Zeit der Apostel lebte, sagte, ohne Furcht Christo und seinen Aposteln zu widersprechen, ausdrücklich: daß die von den Seelen der Verstorbenen angegriffenen und niedergeworfenen Personen von Jedermann Dämonische und Unsinnige genannt würden, und er beweist eben aus diesem Zustand der Be- sessenen (daß er nämlich denselben der Besitzung von ver- storbenen Seelen zuschreibt), daß die Seele nach dem Tode übrig bleibe.
Philostratus erzählt (wie schon oben angeführt) in seinem Leben des Apollonius Tyanus, der ein Zeitgenosse von Christo war, daß ein Dämon, der einen jungen Mann besessen hatte, selbst bekannt habe, daß er ein Geist von einer in der Schlacht umgekommenen Person sey, und be- sonders verstand man unter Dämonen auch Geister solcher böser Menschen, die einen gewaltsamen Tod erlitten hatten. --
Aus genauer Untersuchung aller Stellen im neuen Testa- mente, in welchen Dämonen vorkommen, können wir sicher schließen, daß in denselben nie der Teufel und seine Engel verstanden werden, am wenigsten in den Schriften Pauli. Im Gegentheil sind alle Beweise da, daß er und die andern Apostel darunter Geister verstorbener Menschen verstehen, und sie gebrauchen dieses Wort bald in einem guten, bald in einem bösen Sinne, gerade wie es die Alten machten, und auf die auffallendste Weise stimmen auch mehrere der Geschichten der neuesten Besessenen damit überein, die gewiß, wären ihre Geister nur eine fixe Idee, sie auch nach der allgemeinen Meinung für Teufel, aber nicht, ganz gegen ihren und den herrschenden Glauben, für Geister verstor- bener böser Menschen ausgegeben hätten: denn Hugo Far- mers Meinung von dieser Sache ist ihnen wohl so unbe- kannt geblieben, als die von Josephus, Justinus Martyr, Philostratus und Anderen.
Ich sagte auch einmal zu einer der Besessenen in ihrem gewöhnlichen Zustande: die Dämonen in den Besessenen der Bibel hätten sich für keine Seelen verstorbener Menschen ausgegeben, das aber thue, wie man ihr schon gesagt haben
Zeit der Apoſtel lebte, ſagte, ohne Furcht Chriſto und ſeinen Apoſteln zu widerſprechen, ausdrücklich: daß die von den Seelen der Verſtorbenen angegriffenen und niedergeworfenen Perſonen von Jedermann Dämoniſche und Unſinnige genannt würden, und er beweist eben aus dieſem Zuſtand der Be- ſeſſenen (daß er nämlich denſelben der Beſitzung von ver- ſtorbenen Seelen zuſchreibt), daß die Seele nach dem Tode übrig bleibe.
Philoſtratus erzählt (wie ſchon oben angeführt) in ſeinem Leben des Apollonius Tyanus, der ein Zeitgenoſſe von Chriſto war, daß ein Dämon, der einen jungen Mann beſeſſen hatte, ſelbſt bekannt habe, daß er ein Geiſt von einer in der Schlacht umgekommenen Perſon ſey, und be- ſonders verſtand man unter Dämonen auch Geiſter ſolcher böſer Menſchen, die einen gewaltſamen Tod erlitten hatten. —
Aus genauer Unterſuchung aller Stellen im neuen Teſta- mente, in welchen Dämonen vorkommen, können wir ſicher ſchließen, daß in denſelben nie der Teufel und ſeine Engel verſtanden werden, am wenigſten in den Schriften Pauli. Im Gegentheil ſind alle Beweiſe da, daß er und die andern Apoſtel darunter Geiſter verſtorbener Menſchen verſtehen, und ſie gebrauchen dieſes Wort bald in einem guten, bald in einem böſen Sinne, gerade wie es die Alten machten, und auf die auffallendſte Weiſe ſtimmen auch mehrere der Geſchichten der neueſten Beſeſſenen damit überein, die gewiß, wären ihre Geiſter nur eine fixe Idee, ſie auch nach der allgemeinen Meinung für Teufel, aber nicht, ganz gegen ihren und den herrſchenden Glauben, für Geiſter verſtor- bener böſer Menſchen ausgegeben hätten: denn Hugo Far- mers Meinung von dieſer Sache iſt ihnen wohl ſo unbe- kannt geblieben, als die von Joſephus, Juſtinus Martyr, Philoſtratus und Anderen.
Ich ſagte auch einmal zu einer der Beſeſſenen in ihrem gewöhnlichen Zuſtande: die Dämonen in den Beſeſſenen der Bibel hätten ſich für keine Seelen verſtorbener Menſchen ausgegeben, das aber thue, wie man ihr ſchon geſagt haben
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Zeit der Apoſtel lebte, ſagte, ohne Furcht Chriſto und ſeinen
Apoſteln zu widerſprechen, ausdrücklich: daß die von den
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Perſonen von Jedermann Dämoniſche und Unſinnige genannt
würden, und er beweist eben aus dieſem Zuſtand der Be-
ſeſſenen (daß er nämlich denſelben der Beſitzung von ver-
ſtorbenen Seelen zuſchreibt), daß die Seele nach dem Tode
übrig bleibe.
Philoſtratus erzählt (wie ſchon oben angeführt) in
ſeinem Leben des Apollonius Tyanus, der ein Zeitgenoſſe
von Chriſto war, daß ein Dämon, der einen jungen Mann
beſeſſen hatte, ſelbſt bekannt habe, daß er ein Geiſt von
einer in der Schlacht umgekommenen Perſon ſey, und be-
ſonders verſtand man unter Dämonen auch Geiſter ſolcher
böſer Menſchen, die einen gewaltſamen Tod erlitten hatten. —
Aus genauer Unterſuchung aller Stellen im neuen Teſta-
mente, in welchen Dämonen vorkommen, können wir ſicher
ſchließen, daß in denſelben nie der Teufel und ſeine Engel
verſtanden werden, am wenigſten in den Schriften Pauli.
Im Gegentheil ſind alle Beweiſe da, daß er und die andern
Apoſtel darunter Geiſter verſtorbener Menſchen verſtehen,
und ſie gebrauchen dieſes Wort bald in einem guten, bald
in einem böſen Sinne, gerade wie es die Alten machten,
und auf die auffallendſte Weiſe ſtimmen auch mehrere der
Geſchichten der neueſten Beſeſſenen damit überein, die gewiß,
wären ihre Geiſter nur eine fixe Idee, ſie auch nach der
allgemeinen Meinung für Teufel, aber nicht, ganz gegen
ihren und den herrſchenden Glauben, für Geiſter verſtor-
bener böſer Menſchen ausgegeben hätten: denn Hugo Far-
mers Meinung von dieſer Sache iſt ihnen wohl ſo unbe-
kannt geblieben, als die von Joſephus, Juſtinus Martyr,
Philoſtratus und Anderen.
Ich ſagte auch einmal zu einer der Beſeſſenen in ihrem
gewöhnlichen Zuſtande: die Dämonen in den Beſeſſenen der
Bibel hätten ſich für keine Seelen verſtorbener Menſchen
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Kerner, Justinus: Geschichten Besessener neuerer Zeit. Karlsruhe, 1834, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kerner_besessene_1834/29>, abgerufen am 06.07.2024.
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