Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kleist, Heinrich von: Die Schlacht bei Fehrbellin. Berlin, 1822.

Bild:
<< vorherige Seite
Mörner.
Was diese Augen, leider, theure Frau,
Zu meinem ew'gen Jammer, selbst gesehn.
Kurfürstin.
Wohlan! Erzähl'!
Mörner.
Der Kurfürst ist nicht mehr!
Natalie.
O Himmel!
Soll ein so ungeheurer Schlag uns treffen?

(sie bedeckt sich das Gesicht.)
Kurfürstin.
Erstatte mir Bericht, wie er gesunken.
-- Und wie der Blitzstrahl, der den Wandrer trifft,
Die Welt noch einmal purpurn ihm erleuchtet,
So laß dein Wort seyn; Nacht, wenn du gesprochen,
Mög' über meinem Haupt zusammenschlagen.
Mörner (tritt, geführt von den beiden Reitern, vor ihr.)
Prinz Friedrich Arthur war, sobald der Feind,
Gedrängt von Truchß, in seiner Stellung wankte,
Auf Wrangel in die Ebne vorgerückt;
Zwei Linien hatt' er, mit der Reiterei,
Durchbrochen schon, und auf der Flucht vernichtet,
Als er auf eine Feldredoute stieß;
Hier schlug so mörderischer Eisenregen
Entgegen ihm, daß seine Reiterschaar,
Wie eine Saat, sich knickend niederlegte:
Halt' mußt' er machen zwischen Busch und Hügeln,
Um sein zerstreutes Reitercorps zu sammeln.
Natalie (zur Kurfürstin.)
Geliebte! Fasse Dich!
Kurfürstin.
Laß, laß mich, Liebe!
Mörner.
Was dieſe Augen, leider, theure Frau,
Zu meinem ew’gen Jammer, ſelbſt geſehn.
Kurfürſtin.
Wohlan! Erzähl’!
Mörner.
Der Kurfürſt iſt nicht mehr!
Natalie.
O Himmel!
Soll ein ſo ungeheurer Schlag uns treffen?

