Kleinpaul, Ernst: Die Lehre von den Formen und Gattungen der deutschen Dichtkunst. Für höhere Lehranstalten, so wie zum Selbstunterricht. Barmen, 1843.pkl_167.001 §. 228. Der Hauptarten der dramatischen pkl_167.002 I. Die Tragödie. pkl_167.005§. 229. Die Art dramatischer Dichtungen, welche pkl_167.006 *) pkl_167.024
Anmerkung. Der Name Tragödie soll nach der gewöhnlichen pkl_167.025 Meinung so viel wie Bockgesang bedeuten pkl_167.026 und seinen Ursprung entweder von dem Umstande, daß pkl_167.027 bei den Bachusfesten, die man durch ernste lyrische oder pkl_167.028 heroische Gesänge feierte, dem Gott zu Ehren ein Bock pkl_167.029 geopfert wurde, oder von dem Gebrauch herschreiben, wonach pkl_167.030 man bei diesen Festen dem besten Sänger einen Bock pkl_167.031 als Preis zu Theil werden ließ. pkl_167.001 §. 228. Der Hauptarten der dramatischen pkl_167.002 I. Die Tragödie. pkl_167.005§. 229. Die Art dramatischer Dichtungen, welche pkl_167.006 *) pkl_167.024
Anmerkung. Der Name Tragödie soll nach der gewöhnlichen pkl_167.025 Meinung so viel wie Bockgesang bedeuten pkl_167.026 und seinen Ursprung entweder von dem Umstande, daß pkl_167.027 bei den Bachusfesten, die man durch ernste lyrische oder pkl_167.028 heroische Gesänge feierte, dem Gott zu Ehren ein Bock pkl_167.029 geopfert wurde, oder von dem Gebrauch herschreiben, wonach pkl_167.030 man bei diesen Festen dem besten Sänger einen Bock pkl_167.031 als Preis zu Theil werden ließ. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0193" n="167"/> <lb n="pkl_167.001"/> <p> §. 228. Der <hi rendition="#g">Hauptarten</hi> der dramatischen <lb n="pkl_167.002"/> Poesie sind vier, nämlich: 1) die <hi rendition="#g">Tragödie;</hi> 2) die <lb n="pkl_167.003"/> <hi rendition="#g">Komödie;</hi> 3) das <hi rendition="#g">Schauspiel;</hi> 4) die <hi rendition="#g">Oper.</hi></p> <lb n="pkl_167.004"/> </div> <div n="4"> <head> <hi rendition="#c"><hi rendition="#aq">I</hi>. <hi rendition="#g">Die Tragödie.</hi></hi> </head> <lb n="pkl_167.005"/> <p> §. 229. Die Art dramatischer Dichtungen, welche <lb n="pkl_167.006"/> man im Deutschen <hi rendition="#g">Tragödien</hi> zu nennen pflegt, hat <lb n="pkl_167.007"/> nicht nur den <hi rendition="#g">Namen</hi> von den <hi rendition="#g">Griechen</hi> entlehnt,<note xml:id="PKL_167_1" place="foot" n="*)"><lb n="pkl_167.024"/><hi rendition="#g">Anmerkung.</hi> Der Name <hi rendition="#g">Tragödie</hi> soll nach der gewöhnlichen <lb n="pkl_167.025"/> Meinung so viel wie <hi rendition="#g">Bockgesang</hi> bedeuten <lb n="pkl_167.026"/> und seinen Ursprung entweder von dem Umstande, daß <lb n="pkl_167.027"/> bei den Bachusfesten, die man durch ernste lyrische oder <lb n="pkl_167.028"/> heroische Gesänge feierte, dem Gott zu Ehren ein Bock <lb n="pkl_167.029"/> geopfert wurde, oder von dem Gebrauch herschreiben, wonach <lb n="pkl_167.030"/> man bei diesen Festen dem besten Sänger einen Bock <lb n="pkl_167.031"/> als Preis zu Theil werden ließ.</note> <lb n="pkl_167.008"/> sondern ruht auch in Rücksicht ihrer <hi rendition="#g">Entstehung</hi> und <lb n="pkl_167.009"/> <hi rendition="#g">Ausbildung</hi> ganz auf <hi rendition="#g">griechischem Boden.