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Kerner, Justinus: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826.

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Und ihr Mund -- weit steht er offen,
Doch kein Wörtlein aus ihm geht,
Gottes Zorn hat sie getroffen,
Jeder wie ein Steinbild steht,
Grau die Haare, bleich die Wangen.
Wahnsinn hat ihr Haupt befangen.
Ausgetrocknet zu Gerippen
Sitzen in des Wahnsinns Haus
Nun die vier, -- von ihren Lippen
Gehet keine Rede aus,
Sitzen einander gegenüber
Blickend immer holer, trüber.
Doch schlägt Mitternacht die Stunde,
Sträubet sich ihr Haar empor,
Und dann tönt aus ihrem Munde
Jedesmal in dumpfem Chor:
Dies irae dies illa
Solvet secla in favilla.

Und ihr Mund — weit ſteht er offen,
Doch kein Woͤrtlein aus ihm geht,
Gottes Zorn hat ſie getroffen,
Jeder wie ein Steinbild ſteht,
Grau die Haare, bleich die Wangen.
Wahnſinn hat ihr Haupt befangen.
Ausgetrocknet zu Gerippen
Sitzen in des Wahnſinns Haus
Nun die vier, — von ihren Lippen
Gehet keine Rede aus,
Sitzen einander gegenuͤber
Blickend immer holer, truͤber.
Doch ſchlaͤgt Mitternacht die Stunde,
Straͤubet ſich ihr Haar empor,
Und dann toͤnt aus ihrem Munde
Jedesmal in dumpfem Chor:
Dies irae dies illa
Solvet secla in favilla.

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[10/0022] Und ihr Mund — weit ſteht er offen, Doch kein Woͤrtlein aus ihm geht, Gottes Zorn hat ſie getroffen, Jeder wie ein Steinbild ſteht, Grau die Haare, bleich die Wangen. Wahnſinn hat ihr Haupt befangen. Ausgetrocknet zu Gerippen Sitzen in des Wahnſinns Haus Nun die vier, — von ihren Lippen Gehet keine Rede aus, Sitzen einander gegenuͤber Blickend immer holer, truͤber. Doch ſchlaͤgt Mitternacht die Stunde, Straͤubet ſich ihr Haar empor, Und dann toͤnt aus ihrem Munde Jedesmal in dumpfem Chor: Dies irae dies illa Solvet secla in favilla.

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Zitationshilfe: Kerner, Justinus: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kerner_gedichte_1826/22>, abgerufen am 20.04.2024.