I. Die dem Jtalienischen entnommenen, pkl_062.002 regelmäßigen. Diesen liegt der vollständige oder pkl_062.003 überzählige fünffüßige Jambus zu Grunde; sie unterscheiden pkl_062.004 sich durch die Art und Zahl ihrer Reime.
pkl_062.005
a. Stanzen mit zwei gekreuzten Reimen. Die pkl_062.006 aus acht überzählig-fünffüßigen Jamben bestehende, pkl_062.007 also nur weibliche Reime enthaltende Stanze, Sicilianopkl_062.008 genannt, kommt im Deutschen selten oder pkl_062.009 gar nicht vor. Jn männlichen und weiblichen Reimen pkl_062.010 wechselnde musterhafte Octaven hat uns pkl_062.011 Rückert in seiner Rose Siciliano geboten. pkl_062.012 Der Wechsel hat nach folgendem Schema statt: pkl_062.013 1) ab, ab, ab, ab, 2) ab, ab, ab, ab u. s. w.
pkl_062.014
b. Stanzen mit drei Reimen.abababcc. Die pkl_062.015 drei Reime sind entweder durchaus weiblich oder pkl_062.016 es wechseln männliche und weibliche ab (der männliche pkl_062.017 Reim fällt dann gewöhnlich auf den zweiten, pkl_062.018 vierten und sechsten Vers). Die Octaven der letztern pkl_062.019 Art verdienen im Deutschen den Vorzug, da pkl_062.020 der ausschließliche Gebrauch weiblicher Reime leicht pkl_062.021 eine, der Natur unsrer Sprache widerstrebende pkl_062.022 Mattigkeit mit sich führt.
pkl_062.023
§. 93. II. Unregelmäßige Stanzen.
pkl_062.024
a. Die deutschen Dichter haben sich mancherlei Abweichungen pkl_062.025 von den unter 1) angeführten Formen pkl_062.026 erlaubt. Sie haben sich weder streng an die Zahl pkl_062.027 der Versfüße, noch an die Zahl und Art der Reime pkl_062.028 gebunden, sondern fünffüßige Jamben mit vierfüßigen pkl_062.029 wechseln, ferner bald bloß gekreuzte, bald pkl_062.030 ungetrennte, bald drei, bald vier Reime eintreten pkl_062.031 lassen. Ja sogar die Versart hat man vertauscht
pkl_062.001
I. Die dem Jtalienischen entnommenen, pkl_062.002 regelmäßigen. Diesen liegt der vollständige oder pkl_062.003 überzählige fünffüßige Jambus zu Grunde; sie unterscheiden pkl_062.004 sich durch die Art und Zahl ihrer Reime.
pkl_062.005
a. Stanzen mit zwei gekreuzten Reimen. Die pkl_062.006 aus acht überzählig-fünffüßigen Jamben bestehende, pkl_062.007 also nur weibliche Reime enthaltende Stanze, Sicilianopkl_062.008 genannt, kommt im Deutschen selten oder pkl_062.009 gar nicht vor. Jn männlichen und weiblichen Reimen pkl_062.010 wechselnde musterhafte Octaven hat uns pkl_062.011 Rückert in seiner Rose Siciliano geboten. pkl_062.012 Der Wechsel hat nach folgendem Schema statt: pkl_062.013 1) ab, ab, ab, ab, 2) ab, ab, ab, ab u. s. w.
pkl_062.014
b. Stanzen mit drei Reimen.abababcc. Die pkl_062.015 drei Reime sind entweder durchaus weiblich oder pkl_062.016 es wechseln männliche und weibliche ab (der männliche pkl_062.017 Reim fällt dann gewöhnlich auf den zweiten, pkl_062.018 vierten und sechsten Vers). Die Octaven der letztern pkl_062.019 Art verdienen im Deutschen den Vorzug, da pkl_062.020 der ausschließliche Gebrauch weiblicher Reime leicht pkl_062.021 eine, der Natur unsrer Sprache widerstrebende pkl_062.022 Mattigkeit mit sich führt.
