Kleist, Heinrich von: Amphitryon. Dresden, 1807.
Man nimmt ein falsches Kleid, ein Hausge- räth, Doch einen Mann greift man im Finstern. Zudem, ist er uns Allen nicht erschienen? Empfing ihn freudig an der Pforte nicht Das ganze Hofgesind', als er erschien? Tag war es noch, hier müßten tausend Au- gen Mit Mitternacht bedeckt gewesen sein. Alkmene. Und gleichwohl dieser wunderliche Zug! Warum fiel solch' ein fremdes Zeichen mir, Das kein verletzter Sinn verwechseln kann, Warum nicht auf den ersten Blick mir auf? Wenn ich zwei solche Namen, liebste Charis, Nicht unterscheiden kann, sprich, können sie Zwei Führern, ist es möglich, eigen sein, Die leichter nicht zu unterscheiden wären? Charis. Ihr seid doch sicher, hoff' ich, beste Für- stin? --
Man nimmt ein falſches Kleid, ein Hausge- raͤth, Doch einen Mann greift man im Finſtern. Zudem, iſt er uns Allen nicht erſchienen? Empfing ihn freudig an der Pforte nicht Das ganze Hofgeſind’, als er erſchien? Tag war es noch, hier muͤßten tauſend Au- gen Mit Mitternacht bedeckt geweſen ſein. Alkmene. Und gleichwohl dieſer wunderliche Zug! Warum fiel ſolch’ ein fremdes Zeichen mir, Das kein verletzter Sinn verwechſeln kann, Warum nicht auf den erſten Blick mir auf? Wenn ich zwei ſolche Namen, liebſte Charis, Nicht unterſcheiden kann, ſprich, koͤnnen ſie Zwei Fuͤhrern, iſt es moͤglich, eigen ſein, Die leichter nicht zu unterſcheiden waͤren? Charis. Ihr ſeid doch ſicher, hoff’ ich, beſte Fuͤr- ſtin? — <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#CHA"> <p><pb facs="#f0106" n="90"/> Man nimmt ein falſches Kleid, ein Hausge-<lb/> raͤth,<lb/> Doch einen Mann greift man im Finſtern.<lb/> Zudem, iſt er uns Allen nicht erſchienen?<lb/> Empfing ihn freudig an der Pforte nicht<lb/> Das ganze Hofgeſind’, als er erſchien?<lb/> Tag war es noch, hier muͤßten tauſend Au-<lb/> gen<lb/> Mit Mitternacht bedeckt geweſen ſein.</p> </sp><lb/> <sp who="#ALK"> <speaker><hi rendition="#g">Alkmene</hi>.</speaker><lb/> <p>Und gleichwohl dieſer wunderliche Zug!<lb/> Warum fiel ſolch’ ein fremdes Zeichen mir,<lb/> Das kein verletzter Sinn verwechſeln kann,<lb/> Warum nicht auf den erſten Blick mir auf?<lb/> Wenn ich zwei ſolche Namen, liebſte Charis,<lb/> Nicht unterſcheiden kann, ſprich, koͤnnen ſie<lb/> Zwei Fuͤhrern, iſt es moͤglich, eigen ſein,<lb/> Die leichter nicht zu unterſcheiden waͤren?</p> </sp><lb/> <sp who="#CHA"> <speaker><hi rendition="#g">Charis</hi>.</speaker><lb/> <p>Ihr ſeid doch ſicher, hoff’ ich, beſte Fuͤr-<lb/> ſtin? —</p> </sp><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [90/0106]
Man nimmt ein falſches Kleid, ein Hausge-
raͤth,
Doch einen Mann greift man im Finſtern.
Zudem, iſt er uns Allen nicht erſchienen?
Empfing ihn freudig an der Pforte nicht
Das ganze Hofgeſind’, als er erſchien?
Tag war es noch, hier muͤßten tauſend Au-
gen
Mit Mitternacht bedeckt geweſen ſein.
Alkmene.
Und gleichwohl dieſer wunderliche Zug!
Warum fiel ſolch’ ein fremdes Zeichen mir,
Das kein verletzter Sinn verwechſeln kann,
Warum nicht auf den erſten Blick mir auf?
Wenn ich zwei ſolche Namen, liebſte Charis,
Nicht unterſcheiden kann, ſprich, koͤnnen ſie
Zwei Fuͤhrern, iſt es moͤglich, eigen ſein,
Die leichter nicht zu unterſcheiden waͤren?
Charis.
Ihr ſeid doch ſicher, hoff’ ich, beſte Fuͤr-
ſtin? —
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Zitationshilfe: | Kleist, Heinrich von: Amphitryon. Dresden, 1807, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleist_amphytrion_1807/106>, abgerufen am 16.07.2024. |