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Kinkel, Johanna: Musikalische Orthodoxie. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 17. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 99–171. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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rief sie und hielt beide Hände vor die Augen. Wie können Sie ein solches Wort aussprechen? Der Gedanke hat auch nie von fern meine Seele berührt.

Ach was! Ueberspanntes Zeug, wie immer! Der einzig vernünftige Abschluß einer Liebschaft ist die Heirath. Sieht man die nicht als Ziel winken, so bricht ein vernünftiges Mädchen den Umgang ab, ehe er ihrem Rufe geschadet hat. Doch lassen Sie hören, was denn Ihr vortrefflicher, weiser und väterlicher Freund heute für Sie ausgesonnen hat.

Ida berichtete unbefangen den Vorschlag Selvar's, und Frau Werl brach in ein lautes Gelächter aus.

Also das ist der große Beweis von Verehrung, den Sie von ihm erhalten haben. Nun, mit den Folgerungen, die das Publicum aus dieser Hausgenossenschaft machen würde, will ich Sie verschonen. Aber sehen Sie denn nicht den bloßen Egoismus aus der Zumuthung heraus, daß Sie das Amt der Hauskünstlerin versehen sollen, die Klavier spielt, wenn langweilige Gesellschaft da ist, damit man die Pausen nicht hört, die im Gespräch eintreten; oder die die Familie amüsirt, wenn man nicht bei Laune war auszugehen; die bei Geburtsfesten passende Melodiken unter Dilettantengedichte bringt und im Theater die Lieblingsarien aus den neuen Opern auswendig behält und sogleich zwischen dem Souper reproducirt?

Alles dies wäre für einen Mann von Selvar's Bildung ein überflüssiger Zeitvertreib. Ihm steht ja

rief sie und hielt beide Hände vor die Augen. Wie können Sie ein solches Wort aussprechen? Der Gedanke hat auch nie von fern meine Seele berührt.

Ach was! Ueberspanntes Zeug, wie immer! Der einzig vernünftige Abschluß einer Liebschaft ist die Heirath. Sieht man die nicht als Ziel winken, so bricht ein vernünftiges Mädchen den Umgang ab, ehe er ihrem Rufe geschadet hat. Doch lassen Sie hören, was denn Ihr vortrefflicher, weiser und väterlicher Freund heute für Sie ausgesonnen hat.

Ida berichtete unbefangen den Vorschlag Selvar's, und Frau Werl brach in ein lautes Gelächter aus.

Also das ist der große Beweis von Verehrung, den Sie von ihm erhalten haben. Nun, mit den Folgerungen, die das Publicum aus dieser Hausgenossenschaft machen würde, will ich Sie verschonen. Aber sehen Sie denn nicht den bloßen Egoismus aus der Zumuthung heraus, daß Sie das Amt der Hauskünstlerin versehen sollen, die Klavier spielt, wenn langweilige Gesellschaft da ist, damit man die Pausen nicht hört, die im Gespräch eintreten; oder die die Familie amüsirt, wenn man nicht bei Laune war auszugehen; die bei Geburtsfesten passende Melodiken unter Dilettantengedichte bringt und im Theater die Lieblingsarien aus den neuen Opern auswendig behält und sogleich zwischen dem Souper reproducirt?

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[0033] rief sie und hielt beide Hände vor die Augen. Wie können Sie ein solches Wort aussprechen? Der Gedanke hat auch nie von fern meine Seele berührt. Ach was! Ueberspanntes Zeug, wie immer! Der einzig vernünftige Abschluß einer Liebschaft ist die Heirath. Sieht man die nicht als Ziel winken, so bricht ein vernünftiges Mädchen den Umgang ab, ehe er ihrem Rufe geschadet hat. Doch lassen Sie hören, was denn Ihr vortrefflicher, weiser und väterlicher Freund heute für Sie ausgesonnen hat. Ida berichtete unbefangen den Vorschlag Selvar's, und Frau Werl brach in ein lautes Gelächter aus. Also das ist der große Beweis von Verehrung, den Sie von ihm erhalten haben. Nun, mit den Folgerungen, die das Publicum aus dieser Hausgenossenschaft machen würde, will ich Sie verschonen. Aber sehen Sie denn nicht den bloßen Egoismus aus der Zumuthung heraus, daß Sie das Amt der Hauskünstlerin versehen sollen, die Klavier spielt, wenn langweilige Gesellschaft da ist, damit man die Pausen nicht hört, die im Gespräch eintreten; oder die die Familie amüsirt, wenn man nicht bei Laune war auszugehen; die bei Geburtsfesten passende Melodiken unter Dilettantengedichte bringt und im Theater die Lieblingsarien aus den neuen Opern auswendig behält und sogleich zwischen dem Souper reproducirt? Alles dies wäre für einen Mann von Selvar's Bildung ein überflüssiger Zeitvertreib. Ihm steht ja

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T13:10:50Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T13:10:50Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Kinkel, Johanna: Musikalische Orthodoxie. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 17. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 99–171. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kinkel_orthodoxie_1910/33>, abgerufen am 23.11.2024.