pkl_062.023
§. 93. II. Unregelmäßige Stanzen.
pkl_062.024
a. Die deutschen Dichter haben sich mancherlei Abweichungen pkl_062.025 von den unter 1) angeführten Formen pkl_062.026 erlaubt. Sie haben sich weder streng an die Zahl pkl_062.027 der Versfüße, noch an die Zahl und Art der Reime pkl_062.028 gebunden, sondern fünffüßige Jamben mit vierfüßigen pkl_062.029 wechseln, ferner bald bloß gekreuzte, bald pkl_062.030 ungetrennte, bald drei, bald vier Reime eintreten pkl_062.031 lassen. Ja sogar die Versart hat man vertauscht
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><pbfacs="#f0088"n="62"/><lbn="pkl_062.001"/><p><hirendition="#aq">I</hi>. <hirendition="#g">Die dem Jtalienischen entnommenen, <lbn="pkl_062.002"/>
regelmäßigen.</hi> Diesen liegt der vollständige oder <lbn="pkl_062.003"/>
überzählige fünffüßige Jambus zu Grunde; sie unterscheiden <lbn="pkl_062.004"/>
sich durch die Art und Zahl ihrer Reime.</p><lbn="pkl_062.005"/><p><hirendition="#et"><hirendition="#aq">a</hi>. <hirendition="#g">Stanzen mit zwei gekreuzten Reimen.</hi> Die <lbn="pkl_062.006"/>
aus acht überzählig-fünffüßigen Jamben bestehende, <lbn="pkl_062.007"/>
also nur weibliche Reime enthaltende Stanze, <hirendition="#aq">Siciliano</hi><lbn="pkl_062.008"/>
genannt, kommt im Deutschen selten oder <lbn="pkl_062.009"/>
gar nicht vor. Jn männlichen und weiblichen Reimen <lbn="pkl_062.010"/>
wechselnde musterhafte Octaven hat uns <lbn="pkl_062.011"/><hirendition="#g">Rückert</hi> in seiner <hirendition="#g">Rose Siciliano</hi> geboten. <lbn="pkl_062.012"/>
Der Wechsel hat nach folgendem Schema statt: <lbn="pkl_062.013"/>
1) <hirendition="#aq">ab, ab, ab, ab, 2) ab, ab, ab, ab</hi> u. s. w.</hi></p><lbn="pkl_062.014"/><p><hirendition="#et"><hirendition="#aq">b</hi>. <hirendition="#g">Stanzen mit drei Reimen.</hi><hirendition="#aq">abababcc</hi>. Die <lbn="pkl_062.015"/>
drei Reime sind entweder durchaus weiblich oder <lbn="pkl_062.016"/>
es wechseln männliche und weibliche ab (der männliche <lbn="pkl_062.017"/>
Reim fällt dann gewöhnlich auf den zweiten, <lbn="pkl_062.018"/>
vierten und sechsten Vers). Die Octaven der letztern <lbn="pkl_062.019"/>
Art verdienen im Deutschen den Vorzug, da <lbn="pkl_062.020"/>
der ausschließliche Gebrauch weiblicher Reime leicht <lbn="pkl_062.021"/>
eine, der Natur unsrer Sprache widerstrebende <lbn="pkl_062.022"/>
Mattigkeit mit sich führt.</hi></p><lbn="pkl_062.023"/><p>§. 93. <hirendition="#aq">II</hi>. <hirendition="#g">Unregelmäßige Stanzen.</hi></p><lbn="pkl_062.024"/><p><hirendition="#et"><hirendition="#aq">a</hi>. Die deutschen Dichter haben sich mancherlei Abweichungen <lbn="pkl_062.025"/>
von den unter 1) angeführten Formen <lbn="pkl_062.026"/>
erlaubt. Sie haben sich weder streng an die Zahl <lbn="pkl_062.027"/>
der Versfüße, noch an die Zahl und Art der Reime <lbn="pkl_062.028"/>
gebunden, sondern fünffüßige Jamben mit vierfüßigen <lbn="pkl_062.029"/>
wechseln, ferner bald bloß gekreuzte, bald <lbn="pkl_062.030"/>
ungetrennte, bald drei, bald vier Reime eintreten <lbn="pkl_062.031"/>
lassen. Ja sogar die Versart hat man vertauscht
</hi></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[62/0088]
pkl_062.001
I. Die dem Jtalienischen entnommenen, pkl_062.002
regelmäßigen. Diesen liegt der vollständige oder pkl_062.003
überzählige fünffüßige Jambus zu Grunde; sie unterscheiden pkl_062.004
sich durch die Art und Zahl ihrer Reime.
