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Klaj, Johann: Lobrede der Teutschen Poeterey. Nürnberg, 1645.

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Lobrede
Schau den bemahlten Schild in festen Händen drönen/
Den Pral/ die Löwenstimm/ das Feldgeschrey/ das Tönen
Sich wirbelt hoch hinauf bis zu der Wolken Gang/
Dem Römer wider mich wurd angst und Hasenbang.

Johan Lang/ Käiser Ferdinand des ersten Raht/ hatte ei-
nen Spanier Petrus Royzius zu Gaste/ dieser/ als er des Langen
Diener vor dem Tisch Teutsch reden hörete/ und ihm die Sprach/
deren er unkündig/ schwer und rauh vorkam/ sagte drüber: Die Teut-
schen redeten nicht/ sondern donnerten/ er glaube/ daß Gott der HErr
unsern ersten Eltern/ Adam und Even/ als er sie aus dem Paradiß ver-
stossen/ ihr Vrtheil in dieser grausamlaut enden Sprache gesprochen
habe. Wormit dieser Spanier zu verstehen geben/ daß bloß der Hall
und Schall der Teutschen Sprache dem Menschen eine Furcht einja-
gen könte. Vnd wie sonst gemeiniglich die Siegsfürsten mehr mit
ihren gelehrten Lippen als scharfen Schwertern erhalten/ gestalt dann
ein Griechischer Poet Tirteus/ der Lacedaemonier Feldherr/ ge-
than/ der war drey mal aus dem Felde geschlagen worden/ und als es
nun an dem/ daß er zum vierdten male treffen solte/ und die Regimen-
ter in voller Schlachtordnung hielten/ trat er auf und sagete vor dem
gantzen Kriegsheer seine wolausgemachte Verse her/ durch welche er
die Soldaten so behertzet gemacht/ daß sie nicht mehr üm ihr Leben/
sondern sich üm ihre Gräber bekümmerten/ auch in einer blutigen Schlacht
den Sieg erhielten. Es haben auch nachmaln die Griechischen Feldo-
bristen ihren Soldaten/ eh sie ins Treffen gangen/ diese Vermahnung
zur Dapferkeit vorgelesen/ wie Justinus im 3. Buch seiner Geschichte
bezeuget. So meldet Tacitus zu Ende des andern Buches/ daß nach
Armins Tode die Teutschen von desselben Lob und Thaten Lieder
gehabt und die gesungen/ wenn sie in Streit gezogen/ daß also/ vermit-
telst der Göttlichen Dichtkunst/ das Römische Käiserthum auf die
Teutschen gebracht worden.

Jns
Lobrede
Schau den bemahlten Schild in feſten Haͤnden droͤnen/
Den Pral/ die Loͤwenſtimm/ das Feldgeſchrey/ das Toͤnen
Sich wirbelt hoch hinauf bis zu der Wolken Gang/
Dem Roͤmer wider mich wurd angſt und Haſenbang.

