will ich auch ein wenig kommen und euch Garben aufge- ben. Seyd ihr mit euren Garben fertig? He!" -- Das Mädchen gab ihm keine Antwort: denn er konnte wohl seine Stimme verstellen, aber seine Gestalt nicht so, daß sie nicht den schwarzen Mönch in ihm erkannte, der nun auch wie- der verschwand. Wie er aber gesagt, so half Nachbar Hansel (in wirklicher Person) ihr noch an diesem Abend Garben aufgeben, ohne zu wissen, daß sich der Schwarze Nachmit- tags für seine Person am Waldbrunnen ausgegeben und jenes Versprechen in seinem Namen gemacht.
Am 12. July ein Viertel auf eilf Uhr erschien ihr wieder die weiße Frauengestalt. Sie fing zu beten an: "O Jesu, wann soll ich erlöset doch werden!" Dann sagte sie: "Du vermehrest meine Unruhe! Halte dich standhaft gegen die Anfechtungen des Bösen! Antworte ihm doch ja nie! Hät- test du ihm eine Antwort gegeben, nur ein Ja gesagt, wäre das Haus plötzlich in Flammen gestanden: denn er ist es, der es schon mehrmals durch Feuer verdorben hätte, hätte nicht ich entgegen gestrebt. Er wird dich immer mehr äng- stigen, aber antworte ihm nie, spreche gegen ihn nie ein Wort!" -- Sie sagte ihr hierauf auch, sie wolle ihr die Stelle zeigen, wo vormals das Nonnenkloster gestanden. Sie führte sie nun eine Strecke durch das Dorf und gab ihr da die Stelle an.
Am 15. July Morgens, als sie ganz allein in der Stube war, kam der Schwarze zu ihr in Gestalt eines Bären und sagte: "Nun hab' ich's getroffen, daß ich dich allein habe! Gieb mir Antwort! Geld gebe ich dir genug! War- um gabst du Jener (der Geistin) sogleich Antwort und die versprach dir kein Geld? Was hast du denn bey deinem erbärmlichen Leben? Nichts hast als Müh und Last vom früh- sten Morgen bis in die späte Nacht, Stallkehren, Viehmel- ken, Mähen, Dreschen. Nur eine Antwort und du bist reich und darfst dich um all den Plunder dein Leben lang nicht mehr kümmern! Nur eine Antwort und ich plage dich nicht mehr, und jene Schachtelgret, die dir doch nur vorlügt
will ich auch ein wenig kommen und euch Garben aufge- ben. Seyd ihr mit euren Garben fertig? He!“ — Das Mädchen gab ihm keine Antwort: denn er konnte wohl ſeine Stimme verſtellen, aber ſeine Geſtalt nicht ſo, daß ſie nicht den ſchwarzen Mönch in ihm erkannte, der nun auch wie- der verſchwand. Wie er aber geſagt, ſo half Nachbar Hanſel (in wirklicher Perſon) ihr noch an dieſem Abend Garben aufgeben, ohne zu wiſſen, daß ſich der Schwarze Nachmit- tags für ſeine Perſon am Waldbrunnen ausgegeben und jenes Verſprechen in ſeinem Namen gemacht.
Am 12. July ein Viertel auf eilf Uhr erſchien ihr wieder die weiße Frauengeſtalt. Sie fing zu beten an: „O Jeſu, wann ſoll ich erlöſet doch werden!“ Dann ſagte ſie: „Du vermehreſt meine Unruhe! Halte dich ſtandhaft gegen die Anfechtungen des Böſen! Antworte ihm doch ja nie! Hät- teſt du ihm eine Antwort gegeben, nur ein Ja geſagt, wäre das Haus plötzlich in Flammen geſtanden: denn er iſt es, der es ſchon mehrmals durch Feuer verdorben hätte, hätte nicht ich entgegen geſtrebt. Er wird dich immer mehr äng- ſtigen, aber antworte ihm nie, ſpreche gegen ihn nie ein Wort!“ — Sie ſagte ihr hierauf auch, ſie wolle ihr die Stelle zeigen, wo vormals das Nonnenkloſter geſtanden. Sie führte ſie nun eine Strecke durch das Dorf und gab ihr da die Stelle an.
