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Kleist, Heinrich von: Amphitryon. Dresden, 1807.

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Statt meiner Ehre Rache selbst zu nehmen,
Ergreift ihr des Betrügers schnöde Sache,
Und hemmt des Racheschwerdls gerechten Fall?
Erster Feldherr.
Wär' euer Urtheil frei, wie es nicht ist,
Ihr würdet unsre Schritte billigen.
Wer von euch beiden ist Amphitryon?
Ihr seid es, gut; doch jener ist es auch.
Wo ist des Gottes Finger, der uns zeigte,
In welchem Busen, einer wie der andre,
Sich laurend das Verrätherherz verbirgt?
Ist es erkannt, so haben wir, nicht zweifelt,
Das Ziel auch unsrer Rache aufgefunden.
Jedoch so lang des Schwerdtes Schneide hier
In blinder Wahl nur um sich wüthen könnte,
Bleibt es gewiß noch besser in der Scheide.
Laßt uns in Ruh die Sache untersuchen,
Und fühlt ihr wirklich euch Amphitryon,
Wie wir in diesem sonderbaren Falle
Zwar hoffen, aber auch bezweifeln müssen,
So wird es schwerer euch, als ihm, nicht werden,
Uns diesen Umstand gültig zu beweisen.
K 2
Statt meiner Ehre Rache ſelbſt zu nehmen,
Ergreift ihr des Betruͤgers ſchnoͤde Sache,
Und hemmt des Racheſchwerdls gerechten Fall?
Erſter Feldherr.
Waͤr’ euer Urtheil frei, wie es nicht iſt,
Ihr wuͤrdet unſre Schritte billigen.
Wer von euch beiden iſt Amphitryon?
Ihr ſeid es, gut; doch jener iſt es auch.
Wo iſt des Gottes Finger, der uns zeigte,
In welchem Buſen, einer wie der andre,
Sich laurend das Verraͤtherherz verbirgt?
Iſt es erkannt, ſo haben wir, nicht zweifelt,
Das Ziel auch unſrer Rache aufgefunden.
Jedoch ſo lang des Schwerdtes Schneide hier
In blinder Wahl nur um ſich wuͤthen koͤnnte,
Bleibt es gewiß noch beſſer in der Scheide.
Laßt uns in Ruh die Sache unterſuchen,
Und fuͤhlt ihr wirklich euch Amphitryon,
Wie wir in dieſem ſonderbaren Falle
Zwar hoffen, aber auch bezweifeln muͤſſen,
So wird es ſchwerer euch, als ihm, nicht werden,
Uns dieſen Umſtand guͤltig zu beweiſen.
K 2
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[147/0163] Statt meiner Ehre Rache ſelbſt zu nehmen, Ergreift ihr des Betruͤgers ſchnoͤde Sache, Und hemmt des Racheſchwerdls gerechten Fall? Erſter Feldherr. Waͤr’ euer Urtheil frei, wie es nicht iſt, Ihr wuͤrdet unſre Schritte billigen. Wer von euch beiden iſt Amphitryon? Ihr ſeid es, gut; doch jener iſt es auch. Wo iſt des Gottes Finger, der uns zeigte, In welchem Buſen, einer wie der andre, Sich laurend das Verraͤtherherz verbirgt? Iſt es erkannt, ſo haben wir, nicht zweifelt, Das Ziel auch unſrer Rache aufgefunden. Jedoch ſo lang des Schwerdtes Schneide hier In blinder Wahl nur um ſich wuͤthen koͤnnte, Bleibt es gewiß noch beſſer in der Scheide. Laßt uns in Ruh die Sache unterſuchen, Und fuͤhlt ihr wirklich euch Amphitryon, Wie wir in dieſem ſonderbaren Falle Zwar hoffen, aber auch bezweifeln muͤſſen, So wird es ſchwerer euch, als ihm, nicht werden, Uns dieſen Umſtand guͤltig zu beweiſen. K 2

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Zitationshilfe: Kleist, Heinrich von: Amphitryon. Dresden, 1807, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_amphytrion_1807/163>, abgerufen am 06.05.2024.