</hi> Die <lb n="pkl_167.010"/> Vorbilder, welche uns in den <hi rendition="#g">griechischen</hi> oder <hi rendition="#g">antiken <lb n="pkl_167.011"/> Tragödien</hi> gegeben sind, haben einerseits einen <lb n="pkl_167.012"/> sehr wohlthätigen Einfluß auf die Kultivirung der <lb n="pkl_167.013"/> deutschen Tragödie ausgeübt, anderseits aber ist durch <lb n="pkl_167.014"/> die Aengstlichkeit, mit der man sich häufig an dieselben <lb n="pkl_167.015"/> gebunden, eine heillose Begriffsverwirrung und manche <lb n="pkl_167.016"/> poetische Mißgeburt erzeugt worden. So hat die antike <lb n="pkl_167.017"/> Tragödie für die deutsche Literatur eine sehr hohe <lb n="pkl_167.018"/> Bedeutung gewonnen; eine Bedeutung, die es uns zur <lb n="pkl_167.019"/> Pflicht macht, bei der Betrachtung der deutschen Tragödie <lb n="pkl_167.020"/> auf sie mit Rücksicht zu nehmen und ihre wesentlichen <lb n="pkl_167.021"/> Eigenthümlichkeiten heraustreten zu lassen. Niemand <lb n="pkl_167.022"/> hat, nach unserm Ermessen, das Wesen der <lb n="pkl_167.023"/> griechischen und das der deutschen Tragödie und den </p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [167/0193]
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§. 228. Der Hauptarten der dramatischen pkl_167.002
Poesie sind vier, nämlich: 1) die Tragödie; 2) die pkl_167.003
Komödie; 3) das Schauspiel; 4) die Oper.
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I. Die Tragödie. pkl_167.005
§. 229. Die Art dramatischer Dichtungen, welche pkl_167.006
man im Deutschen Tragödien zu nennen pflegt, hat pkl_167.007
nicht nur den Namen von den Griechen entlehnt, *) pkl_167.008
sondern ruht auch in Rücksicht ihrer Entstehung und pkl_167.009
Ausbildung ganz auf griechischem Boden. Die pkl_167.010
Vorbilder, welche uns in den griechischen oder antiken pkl_167.011
Tragödien gegeben sind, haben einerseits einen pkl_167.012
sehr wohlthätigen Einfluß auf die Kultivirung der pkl_167.013
deutschen Tragödie ausgeübt, anderseits aber ist durch pkl_167.014
die Aengstlichkeit, mit der man sich häufig an dieselben pkl_167.015
gebunden, eine heillose Begriffsverwirrung und manche pkl_167.016
poetische Mißgeburt erzeugt worden. So hat die antike pkl_167.017
Tragödie für die deutsche Literatur eine sehr hohe pkl_167.018
Bedeutung gewonnen; eine Bedeutung, die es uns zur pkl_167.019
Pflicht macht, bei der Betrachtung der deutschen Tragödie pkl_167.020
auf sie mit Rücksicht zu nehmen und ihre wesentlichen pkl_167.021
Eigenthümlichkeiten heraustreten zu lassen. Niemand pkl_167.022
hat, nach unserm Ermessen, das Wesen der pkl_167.023
griechischen und das der deutschen Tragödie und den
*) pkl_167.024
Anmerkung. Der Name Tragödie soll nach der gewöhnlichen pkl_167.025
Meinung so viel wie Bockgesang bedeuten pkl_167.026
und seinen Ursprung entweder von dem Umstande, daß pkl_167.027
bei den Bachusfesten, die man durch ernste lyrische oder pkl_167.028
heroische Gesänge feierte, dem Gott zu Ehren ein Bock pkl_167.029
geopfert wurde, oder von dem Gebrauch herschreiben, wonach pkl_167.030
man bei diesen Festen dem besten Sänger einen Bock pkl_167.031
als Preis zu Theil werden ließ.
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Zitationshilfe: | Kleinpaul, Ernst: Die Lehre von den Formen und Gattungen der deutschen Dichtkunst. Für höhere Lehranstalten, so wie zum Selbstunterricht. Barmen, 1843, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleinpaul_poetik_1843/193>, abgerufen am 16.07.2024. |