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Kleinpaul, Ernst: Die Lehre von den Formen und Gattungen der deutschen Dichtkunst. Für höhere Lehranstalten, so wie zum Selbstunterricht. Barmen, 1843.

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Vokal endet und das unmittelbar darauf folgende mit pkl_075.002
einem Vokal (oder gar mit demselben Vokal) anfängt, pkl_075.003
(z. B. eine erbärmliche Erfahrung). Auch dies pkl_075.004
verstößt immer etwas (mehr oder weniger) gegen den pkl_075.005
Wohllaut. Die Anforderung, den Hiatus für alle Fälle pkl_075.006
zu vermeiden, wäre jedoch nur lächerlich, denn es würden pkl_075.007
dadurch Wortverstümmelungen und Satzverdrehungen pkl_075.008
nöthig, die vielmal schlimmer wären als der pkl_075.009
schlimmste Hiatus, und manche Gedanken ließen sich pkl_075.010
ohne die weitläufigsten Umschreibungen gar nicht ausdrücken; pkl_075.011
man könnte z. B. nirgend ein weibliches pkl_075.012
Hauptwort im Nominativ mit (bestimmtem oder unbestimmtem) pkl_075.013
Artikel (und mit oder ohne Adjectiv) anbringen. pkl_075.014
Und doch liest und hört man am Ende über pkl_075.015
Ausdrücke, wie "die Erscheinung," "eine prächtige Jnsel," pkl_075.016
"die herrlichste Eigenschaft" u. s. w. in der Regel pkl_075.017
leicht hinweg, ohne auch nur im mindesten den Hiatus pkl_075.018
zu empfinden. Es ist also unseres Erachtens mit dem pkl_075.019
Hiatus bei weitem nicht so gefährlich, wie Manche pkl_075.020
darzuthun sich bemüht haben. Wo man ihn aber füglich pkl_075.021
und ohne anderweitige Uebelstände vermeiden kann, pkl_075.022
da vermeide man ihn!

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(z. B. eine erbärmliche Erfahrung). Auch dies pkl_075.004
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zu vermeiden, wäre jedoch nur lächerlich, denn es würden pkl_075.007
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leicht hinweg, ohne auch nur im mindesten den Hiatus pkl_075.018
zu empfinden. Es ist also unseres Erachtens mit dem pkl_075.019
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darzuthun sich bemüht haben. Wo man ihn aber füglich pkl_075.021
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[75/0101] pkl_075.001 Vokal endet und das unmittelbar darauf folgende mit pkl_075.002 einem Vokal (oder gar mit demselben Vokal) anfängt, pkl_075.003 (z. B. eine erbärmliche Erfahrung). Auch dies pkl_075.004 verstößt immer etwas (mehr oder weniger) gegen den pkl_075.005 Wohllaut. Die Anforderung, den Hiatus für alle Fälle pkl_075.006 zu vermeiden, wäre jedoch nur lächerlich, denn es würden pkl_075.007 dadurch Wortverstümmelungen und Satzverdrehungen pkl_075.008 nöthig, die vielmal schlimmer wären als der pkl_075.009 schlimmste Hiatus, und manche Gedanken ließen sich pkl_075.010 ohne die weitläufigsten Umschreibungen gar nicht ausdrücken; pkl_075.011 man könnte z. B. nirgend ein weibliches pkl_075.012 Hauptwort im Nominativ mit (bestimmtem oder unbestimmtem) pkl_075.013 Artikel (und mit oder ohne Adjectiv) anbringen. pkl_075.014 Und doch liest und hört man am Ende über pkl_075.015 Ausdrücke, wie „die Erscheinung,“ „eine prächtige Jnsel,“ pkl_075.016 „die herrlichste Eigenschaft“ u. s. w. in der Regel pkl_075.017 leicht hinweg, ohne auch nur im mindesten den Hiatus pkl_075.018 zu empfinden. Es ist also unseres Erachtens mit dem pkl_075.019 Hiatus bei weitem nicht so gefährlich, wie Manche pkl_075.020 darzuthun sich bemüht haben. Wo man ihn aber füglich pkl_075.021 und ohne anderweitige Uebelstände vermeiden kann, pkl_075.022 da vermeide man ihn! pkl_075.023 [Abbildung]

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Zitationshilfe: Kleinpaul, Ernst: Die Lehre von den Formen und Gattungen der deutschen Dichtkunst. Für höhere Lehranstalten, so wie zum Selbstunterricht. Barmen, 1843, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleinpaul_poetik_1843/101>, abgerufen am 25.11.2024.