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Kirchhoff, Auguste: Warum muß der Deutsche Verband für Frauenstimmrecht sich zum allgemeinen, gleichen, geheimen und direkten Wahlrecht bekennen? Bremen, 1912.

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Jch habe heute zu Jhnen zu sprechen über den § 3 unserer
Satzungen und seine Bedeutung für unsern Verband.

Der § 3 lautet:

Absatz 1. "Der Verband steht nicht auf dem Boden einer
bestimmten politischen Partei oder einer bestimmten Richtung der
Frauenbewegung."
Absatz 2. "Der Verband erstrebt das allgemeine, gleiche,
geheime und direkte aktive, sowie das passive Wahlrecht für die
Frauen zu den gesetzgebenden Körperschaften und den Organen
der Selbstverwaltung."

Auf Wunsch unseres Vorstandes habe ich zu meinem Referat
Leitsätze aufgestellt, die folgenden Wortlaut haben:

Leitsätze.
1. Die Aufnahme des § 3 in die Verbandssatzungen im Jahre 1907
bedeutet keineswegs eine Neuerung gegenüber dem, was bis dahin
unausgesprochen das selbstverständliche Prinzip des Ver-
bandes war. Der Wunsch, ein klares, einheitliches Programm
zu schaffen, veranlaßte den Verband, den § 3 offiziell als Grund-
lage anzuerkennen. Die Festlegung in dem heutigen Wortlaut
bedeutet also lediglich eine Formsache.
2. Es besteht kein Widerspruch zwischen dem ersten Absatz des §3:

"Der Verband steht nicht auf dem Boden einer bestimmten
politischen Partei oder einer bestimmten Richtung der Frauen-
bewegung"

und dem zweiten Absatz:

"Der Verband erstrebt das allgemeine, gleiche, geheime aktive,
sowie das passive Wahlrecht für die Frauen zu den gesetzgebenden
Körperschaften und den Organen der Selbstverwaltung."

3. Nur in Verbindung mit dem allgemeinen, gleichen, geheimen und
direkten Wahlrecht ist Frauenstimmrecht wirklich eine Forderung
der Gerechtigkeit. Ohne dieses Wahlsystem ist ein wirkliches
Frauenstimmrecht überhaupt nicht denkbar.
4. Der deutsche Verband kann sein Grundprinzip weder aufgeben noch
verschleiern, ohne sich selbst untreu zu werden.

Jch habe heute zu Jhnen zu sprechen über den § 3 unserer
Satzungen und seine Bedeutung für unsern Verband.

Der § 3 lautet:

Absatz 1. „Der Verband steht nicht auf dem Boden einer
bestimmten politischen Partei oder einer bestimmten Richtung der
Frauenbewegung.“
Absatz 2. „Der Verband erstrebt das allgemeine, gleiche,
geheime und direkte aktive, sowie das passive Wahlrecht für die
Frauen zu den gesetzgebenden Körperschaften und den Organen
der Selbstverwaltung.“

Auf Wunsch unseres Vorstandes habe ich zu meinem Referat
Leitsätze aufgestellt, die folgenden Wortlaut haben:

Leitsätze.
1. Die Aufnahme des § 3 in die Verbandssatzungen im Jahre 1907
bedeutet keineswegs eine Neuerung gegenüber dem, was bis dahin
unausgesprochen das selbstverständliche Prinzip des Ver-
bandes war. Der Wunsch, ein klares, einheitliches Programm
zu schaffen, veranlaßte den Verband, den § 3 offiziell als Grund-
lage anzuerkennen. Die Festlegung in dem heutigen Wortlaut
bedeutet also lediglich eine Formsache.
2. Es besteht kein Widerspruch zwischen dem ersten Absatz des §3:

„Der Verband steht nicht auf dem Boden einer bestimmten
politischen Partei oder einer bestimmten Richtung der Frauen-
bewegung“

und dem zweiten Absatz:

„Der Verband erstrebt das allgemeine, gleiche, geheime aktive,
sowie das passive Wahlrecht für die Frauen zu den gesetzgebenden
Körperschaften und den Organen der Selbstverwaltung.“

3. Nur in Verbindung mit dem allgemeinen, gleichen, geheimen und
direkten Wahlrecht ist Frauenstimmrecht wirklich eine Forderung
der Gerechtigkeit. Ohne dieses Wahlsystem ist ein wirkliches
Frauenstimmrecht überhaupt nicht denkbar.
4. Der deutsche Verband kann sein Grundprinzip weder aufgeben noch
verschleiern, ohne sich selbst untreu zu werden.
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[3/0003] Jch habe heute zu Jhnen zu sprechen über den § 3 unserer Satzungen und seine Bedeutung für unsern Verband. Der § 3 lautet: Absatz 1. „Der Verband steht nicht auf dem Boden einer bestimmten politischen Partei oder einer bestimmten Richtung der Frauenbewegung.“ Absatz 2. „Der Verband erstrebt das allgemeine, gleiche, geheime und direkte aktive, sowie das passive Wahlrecht für die Frauen zu den gesetzgebenden Körperschaften und den Organen der Selbstverwaltung.“ Auf Wunsch unseres Vorstandes habe ich zu meinem Referat Leitsätze aufgestellt, die folgenden Wortlaut haben: Leitsätze. 1. Die Aufnahme des § 3 in die Verbandssatzungen im Jahre 1907 bedeutet keineswegs eine Neuerung gegenüber dem, was bis dahin unausgesprochen das selbstverständliche Prinzip des Ver- bandes war. Der Wunsch, ein klares, einheitliches Programm zu schaffen, veranlaßte den Verband, den § 3 offiziell als Grund- lage anzuerkennen. Die Festlegung in dem heutigen Wortlaut bedeutet also lediglich eine Formsache. 2. Es besteht kein Widerspruch zwischen dem ersten Absatz des §3: „Der Verband steht nicht auf dem Boden einer bestimmten politischen Partei oder einer bestimmten Richtung der Frauen- bewegung“ und dem zweiten Absatz: „Der Verband erstrebt das allgemeine, gleiche, geheime aktive, sowie das passive Wahlrecht für die Frauen zu den gesetzgebenden Körperschaften und den Organen der Selbstverwaltung.“ 3. Nur in Verbindung mit dem allgemeinen, gleichen, geheimen und direkten Wahlrecht ist Frauenstimmrecht wirklich eine Forderung der Gerechtigkeit. Ohne dieses Wahlsystem ist ein wirkliches Frauenstimmrecht überhaupt nicht denkbar. 4. Der deutsche Verband kann sein Grundprinzip weder aufgeben noch verschleiern, ohne sich selbst untreu zu werden.

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Zitationshilfe: Kirchhoff, Auguste: Warum muß der Deutsche Verband für Frauenstimmrecht sich zum allgemeinen, gleichen, geheimen und direkten Wahlrecht bekennen? Bremen, 1912, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kirchhoff_frauenstimmrecht_1912/3>, abgerufen am 28.03.2024.