Am 15. July Morgens, als ſie ganz allein in der Stube war, kam der Schwarze zu ihr in Geſtalt eines Bären und ſagte: „Nun hab’ ich’s getroffen, daß ich dich allein habe! Gieb mir Antwort! Geld gebe ich dir genug! War- um gabſt du Jener (der Geiſtin) ſogleich Antwort und die verſprach dir kein Geld? Was haſt du denn bey deinem erbärmlichen Leben? Nichts haſt als Müh und Laſt vom früh- ſten Morgen bis in die ſpäte Nacht, Stallkehren, Viehmel- ken, Mähen, Dreſchen. Nur eine Antwort und du biſt reich und darfſt dich um all den Plunder dein Leben lang nicht mehr kümmern! Nur eine Antwort und ich plage dich nicht mehr, und jene Schachtelgret, die dir doch nur vorlügt
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will ich auch ein wenig kommen und euch Garben aufge-
ben. Seyd ihr mit euren Garben fertig? He!“ — Das
Mädchen gab ihm keine Antwort: denn er konnte wohl ſeine
Stimme verſtellen, aber ſeine Geſtalt nicht ſo, daß ſie nicht
den ſchwarzen Mönch in ihm erkannte, der nun auch wie-
der verſchwand. Wie er aber geſagt, ſo half Nachbar Hanſel
(in wirklicher Perſon) ihr noch an dieſem Abend Garben
aufgeben, ohne zu wiſſen, daß ſich der Schwarze Nachmit-
tags für ſeine Perſon am Waldbrunnen ausgegeben und
jenes Verſprechen in ſeinem Namen gemacht.
Am 12. July ein Viertel auf eilf Uhr erſchien ihr wieder die
weiße Frauengeſtalt. Sie fing zu beten an: „O Jeſu,
wann ſoll ich erlöſet doch werden!“ Dann ſagte ſie: „Du
vermehreſt meine Unruhe! Halte dich ſtandhaft gegen die
Anfechtungen des Böſen! Antworte ihm doch ja nie! Hät-
teſt du ihm eine Antwort gegeben, nur ein Ja geſagt, wäre
das Haus plötzlich in Flammen geſtanden: denn er iſt es,
der es ſchon mehrmals durch Feuer verdorben hätte, hätte
nicht ich entgegen geſtrebt. Er wird dich immer mehr äng-
ſtigen, aber antworte ihm nie, ſpreche gegen ihn nie ein
Wort!“ — Sie ſagte ihr hierauf auch, ſie wolle ihr die
Stelle zeigen, wo vormals das Nonnenkloſter geſtanden.
Sie führte ſie nun eine Strecke durch das Dorf und gab
ihr da die Stelle an.
Am 15. July Morgens, als ſie ganz allein in der Stube
war, kam der Schwarze zu ihr in Geſtalt eines Bären
und ſagte: „Nun hab’ ich’s getroffen, daß ich dich allein
habe! Gieb mir Antwort! Geld gebe ich dir genug! War-
um gabſt du Jener (der Geiſtin) ſogleich Antwort und
die verſprach dir kein Geld? Was haſt du denn bey deinem
erbärmlichen Leben? Nichts haſt als Müh und Laſt vom früh-
ſten Morgen bis in die ſpäte Nacht, Stallkehren, Viehmel-
ken, Mähen, Dreſchen. Nur eine Antwort und du biſt reich
und darfſt dich um all den Plunder dein Leben lang nicht
mehr kümmern! Nur eine Antwort und ich plage dich nicht
mehr, und jene Schachtelgret, die dir doch nur vorlügt
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Kerner, Justinus: Geschichten Besessener neuerer Zeit. Karlsruhe, 1834, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kerner_besessene_1834/46>, abgerufen am 06.07.2024.
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