pkl_062.005
a. Stanzen mit zwei gekreuzten Reimen. Die pkl_062.006
aus acht überzählig-fünffüßigen Jamben bestehende, pkl_062.007
also nur weibliche Reime enthaltende Stanze, Siciliano pkl_062.008
genannt, kommt im Deutschen selten oder pkl_062.009
gar nicht vor. Jn männlichen und weiblichen Reimen pkl_062.010
wechselnde musterhafte Octaven hat uns pkl_062.011
Rückert in seiner Rose Siciliano geboten. pkl_062.012
Der Wechsel hat nach folgendem Schema statt: pkl_062.013
1) ab, ab, ab, ab, 2) ab, ab, ab, ab u. s. w.
pkl_062.014
b. Stanzen mit drei Reimen. abababcc. Die pkl_062.015
drei Reime sind entweder durchaus weiblich oder pkl_062.016
es wechseln männliche und weibliche ab (der männliche pkl_062.017
Reim fällt dann gewöhnlich auf den zweiten, pkl_062.018
vierten und sechsten Vers). Die Octaven der letztern pkl_062.019
Art verdienen im Deutschen den Vorzug, da pkl_062.020
der ausschließliche Gebrauch weiblicher Reime leicht pkl_062.021
eine, der Natur unsrer Sprache widerstrebende pkl_062.022
Mattigkeit mit sich führt.
pkl_062.023
§. 93. II. Unregelmäßige Stanzen.
pkl_062.024
a. Die deutschen Dichter haben sich mancherlei Abweichungen pkl_062.025
von den unter 1) angeführten Formen pkl_062.026
erlaubt. Sie haben sich weder streng an die Zahl pkl_062.027
der Versfüße, noch an die Zahl und Art der Reime pkl_062.028
gebunden, sondern fünffüßige Jamben mit vierfüßigen pkl_062.029
wechseln, ferner bald bloß gekreuzte, bald pkl_062.030
ungetrennte, bald drei, bald vier Reime eintreten pkl_062.031
lassen. Ja sogar die Versart hat man vertauscht
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription.
(2015-09-30T09:54:39Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Sandra Richter: ePoetics-Projekt-Koordination
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: keine Angabe;
Druckfehler: keine Angabe;
fremdsprachliches Material: gekennzeichnet;
Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage;
i/j in Fraktur: wie Vorlage;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
Kolumnentitel: nicht übernommen;
Kustoden: nicht übernommen;
langes s (ſ): wie Vorlage;
Normalisierungen: keine;
rundes r (ꝛ): wie Vorlage;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: nicht übernommen;
u/v bzw. U/V: wie Vorlage;
Vokale mit übergest. e: wie Vorlage;
Vollständigkeit: vollständig erfasst;
Zeichensetzung: wie Vorlage;
Zeilenumbrüche markiert: ja;
Kleinpaul, Ernst: Die Lehre von den Formen und Gattungen der deutschen Dichtkunst. Für höhere Lehranstalten, so wie zum Selbstunterricht. Barmen, 1843, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleinpaul_poetik_1843/88>, abgerufen am 26.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.