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Kinkel, Gottfried: Margret. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 199–262. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Vergehen (denn so erschien es ihrer reinen Seele) abgebüßt durch den Schmerz, daß ihr Vater ins Grab gegangen war mit einer besseren Meinung von ihr, als sie es verdiente. An Nikola's Treue zu zweifeln kam ihr gar nicht in den Sinn.

Aber auch die kleine Schuld fordert oft eine große Buße ein. Nach zwei Monaten wurde Nikola vor die Untersuchungskommission gefordert, um sich zum preußischen Militärdienst zu stellen. Als einziger Sohn und Stütze seines alten Vaters war er bereits zweimal zurückgestellt worden und hatte auch jetzt die allersicherste Aussicht vollständig freizukommen. Lustig zog er eines Morgens mit den übrigen Burschen seines Zuges nach einer nahen Stadt aus und nahm lachend von Margret Abschied.

Nun aber war von den höheren militärischen Behörden vor Kurzem Unterschleif bei den Aushebungen bemerkt worden. Einige Regimentsärzte, welche, der Bestechung zugänglich, begüterten Bauersöhnen unredliche Untauglichkeitsscheine ausgestellt hatten, mußten ihre Stellen räumen, größere Strenge und Gleichmäßigkeit des Verfahrens gegen Arm und Reich wurde den Untersuchungskommissionen von neuem eingeschärft. Nikola hatte die Sache zu leicht genommen; die frühern Gründe der Zurückstellung ließ man nicht mehr gelten, man fand, daß er zwar keinen Bruder, aber zwei tüchtige, gesunde, junge Schwäger habe, die dem alten Schultheißen mittlerweil schon in der Wirthschaft durch-

Vergehen (denn so erschien es ihrer reinen Seele) abgebüßt durch den Schmerz, daß ihr Vater ins Grab gegangen war mit einer besseren Meinung von ihr, als sie es verdiente. An Nikola's Treue zu zweifeln kam ihr gar nicht in den Sinn.

Aber auch die kleine Schuld fordert oft eine große Buße ein. Nach zwei Monaten wurde Nikola vor die Untersuchungskommission gefordert, um sich zum preußischen Militärdienst zu stellen. Als einziger Sohn und Stütze seines alten Vaters war er bereits zweimal zurückgestellt worden und hatte auch jetzt die allersicherste Aussicht vollständig freizukommen. Lustig zog er eines Morgens mit den übrigen Burschen seines Zuges nach einer nahen Stadt aus und nahm lachend von Margret Abschied.

Nun aber war von den höheren militärischen Behörden vor Kurzem Unterschleif bei den Aushebungen bemerkt worden. Einige Regimentsärzte, welche, der Bestechung zugänglich, begüterten Bauersöhnen unredliche Untauglichkeitsscheine ausgestellt hatten, mußten ihre Stellen räumen, größere Strenge und Gleichmäßigkeit des Verfahrens gegen Arm und Reich wurde den Untersuchungskommissionen von neuem eingeschärft. Nikola hatte die Sache zu leicht genommen; die frühern Gründe der Zurückstellung ließ man nicht mehr gelten, man fand, daß er zwar keinen Bruder, aber zwei tüchtige, gesunde, junge Schwäger habe, die dem alten Schultheißen mittlerweil schon in der Wirthschaft durch-

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[0030] Vergehen (denn so erschien es ihrer reinen Seele) abgebüßt durch den Schmerz, daß ihr Vater ins Grab gegangen war mit einer besseren Meinung von ihr, als sie es verdiente. An Nikola's Treue zu zweifeln kam ihr gar nicht in den Sinn. Aber auch die kleine Schuld fordert oft eine große Buße ein. Nach zwei Monaten wurde Nikola vor die Untersuchungskommission gefordert, um sich zum preußischen Militärdienst zu stellen. Als einziger Sohn und Stütze seines alten Vaters war er bereits zweimal zurückgestellt worden und hatte auch jetzt die allersicherste Aussicht vollständig freizukommen. Lustig zog er eines Morgens mit den übrigen Burschen seines Zuges nach einer nahen Stadt aus und nahm lachend von Margret Abschied. Nun aber war von den höheren militärischen Behörden vor Kurzem Unterschleif bei den Aushebungen bemerkt worden. Einige Regimentsärzte, welche, der Bestechung zugänglich, begüterten Bauersöhnen unredliche Untauglichkeitsscheine ausgestellt hatten, mußten ihre Stellen räumen, größere Strenge und Gleichmäßigkeit des Verfahrens gegen Arm und Reich wurde den Untersuchungskommissionen von neuem eingeschärft. Nikola hatte die Sache zu leicht genommen; die frühern Gründe der Zurückstellung ließ man nicht mehr gelten, man fand, daß er zwar keinen Bruder, aber zwei tüchtige, gesunde, junge Schwäger habe, die dem alten Schultheißen mittlerweil schon in der Wirthschaft durch-

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T12:40:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T12:40:10Z)

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Zitationshilfe: Kinkel, Gottfried: Margret. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 4. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 199–262. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kinkel_margret_1910/30>, abgerufen am 23.11.2024.