Kleist, Heinrich von: Amphitryon. Dresden, 1807.
Daß er von dieser Sache was begreift. Es ist gehauen nicht und nicht gestochen, Ein Vorfall, koboltartig, wie ein Mährchen, Und dennoch ist es, wie das Sonnenlicht. Amphitryon. Falls man demnach fünf Sinne hat, wie glaubt man's. Sosias. Mein Seel'! Es kostete die größte Pein mir, So gut, wie euch, eh' ich es glauben lernte. Ich hielt mich für besessen, als ich mich Hier aufgepflanzt fand lärmend auf dem Platze, Und einen Gauner schalt ich lange mich. Jedoch zuletzt erkannt' ich, mußt' ich mich, Ein Ich, so wie das Andre, anerkennen. Hier stand's, als wär' die Luft ein Spiegel vor mir, Ein Wesen völlig wie das meinige, Von diesem Anstand, seht, und diesem Wuchse, Zwei Tropfen Wasser sind nicht ähnlicher. Ja, wär' es nur geselliger gewesen,
Daß er von dieſer Sache was begreift. Es iſt gehauen nicht und nicht geſtochen, Ein Vorfall, koboltartig, wie ein Maͤhrchen, Und dennoch iſt es, wie das Sonnenlicht. Amphitryon. Falls man demnach fuͤnf Sinne hat, wie glaubt man’s. Soſias. Mein Seel’! Es koſtete die groͤßte Pein mir, So gut, wie euch, eh’ ich es glauben lernte. Ich hielt mich fuͤr beſeſſen, als ich mich Hier aufgepflanzt fand laͤrmend auf dem Platze, Und einen Gauner ſchalt ich lange mich. Jedoch zuletzt erkannt’ ich, mußt’ ich mich, Ein Ich, ſo wie das Andre, anerkennen. Hier ſtand’s, als waͤr’ die Luft ein Spiegel vor mir, Ein Weſen voͤllig wie das meinige, Von dieſem Anſtand, ſeht, und dieſem Wuchſe, Zwei Tropfen Waſſer ſind nicht aͤhnlicher. Ja, waͤr’ es nur geſelliger geweſen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#SOF"> <p><pb facs="#f0070" n="54"/> Daß er von dieſer Sache was begreift.<lb/> Es iſt gehauen nicht und nicht geſtochen,<lb/> Ein Vorfall, koboltartig, wie ein Maͤhrchen,<lb/> Und dennoch <hi rendition="#g">iſt</hi> es, wie das Sonnenlicht.</p> </sp><lb/> <sp who="#AMP"> <speaker><hi rendition="#g">Amphitryon</hi>.</speaker><lb/> <p>Falls man demnach fuͤnf Sinne hat, wie glaubt<lb/> man’s.</p> </sp><lb/> <sp who="#SOF"> <speaker><hi rendition="#g">Soſias</hi>.</speaker><lb/> <p>Mein Seel’! Es koſtete die groͤßte Pein mir,<lb/> So gut, wie euch, eh’ ich es glauben lernte.<lb/> Ich hielt mich fuͤr beſeſſen, als ich mich<lb/> Hier aufgepflanzt fand laͤrmend auf dem Platze,<lb/> Und einen Gauner ſchalt ich lange mich.<lb/> Jedoch zuletzt erkannt’ ich, mußt’ ich mich,<lb/> Ein Ich, ſo wie das Andre, anerkennen.<lb/> Hier ſtand’s, als waͤr’ die Luft ein Spiegel vor<lb/> mir,<lb/> Ein Weſen voͤllig wie das meinige,<lb/> Von dieſem Anſtand, ſeht, und dieſem Wuchſe,<lb/> Zwei Tropfen Waſſer ſind nicht aͤhnlicher.<lb/> Ja, waͤr’ es nur geſelliger geweſen,<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [54/0070]
Daß er von dieſer Sache was begreift.
Es iſt gehauen nicht und nicht geſtochen,
Ein Vorfall, koboltartig, wie ein Maͤhrchen,
Und dennoch iſt es, wie das Sonnenlicht.
Amphitryon.
Falls man demnach fuͤnf Sinne hat, wie glaubt
man’s.
Soſias.
Mein Seel’! Es koſtete die groͤßte Pein mir,
So gut, wie euch, eh’ ich es glauben lernte.
Ich hielt mich fuͤr beſeſſen, als ich mich
Hier aufgepflanzt fand laͤrmend auf dem Platze,
Und einen Gauner ſchalt ich lange mich.
Jedoch zuletzt erkannt’ ich, mußt’ ich mich,
Ein Ich, ſo wie das Andre, anerkennen.
Hier ſtand’s, als waͤr’ die Luft ein Spiegel vor
mir,
Ein Weſen voͤllig wie das meinige,
Von dieſem Anſtand, ſeht, und dieſem Wuchſe,
Zwei Tropfen Waſſer ſind nicht aͤhnlicher.
Ja, waͤr’ es nur geſelliger geweſen,
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Zitationshilfe: | Kleist, Heinrich von: Amphitryon. Dresden, 1807, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_amphytrion_1807/70>, abgerufen am 19.07.2024. |