Johan Lang/ Kaͤiſer Ferdinand des erſten Raht/ hatte ei-
nen Spanier Petrus Royzius zu Gaſte/ dieſer/ als er des Langen
Diener vor dem Tiſch Teutſch reden hoͤrete/ und ihm die Sprach/
deren er unkuͤndig/ ſchwer und rauh vorkam/ ſagte druͤber: Die Teut-
ſchen redeten nicht/ ſondern donnerten/ er glaube/ daß Gott der HErr
unſern erſten Eltern/ Adam und Even/ als er ſie aus dem Paradiß ver-
ſtoſſen/ ihr Vrtheil in dieſer grauſamlaut enden Sprache geſprochen
habe. Wormit dieſer Spanier zu verſtehen geben/ daß bloß der Hall
und Schall der Teutſchen Sprache dem Menſchen eine Furcht einja-
gen koͤnte. Vnd wie ſonſt gemeiniglich die Siegsfuͤrſten mehr mit
ihren gelehrten Lippen als ſcharfen Schwertern erhalten/ geſtalt dann
ein Griechiſcher Poet Tirteus/ der Lacedaemonier Feldherr/ ge-
than/ der war drey mal aus dem Felde geſchlagen worden/ und als es
nun an dem/ daß er zum vierdten male treffen ſolte/ und die Regimen-
ter in voller Schlachtordnung hielten/ trat er auf und ſagete vor dem
gantzen Kriegsheer ſeine wolausgemachte Verſe her/ durch welche er
die Soldaten ſo behertzet gemacht/ daß ſie nicht mehr uͤm ihr Leben/
ſondern ſich uͤm ihre Graͤber bekuͤm̃ertẽ/ auch in einer blutigẽ Schlacht
den Sieg erhielten. Es haben auch nachmaln die Griechiſchen Feldo-
briſten ihren Soldaten/ eh ſie ins Treffen gangen/ dieſe Vermahnung
zur Dapferkeit vorgeleſen/ wie Juſtinus im 3. Buch ſeiner Geſchichte
bezeuget. So meldet Tacitus zu Ende des andern Buches/ daß nach
Armins Tode die Teutſchen von deſſelben Lob und Thaten Lieder
gehabt und die geſungen/ wenn ſie in Streit gezogen/ daß alſo/ vermit-
telſt der Goͤttlichen Dichtkunſt/ das Roͤmiſche Kaͤiſerthum auf die
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[22/0036] Lobrede Schau den bemahlten Schild in feſten Haͤnden droͤnen/ Den Pral/ die Loͤwenſtimm/ das Feldgeſchrey/ das Toͤnen Sich wirbelt hoch hinauf bis zu der Wolken Gang/ Dem Roͤmer wider mich wurd angſt und Haſenbang. Johan Lang/ Kaͤiſer Ferdinand des erſten Raht/ hatte ei- nen Spanier Petrus Royzius zu Gaſte/ dieſer/ als er des Langen Diener vor dem Tiſch Teutſch reden hoͤrete/ und ihm die Sprach/ deren er unkuͤndig/ ſchwer und rauh vorkam/ ſagte druͤber: Die Teut- ſchen redeten nicht/ ſondern donnerten/ er glaube/ daß Gott der HErr unſern erſten Eltern/ Adam und Even/ als er ſie aus dem Paradiß ver- ſtoſſen/ ihr Vrtheil in dieſer grauſamlaut enden Sprache geſprochen habe. Wormit dieſer Spanier zu verſtehen geben/ daß bloß der Hall und Schall der Teutſchen Sprache dem Menſchen eine Furcht einja- gen koͤnte. Vnd wie ſonſt gemeiniglich die Siegsfuͤrſten mehr mit ihren gelehrten Lippen als ſcharfen Schwertern erhalten/ geſtalt dann ein Griechiſcher Poet Tirteus/ der Lacedaemonier Feldherr/ ge- than/ der war drey mal aus dem Felde geſchlagen worden/ und als es nun an dem/ daß er zum vierdten male treffen ſolte/ und die Regimen- ter in voller Schlachtordnung hielten/ trat er auf und ſagete vor dem gantzen Kriegsheer ſeine wolausgemachte Verſe her/ durch welche er die Soldaten ſo behertzet gemacht/ daß ſie nicht mehr uͤm ihr Leben/ ſondern ſich uͤm ihre Graͤber bekuͤm̃ertẽ/ auch in einer blutigẽ Schlacht den Sieg erhielten. Es haben auch nachmaln die Griechiſchen Feldo- briſten ihren Soldaten/ eh ſie ins Treffen gangen/ dieſe Vermahnung zur Dapferkeit vorgeleſen/ wie Juſtinus im 3. Buch ſeiner Geſchichte bezeuget. So meldet Tacitus zu Ende des andern Buches/ daß nach Armins Tode die Teutſchen von deſſelben Lob und Thaten Lieder gehabt und die geſungen/ wenn ſie in Streit gezogen/ daß alſo/ vermit- telſt der Goͤttlichen Dichtkunſt/ das Roͤmiſche Kaͤiſerthum auf die Teutſchen gebracht worden. Jns

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Zitationshilfe: Klaj, Johann: Lobrede der Teutschen Poeterey. Nürnberg, 1645, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klaj_lobrede_1645/36>, abgerufen am 27.04.2024.