß auf die Erde.) Gleichviel! — Der Satzung ſoll Gehorſam ſeyn. Prinz Arthur (mit Bitterkeit.) So — ſo, ſo, ſo! Graf Heinrich (entfernt ſich von ihm.) Es wird den Hals nicht koſten. Golz (eben ſo.) Vielleicht biſt Du ſchon morgen wieder los. (der Kurfürſt legt die Briefe zuſammen, und kehrt wieder in den Kreis der Officiere zurück.) Prinz Arthur (nachdem er ſich den Degen abgeſchnallt.) Mein Vetter Friedrich will den Brutus ſpielen, Und ſieht, mit Kreid’ auf Leinwand verzeichnet, Sich ſchon auf dem curulſchen Stuhle ſitzen: Die ſchwed’ſchen Fahnen in dem Vordergrund, Und auf dem Tiſch die märkſchen Kriegsartikel. Bei Gott, in mir nicht findet er den Sohn, Der, unterm Beil des Henkers, ihn bewundre. Ein deutſches Herz, von altem Schrot und Korn, Bin ich gewohnt an Edelmuth und Liebe, Und wenn er mir in dieſem Augenblick, Wie die Antike ſtarr entgegenkömmt, Thut er mir leid, und ich muß ihn bedauern! (er giebt den Degen an den Officier und geht ab.) <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#HEIN"> <p><pb facs="#f0061" n="48"/> Dich in die Schlacht gedrängt; die Ordre war,<lb/> Nicht von dem Platz zu weichen, ungerufen!</p> </sp><lb/> <sp who="#ARTHUR"> <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Prinz Arthur</hi>.</hi> </speaker><lb/> <p>Helft, Freunde, helft! Ich bin verrückt.</p> </sp><lb/> <sp who="#GOL"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Golz</hi> </hi> </speaker> <stage> <hi rendition="#c">(unterbrechend.)</hi> </stage><lb/> <p>Still! Still!</p> </sp><lb/> <sp who="#ARTHUR"> <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Prinz Arthur</hi>.</hi> </speaker><lb/> <p>Sind denn die Märkiſchen geſchlagen worden?</p> </sp><lb/> <sp who="#HEIN"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Graf Heinrich</hi> </hi> </speaker> <stage> <hi rendition="#c">(ſtampft mit dem Fuß auf die Erde.)</hi> </stage><lb/> <p>Gleichviel! — Der Satzung ſoll Gehorſam ſeyn.</p> </sp><lb/> <sp who="#ARTHUR"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Prinz Arthur</hi> </hi> </speaker> <stage> <hi rendition="#c">(mit Bitterkeit.)</hi> </stage><lb/> <p>So — ſo, ſo, ſo!</p> </sp><lb/> <sp who="#HEIN"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Graf Heinrich</hi> </hi> </speaker> <stage> <hi rendition="#c">(entfernt ſich von ihm.)</hi> </stage><lb/> <p>Es wird den Hals nicht koſten.</p> </sp><lb/> <sp who="#GOL"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Golz</hi> </hi> </speaker> <stage> <hi rendition="#c">(eben ſo.)</hi> </stage><lb/> <p>Vielleicht biſt Du ſchon morgen wieder los.</p><lb/> <stage>(der <hi rendition="#g">Kurfürſt</hi> legt die Briefe zuſammen, und kehrt wieder in<lb/> den Kreis der Officiere zurück.)</stage> </sp><lb/> <sp who="#ARTHUR"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Prinz Arthur</hi> </hi> </speaker><lb/> <stage>(nachdem er ſich den Degen abgeſchnallt.)</stage><lb/> <p>Mein Vetter Friedrich will den Brutus ſpielen,<lb/> Und ſieht, mit Kreid’ auf Leinwand verzeichnet,<lb/> Sich ſchon auf dem curulſchen Stuhle ſitzen:<lb/> Die ſchwed’ſchen Fahnen in dem Vordergrund,<lb/> Und auf dem Tiſch die märkſchen Kriegsartikel.<lb/> Bei Gott, in mir nicht findet er den Sohn,<lb/> Der, unterm Beil des Henkers, ihn bewundre.<lb/> Ein deutſches Herz, von altem Schrot und Korn,<lb/> Bin ich gewohnt an Edelmuth und Liebe,<lb/> Und wenn er mir in dieſem Augenblick,<lb/> Wie die Antike ſtarr entgegenkömmt,<lb/> Thut er mir leid, und ich muß ihn bedauern!</p><lb/> <stage>(er giebt den Degen an den <hi rendition="#g">Officier</hi> und geht ab.)</stage> </sp><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [48/0061]
Dich in die Schlacht gedrängt; die Ordre war,
Nicht von dem Platz zu weichen, ungerufen!
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Helft, Freunde, helft! Ich bin verrückt.
Golz (unterbrechend.)
Still! Still!
Prinz Arthur.
Sind denn die Märkiſchen geſchlagen worden?
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Gleichviel! — Der Satzung ſoll Gehorſam ſeyn.
Prinz Arthur (mit Bitterkeit.)
So — ſo, ſo, ſo!
Graf Heinrich (entfernt ſich von ihm.)
Es wird den Hals nicht koſten.
Golz (eben ſo.)
Vielleicht biſt Du ſchon morgen wieder los.
(der Kurfürſt legt die Briefe zuſammen, und kehrt wieder in
den Kreis der Officiere zurück.)
Prinz Arthur
(nachdem er ſich den Degen abgeſchnallt.)
Mein Vetter Friedrich will den Brutus ſpielen,
Und ſieht, mit Kreid’ auf Leinwand verzeichnet,
Sich ſchon auf dem curulſchen Stuhle ſitzen:
Die ſchwed’ſchen Fahnen in dem Vordergrund,
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Bei Gott, in mir nicht findet er den Sohn,
Der, unterm Beil des Henkers, ihn bewundre.
Ein deutſches Herz, von altem Schrot und Korn,
Bin ich gewohnt an Edelmuth und Liebe,
Und wenn er mir in dieſem Augenblick,
Wie die Antike ſtarr entgegenkömmt,
Thut er mir leid, und ich muß ihn bedauern!
(er giebt den Degen an den Officier und geht ab.)
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Zitationshilfe: | Kleist, Heinrich von: Die Schlacht bei Fehrbellin. Berlin, 1822, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_fehrbellin_1822/61>, abgerufen am 25.07.2024. |