(ſie bedeckt ſich das Geſicht.)
Kurfürſtin.
Erſtatte mir Bericht, wie er geſunken.
— Und wie der Blitzſtrahl, der den Wandrer trifft,
Die Welt noch einmal purpurn ihm erleuchtet,
So laß dein Wort ſeyn; Nacht, wenn du geſprochen,
Mög’ über meinem Haupt zuſammenſchlagen.
Mörner (tritt, geführt von den beiden Reitern, vor ihr.)
Prinz Friedrich Arthur war, ſobald der Feind,
Gedrängt von Truchß, in ſeiner Stellung wankte,
Auf Wrangel in die Ebne vorgerückt;
Zwei Linien hatt’ er, mit der Reiterei,
Durchbrochen ſchon, und auf der Flucht vernichtet,
Als er auf eine Feldredoute ſtieß;
Hier ſchlug ſo mörderiſcher Eiſenregen
Entgegen ihm, daß ſeine Reiterſchaar,
Wie eine Saat, ſich knickend niederlegte:
Halt’ mußt’ er machen zwiſchen Buſch und Hügeln,
Um ſein zerſtreutes Reitercorps zu ſammeln.
Natalie (zur Kurfürſtin.)
Geliebte! Faſſe Dich!
Kurfürſtin.
Laß, laß mich, Liebe!
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0047" n="34"/>
          <sp who="#MAENNER">
            <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Mörner</hi>.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Was die&#x017F;e Augen, leider, theure Frau,<lb/>
Zu meinem ew&#x2019;gen Jammer, &#x017F;elb&#x017F;t ge&#x017F;ehn.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#KURFI">
            <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Kurfür&#x017F;tin</hi>.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Wohlan! Erzähl&#x2019;!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#MAENNER">
            <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Mörner</hi>.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Der Kurfür&#x017F;t i&#x017F;t nicht mehr!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#NAT">
            <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Natalie</hi>.</hi> </speaker><lb/>
            <p>O Himmel!<lb/>
Soll ein &#x017F;o ungeheurer Schlag uns treffen?</p><lb/>
            <stage>(&#x017F;ie bedeckt &#x017F;ich das Ge&#x017F;icht.)</stage>
          </sp><lb/>
          <sp who="#KURFI">
            <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Kurfür&#x017F;tin</hi>.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Er&#x017F;tatte mir Bericht, wie er ge&#x017F;unken.<lb/>
&#x2014; Und wie der Blitz&#x017F;trahl, der den Wandrer trifft,<lb/>
Die Welt noch einmal purpurn ihm erleuchtet,<lb/>
So laß dein Wort &#x017F;eyn; Nacht, wenn du ge&#x017F;prochen,<lb/>
Mög&#x2019; über meinem Haupt zu&#x017F;ammen&#x017F;chlagen.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#MAENNER">
            <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Mörner</hi> </hi> </speaker>
            <stage>(tritt, geführt von den beiden <hi rendition="#g">Reitern</hi>, vor ihr.)</stage><lb/>
            <p>Prinz Friedrich Arthur war, &#x017F;obald der Feind,<lb/>
Gedrängt von Truchß, in &#x017F;einer Stellung wankte,<lb/>
Auf Wrangel in die Ebne vorgerückt;<lb/>
Zwei Linien hatt&#x2019; er, mit der Reiterei,<lb/>
Durchbrochen &#x017F;chon, und auf der Flucht vernichtet,<lb/>
Als er auf eine Feldredoute &#x017F;tieß;<lb/>
Hier &#x017F;chlug &#x017F;o mörderi&#x017F;cher Ei&#x017F;enregen<lb/>
Entgegen ihm, daß &#x017F;eine Reiter&#x017F;chaar,<lb/>
Wie eine Saat, &#x017F;ich knickend niederlegte:<lb/>
Halt&#x2019; mußt&#x2019; er machen zwi&#x017F;chen Bu&#x017F;ch und Hügeln,<lb/>
Um &#x017F;ein zer&#x017F;treutes Reitercorps zu &#x017F;ammeln.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#NAT">
            <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Natalie</hi> </hi> </speaker>
            <stage> <hi rendition="#c">(zur Kurfür&#x017F;tin.)</hi> </stage><lb/>
            <p>Geliebte! Fa&#x017F;&#x017F;e Dich!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#KURFI">
            <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Kurfür&#x017F;tin</hi>.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Laß, laß mich, Liebe!</p>
          </sp><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[34/0047] Mörner. Was dieſe Augen, leider, theure Frau, Zu meinem ew’gen Jammer, ſelbſt geſehn. Kurfürſtin. Wohlan! Erzähl’! Mörner. Der Kurfürſt iſt nicht mehr! Natalie. O Himmel! Soll ein ſo ungeheurer Schlag uns treffen? (ſie bedeckt ſich das Geſicht.) Kurfürſtin. Erſtatte mir Bericht, wie er geſunken. — Und wie der Blitzſtrahl, der den Wandrer trifft, Die Welt noch einmal purpurn ihm erleuchtet, So laß dein Wort ſeyn; Nacht, wenn du geſprochen, Mög’ über meinem Haupt zuſammenſchlagen. Mörner (tritt, geführt von den beiden Reitern, vor ihr.) Prinz Friedrich Arthur war, ſobald der Feind, Gedrängt von Truchß, in ſeiner Stellung wankte, Auf Wrangel in die Ebne vorgerückt; Zwei Linien hatt’ er, mit der Reiterei, Durchbrochen ſchon, und auf der Flucht vernichtet, Als er auf eine Feldredoute ſtieß; Hier ſchlug ſo mörderiſcher Eiſenregen Entgegen ihm, daß ſeine Reiterſchaar, Wie eine Saat, ſich knickend niederlegte: Halt’ mußt’ er machen zwiſchen Buſch und Hügeln, Um ſein zerſtreutes Reitercorps zu ſammeln. Natalie (zur Kurfürſtin.) Geliebte! Faſſe Dich! Kurfürſtin. Laß, laß mich, Liebe!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_fehrbellin_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_fehrbellin_1822/47
Zitationshilfe: Kleist, Heinrich von: Die Schlacht bei Fehrbellin. Berlin, 1822, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_fehrbellin_1822/47>, abgerufen am 28.03.2024.