Kleinpaul, Ernst: Die Lehre von den Formen und Gattungen der deutschen Dichtkunst. Für höhere Lehranstalten, so wie zum Selbstunterricht. Barmen, 1843.pkl_002.001 §. 2. Die Poesie wendet sich mit ihren Schöpfungen pkl_002.005 Anmerkung. Jnsofern die Poesie die eignen Gefühle pkl_002.025 §. 3. Der Poesie steht die Prosa entgegen. pkl_002.028 pkl_002.001 §. 2. Die Poesie wendet sich mit ihren Schöpfungen pkl_002.005 Anmerkung. Jnsofern die Poesie die eignen Gefühle pkl_002.025 §. 3. Der Poesie steht die Prosa entgegen. pkl_002.028 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0028" n="2"/><lb n="pkl_002.001"/> sogenannte <hi rendition="#g">Natur-</hi> oder <hi rendition="#g">Volkspoesie,</hi> in der trotz der mangelhaften <lb n="pkl_002.002"/> Form mitunter eben so schöne Gedankenblitze sich finden, <lb n="pkl_002.003"/> als in der vollendetsten <hi rendition="#g">Kunstpoesie</hi>.</p> <lb n="pkl_002.004"/> <p> §. 2. Die <hi rendition="#g">Poesie</hi> wendet sich mit ihren Schöpfungen <lb n="pkl_002.005"/> vorzugsweise an die <hi rendition="#g">Phantasie.</hi> Sie hat an <lb n="pkl_002.006"/> und für sich keinen <hi rendition="#g">andern</hi> Zweck, als den, <hi rendition="#g">Genuß <lb n="pkl_002.007"/> zu bereiten.</hi> „Während andre Mittheilungen durch <lb n="pkl_002.008"/> die Sprache ihre Wirksamkeit auf irgend einen <hi rendition="#g">bestimmten <lb n="pkl_002.009"/> Zweck,</hi> auf die Belehrung des Verstandes, <lb n="pkl_002.010"/> auf die Lenkung des Willens durch den Verstand und <lb n="pkl_002.011"/> die Erregung der Gefühle richten, sind <hi rendition="#g">ihre</hi> Schöpfungen <lb n="pkl_002.012"/> im Gebiete innerer Anschauungen, der Phantasie, <lb n="pkl_002.013"/> das <hi rendition="#g">freie,</hi> nicht von äußerer Wirklichkeit und <lb n="pkl_002.014"/> ihren Bedürfnissen, Rücksichten und Zwecken beengte <lb n="pkl_002.015"/> <hi rendition="#g">Spiel</hi> einer <hi rendition="#g">harmonischen Thätigkeit der geistigen <lb n="pkl_002.016"/> Kräfte.</hi>“ (<hi rendition="#g">Herling,</hi> Theorie des Styls.) Jndeß <lb n="pkl_002.017"/> lassen sich auch mit ihr bestimmte Zwecke verbinden. <lb n="pkl_002.018"/> Die <hi rendition="#g">wahre Poesie</hi> soll über die Schranken, Mühen <lb n="pkl_002.019"/> und Sorgen des gewöhnlichen Lebens erheben und die <lb n="pkl_002.020"/> Seele in die höheren Regionen des Jdealen und Vollkommenen <lb n="pkl_002.021"/> versetzen, nicht aber das Gemüth in hysterische <lb n="pkl_002.022"/> Träumereien versenken, es verweichlichen und der <lb n="pkl_002.023"/> ernsten Wirklichkeit entfremden.</p> <lb n="pkl_002.024"/> <p><hi rendition="#g">Anmerkung.</hi> Jnsofern die Poesie die <hi rendition="#g">eignen Gefühle</hi> <lb n="pkl_002.025"/> des Dichters <hi rendition="#g">oder außer ihm</hi> liegende Erscheinungen <lb n="pkl_002.026"/> darstellt, theilt man sie ein in <hi rendition="#g">subjektive</hi> und <hi rendition="#g">objektive</hi>.</p> <lb n="pkl_002.027"/> <p> §. 3. Der <hi rendition="#g">Poesie</hi> steht die <hi rendition="#g">Prosa</hi> entgegen. <lb n="pkl_002.028"/> <hi rendition="#g">Prosa</hi> heißt die Art sprachlicher Mittheilung, welche <lb n="pkl_002.029"/> mittelst des <hi rendition="#g">Verstandes</hi> Wahrheiten des Lebens, <lb n="pkl_002.030"/> oder, bei der Täuschung, den Schein derselben zur <lb n="pkl_002.031"/> Vorstellung erheben oder bestimmte Gefühle erregen <lb n="pkl_002.032"/> will. Die Prosa strebt nach logischem Zusammenhange, </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [2/0028]
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sogenannte Natur- oder Volkspoesie, in der trotz der mangelhaften pkl_002.002
Form mitunter eben so schöne Gedankenblitze sich finden, pkl_002.003
als in der vollendetsten Kunstpoesie.
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§. 2. Die Poesie wendet sich mit ihren Schöpfungen pkl_002.005
vorzugsweise an die Phantasie. Sie hat an pkl_002.006
und für sich keinen andern Zweck, als den, Genuß pkl_002.007
zu bereiten. „Während andre Mittheilungen durch pkl_002.008
die Sprache ihre Wirksamkeit auf irgend einen bestimmten pkl_002.009
Zweck, auf die Belehrung des Verstandes, pkl_002.010
auf die Lenkung des Willens durch den Verstand und pkl_002.011
die Erregung der Gefühle richten, sind ihre Schöpfungen pkl_002.012
im Gebiete innerer Anschauungen, der Phantasie, pkl_002.013
das freie, nicht von äußerer Wirklichkeit und pkl_002.014
ihren Bedürfnissen, Rücksichten und Zwecken beengte pkl_002.015
Spiel einer harmonischen Thätigkeit der geistigen pkl_002.016
Kräfte.“ (Herling, Theorie des Styls.) Jndeß pkl_002.017
lassen sich auch mit ihr bestimmte Zwecke verbinden. pkl_002.018
Die wahre Poesie soll über die Schranken, Mühen pkl_002.019
und Sorgen des gewöhnlichen Lebens erheben und die pkl_002.020
Seele in die höheren Regionen des Jdealen und Vollkommenen pkl_002.021
versetzen, nicht aber das Gemüth in hysterische pkl_002.022
Träumereien versenken, es verweichlichen und der pkl_002.023
ernsten Wirklichkeit entfremden.
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Anmerkung. Jnsofern die Poesie die eignen Gefühle pkl_002.025
des Dichters oder außer ihm liegende Erscheinungen pkl_002.026
darstellt, theilt man sie ein in subjektive und objektive.
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§. 3. Der Poesie steht die Prosa entgegen. pkl_002.028
Prosa heißt die Art sprachlicher Mittheilung, welche pkl_002.029
mittelst des Verstandes Wahrheiten des Lebens, pkl_002.030
oder, bei der Täuschung, den Schein derselben zur pkl_002.031
Vorstellung erheben oder bestimmte Gefühle erregen pkl_002.032
will. Die Prosa strebt nach logischem Zusammenhange,
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