Es wurzelt ja so fest ihr Fuß im tiefen Meeresgrund,pkl_074.002 Jhr Haupt nur wiegt ein lieblicher Gedanke hin und her!
pkl_074.003 Platen.
pkl_074.004
§. 111. Als Zusatz zu der Lehre von den poetischen pkl_074.005 Formen sei hier noch bemerkt, daß man, auch abgesehn pkl_074.006 von Silbenwägung, Reim, Vers- und Strophenbildung, pkl_074.007 bei der Wahl und Stellung der in Gedichten zu brauchenden pkl_074.008 Wörter möglichst nach Wohllaut zu trachten pkl_074.009 hat, ohne jedoch der Richtigkeit, Genauigkeit und Natürlichkeit pkl_074.010 des Ausdrucks dadurch Eintrag zu thun. pkl_074.011 Erschöpfende Regeln in dieser Hinsicht aufzustellen, pkl_074.012 dürfte weder möglich, noch nöthig sein. Man richte pkl_074.013 nur die gehörige Aufmerksamkeit auf diesen Punkt, (d. h. pkl_074.014 auf Vokale und Consonanten, Verbindung und Aussprache pkl_074.015 aller Wörter;) in den meisten Fällen wird dann pkl_074.016 das eigene Gefühl richtig entscheiden. Es sei indeß hier pkl_074.017 noch erwähnt, daß die in §. 71 d. in Bezug auf den Reim pkl_074.018 gemachte Andeutung auch auf die nicht gereimten Wörter pkl_074.019 ausgedehnt werden kann, ferner, daß a) eine zu große pkl_074.020 Anhäufung von minder schönen Consonanten, wie s, pkl_074.021 z, t, p, ß, tz, sp u. s. w., b) der zu häufige Gebrauch pkl_074.022 des Vokals e, besonders auch des unbetonten am pkl_074.023 Schluß der Wörter, c) ebenso und noch mehr die gewaltsame pkl_074.024 Fortwerfung dieses e an Stellen, wo der pkl_074.025 Geist der Sprache die Apostrophirung nicht gestattet, pkl_074.026 und d) eine zu lange Reihe von bloß einsilbigen Wörtern, pkl_074.027 zumal solcher, deren Qualität und Betonung pkl_074.028 zweifelhaft oder unbestimmt ist, -- dem Wohllaut relativ pkl_074.029 schadet. -- Sodann haben wir schließlich noch des sogenannten pkl_074.030 Hiatus zu gedenken. Der Hiatus (die pkl_074.031 Klaffung, Gähnung) entsteht, wenn ein Wort mit einem
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Es wurzelt ja so fest ihr Fuß im tiefen Meeresgrund,pkl_074.002 Jhr Haupt nur wiegt ein lieblicher Gedanke hin und her!
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§. 111. Als Zusatz zu der Lehre von den poetischen pkl_074.005 Formen sei hier noch bemerkt, daß man, auch abgesehn pkl_074.006 von Silbenwägung, Reim, Vers- und Strophenbildung, pkl_074.007 bei der Wahl und Stellung der in Gedichten zu brauchenden pkl_074.008 Wörter möglichst nach Wohllaut zu trachten pkl_074.009 hat, ohne jedoch der Richtigkeit, Genauigkeit und Natürlichkeit pkl_074.010 des Ausdrucks dadurch Eintrag zu thun. pkl_074.011 Erschöpfende Regeln in dieser Hinsicht aufzustellen, pkl_074.012 dürfte weder möglich, noch nöthig sein. Man richte pkl_074.013 nur die gehörige Aufmerksamkeit auf diesen Punkt, (d. h. pkl_074.014 auf Vokale und Consonanten, Verbindung und Aussprache pkl_074.015 aller Wörter;) in den meisten Fällen wird dann pkl_074.016 das eigene Gefühl richtig entscheiden. Es sei indeß hier pkl_074.017 noch erwähnt, daß die in §. 71 d. in Bezug auf den Reim pkl_074.018 gemachte Andeutung auch auf die nicht gereimten Wörter pkl_074.019 ausgedehnt werden kann, ferner, daß a) eine zu große pkl_074.020 Anhäufung von minder schönen Consonanten, wie s, pkl_074.021 z, t, p, ß, tz, sp u. s. w., b) der zu häufige Gebrauch pkl_074.022 des Vokals e, besonders auch des unbetonten am pkl_074.023 Schluß der Wörter, c) ebenso und noch mehr die gewaltsame pkl_074.024 Fortwerfung dieses e an Stellen, wo der pkl_074.025 Geist der Sprache die Apostrophirung nicht gestattet, pkl_074.026 und d) eine zu lange Reihe von bloß einsilbigen Wörtern, pkl_074.027 zumal solcher, deren Qualität und Betonung pkl_074.028 zweifelhaft oder unbestimmt ist, — dem Wohllaut relativ pkl_074.029 schadet. — Sodann haben wir schließlich noch des sogenannten pkl_074.030 Hiatus zu gedenken. Der Hiatus (die pkl_074.031 Klaffung, Gähnung) entsteht, wenn ein Wort mit einem
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Es wurzelt ja so fest ihr Fuß im tiefen Meeresgrund, pkl_074.002
Jhr Haupt nur wiegt ein lieblicher Gedanke hin und her!
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§. 111. Als Zusatz zu der Lehre von den poetischen pkl_074.005
Formen sei hier noch bemerkt, daß man, auch abgesehn pkl_074.006
von Silbenwägung, Reim, Vers- und Strophenbildung, pkl_074.007
bei der Wahl und Stellung der in Gedichten zu brauchenden pkl_074.008
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Erschöpfende Regeln in dieser Hinsicht aufzustellen, pkl_074.012
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nur die gehörige Aufmerksamkeit auf diesen Punkt, (d. h. pkl_074.014
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aller Wörter;) in den meisten Fällen wird dann pkl_074.016
das eigene Gefühl richtig entscheiden. Es sei indeß hier pkl_074.017
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gemachte Andeutung auch auf die nicht gereimten Wörter pkl_074.019
ausgedehnt werden kann, ferner, daß a) eine zu große pkl_074.020
Anhäufung von minder schönen Consonanten, wie s, pkl_074.021
z, t, p, ß, tz, sp u. s. w., b) der zu häufige Gebrauch pkl_074.022
des Vokals e, besonders auch des unbetonten am pkl_074.023
Schluß der Wörter, c) ebenso und noch mehr die gewaltsame pkl_074.024
Fortwerfung dieses e an Stellen, wo der pkl_074.025
Geist der Sprache die Apostrophirung nicht gestattet, pkl_074.026
und d) eine zu lange Reihe von bloß einsilbigen Wörtern, pkl_074.027
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schadet. — Sodann haben wir schließlich noch des sogenannten pkl_074.030
Hiatus zu gedenken. Der Hiatus (die pkl_074.031
Klaffung, Gähnung) entsteht, wenn ein Wort mit einem
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Kleinpaul, Ernst: Die Lehre von den Formen und Gattungen der deutschen Dichtkunst. Für höhere Lehranstalten, so wie zum Selbstunterricht. Barmen, 1843, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kleinpaul_poetik_1843/100>, abgerufen am 16.02.2025.
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