Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kleist, Heinrich von: Amphitryon. Dresden, 1807.

Bild:
<< vorherige Seite
Merkur.
Wärst du ein wenig minder Frau von Ehre.
Und rissest mir dafür die Ohren nicht
Mit deinen ew'gen Zänkereien ab.
Charis.
Was? so mißfällt's dir wohl, daß ich in Ehren
Mich stets erhielt, mir guten Ruf erwarb?
Merkur.
Behüt' der Himmel mich. Pfleg' deiner Tugend,
Nur führe sie nicht, wie ein Schlittenpferd,
Stets durch die Straße läutend, und den Markt.
Charis.
Dir wär' ein Weib gut, wie man sie in Theben
Verschmitzt und voller Ränke finden kann,
Ein Weib, das dich in süße Wort' ertränkte,
Damit du ihr den Hahnrei niederschluckst.
Merkur.
Was das betrifft, mein Seel', da sag' ich dir:
Gedankenübel quälen nur die Narren,
Den Mann vielmehr beneid' ich, dem ein Freund
Den Sold der Ehe vorschießt; alt wird er,
Und lebt das Leben aller seiner Kinder.
Merkur.
Waͤrſt du ein wenig minder Frau von Ehre.
Und riſſeſt mir dafuͤr die Ohren nicht
Mit deinen ew’gen Zaͤnkereien ab.
Charis.
Was? ſo mißfaͤllt’s dir wohl, daß ich in Ehren
Mich ſtets erhielt, mir guten Ruf erwarb?
Merkur.
Behuͤt’ der Himmel mich. Pfleg’ deiner Tugend,
Nur fuͤhre ſie nicht, wie ein Schlittenpferd,
Stets durch die Straße laͤutend, und den Markt.
Charis.
Dir waͤr’ ein Weib gut, wie man ſie in Theben
Verſchmitzt und voller Raͤnke finden kann,
Ein Weib, das dich in ſuͤße Wort’ ertraͤnkte,
Damit du ihr den Hahnrei niederſchluckſt.
Merkur.
Was das betrifft, mein Seel’, da ſag’ ich dir:
Gedankenuͤbel quaͤlen nur die Narren,
Den Mann vielmehr beneid’ ich, dem ein Freund
Den Sold der Ehe vorſchießt; alt wird er,
Und lebt das Leben aller ſeiner Kinder.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0060" n="44"/>
          <sp who="#MER">
            <speaker><hi rendition="#g">Merkur</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Wa&#x0364;r&#x017F;t du ein wenig minder Frau von Ehre.<lb/>
Und ri&#x017F;&#x017F;e&#x017F;t mir dafu&#x0364;r die Ohren nicht<lb/>
Mit deinen ew&#x2019;gen Za&#x0364;nkereien ab.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#CHA">
            <speaker><hi rendition="#g">Charis</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Was? &#x017F;o mißfa&#x0364;llt&#x2019;s dir wohl, daß ich in Ehren<lb/>
Mich &#x017F;tets erhielt, mir guten Ruf erwarb?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#MER">
            <speaker><hi rendition="#g">Merkur</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Behu&#x0364;t&#x2019; der Himmel mich. Pfleg&#x2019; deiner Tugend,<lb/>
Nur fu&#x0364;hre &#x017F;ie nicht, wie ein Schlittenpferd,<lb/>
Stets durch die Straße la&#x0364;utend, und den Markt.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#CHA">
            <speaker><hi rendition="#g">Charis</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Dir wa&#x0364;r&#x2019; ein Weib gut, wie man &#x017F;ie in Theben<lb/>
Ver&#x017F;chmitzt und voller Ra&#x0364;nke finden kann,<lb/>
Ein Weib, das dich in &#x017F;u&#x0364;ße Wort&#x2019; ertra&#x0364;nkte,<lb/>
Damit du ihr den Hahnrei nieder&#x017F;chluck&#x017F;t.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#MER">
            <speaker><hi rendition="#g">Merkur</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Was das betrifft, mein Seel&#x2019;, da &#x017F;ag&#x2019; ich dir:<lb/>
Gedankenu&#x0364;bel qua&#x0364;len nur die Narren,<lb/>
Den Mann vielmehr beneid&#x2019; ich, dem ein Freund<lb/>
Den Sold der Ehe vor&#x017F;chießt; alt wird er,<lb/>
Und lebt das Leben aller &#x017F;einer Kinder.</p>
          </sp><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[44/0060] Merkur. Waͤrſt du ein wenig minder Frau von Ehre. Und riſſeſt mir dafuͤr die Ohren nicht Mit deinen ew’gen Zaͤnkereien ab. Charis. Was? ſo mißfaͤllt’s dir wohl, daß ich in Ehren Mich ſtets erhielt, mir guten Ruf erwarb? Merkur. Behuͤt’ der Himmel mich. Pfleg’ deiner Tugend, Nur fuͤhre ſie nicht, wie ein Schlittenpferd, Stets durch die Straße laͤutend, und den Markt. Charis. Dir waͤr’ ein Weib gut, wie man ſie in Theben Verſchmitzt und voller Raͤnke finden kann, Ein Weib, das dich in ſuͤße Wort’ ertraͤnkte, Damit du ihr den Hahnrei niederſchluckſt. Merkur. Was das betrifft, mein Seel’, da ſag’ ich dir: Gedankenuͤbel quaͤlen nur die Narren, Den Mann vielmehr beneid’ ich, dem ein Freund Den Sold der Ehe vorſchießt; alt wird er, Und lebt das Leben aller ſeiner Kinder.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_amphytrion_1807
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_amphytrion_1807/60
Zitationshilfe: Kleist, Heinrich von: Amphitryon. Dresden, 1807, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_amphytrion_1807/60>, abgerufen am 04.05.2024.