Kerner, Justinus: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826.An das Herz im Frühling. Es wollen Vögel wieder singen, Es wollen Blumen wieder blüh'n, Mein Herz! kannst du dich nicht bezwingen, Nur einmal noch der Lust erglühn? Was nimmer Leben durfte hoffen, O sieh! das blickt jetzt frisch hinauf, Hat dich so sehr ein Frost getroffen, Daß du dich nimmer richtest auf? Es schafft, es klopft, es möcht sich heben, Doch kann es nicht, es ist zu krank! So schafft, so klopft, man hört's mit Beben, Im Sarge der Scheintodte bang. Dann kommen eilend seine Lieben, Befrei'n ihn aus des Grabes Graus. Du Herz aus dieser Brust, der trüben, Kommst du ach! nimmermehr heraus!! J. Kerners Gedichte. 12
An das Herz im Fruͤhling. Es wollen Voͤgel wieder ſingen, Es wollen Blumen wieder bluͤh'n, Mein Herz! kannſt du dich nicht bezwingen, Nur einmal noch der Luſt ergluͤhn? Was nimmer Leben durfte hoffen, O ſieh! das blickt jetzt friſch hinauf, Hat dich ſo ſehr ein Froſt getroffen, Daß du dich nimmer richteſt auf? Es ſchafft, es klopft, es moͤcht ſich heben, Doch kann es nicht, es iſt zu krank! So ſchafft, ſo klopft, man hoͤrt's mit Beben, Im Sarge der Scheintodte bang. Dann kommen eilend ſeine Lieben, Befrei'n ihn aus des Grabes Graus. Du Herz aus dieſer Bruſt, der truͤben, Kommſt du ach! nimmermehr heraus!! J. Kerners Gedichte. 12
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An das Herz im Fruͤhling.
Es wollen Voͤgel wieder ſingen,
Es wollen Blumen wieder bluͤh'n,
Mein Herz! kannſt du dich nicht bezwingen,
Nur einmal noch der Luſt ergluͤhn?
Was nimmer Leben durfte hoffen,
O ſieh! das blickt jetzt friſch hinauf,
Hat dich ſo ſehr ein Froſt getroffen,
Daß du dich nimmer richteſt auf?
Es ſchafft, es klopft, es moͤcht ſich heben,
Doch kann es nicht, es iſt zu krank!
So ſchafft, ſo klopft, man hoͤrt's mit Beben,
Im Sarge der Scheintodte bang.
Dann kommen eilend ſeine Lieben,
Befrei'n ihn aus des Grabes Graus.
Du Herz aus dieſer Bruſt, der truͤben,
Kommſt du ach! nimmermehr heraus!!
J. Kerners Gedichte. 12
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Zitationshilfe: | Kerner, Justinus: Gedichte. Stuttgart u. a., 1826, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kerner_gedichte_1826/189>, abgerufen am 16.07.2024. |