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Kerner, Justinus: Geschichten Besessener neuerer Zeit. Karlsruhe, 1834.

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hat, durch sich selbst den Menschen zu schaden. Daher
nennt das Evangelium den Satan gewöhnlich nur den Ver-
sucher und Verführer, nicht den Thäter und Verbrecher
selbst. Er bedarf nothwendig eines menschlichen Wil-
lens
, um Uebels in der Welt zu stiften; er bedarf eines
Organs, wodurch seine atomistische Kraft mit der mensch-
lichen Natur vermittelt wird. Viele Menschen dienen ihm
zwar unwillkührlich und unbewußt dadurch, daß
er ihre Leidenschaften aufreizt und sie nach und nach an
den Rand des Abgrunds führt, aber dabey bleibt seine
Herrschaft immer noch ungewiß, weil ein einziger Wurf
des Schicksals ihm diese Menschen wieder entreißen und
vom Verderben retten kann, was unzählige Male in der
Welt geschieht.

Bekommt er aber Menschen in seine Gewalt, die aus
eigenem Antrieb und aus innerer Lust
die Werke
der Finsterniß lieben und suchen, wie Judas Ischa-
rioth
, die sich an ihn verkaufen, einen freywilligen Bund
mit ihm eingehen und ihm ihren Willen unbedingt zum Ge-
horsam leihen, dann erst ist seine Herrschaft gesichert, und
dann erst vermögen die Kräfte der Unnatur in die Welt
hereinzuwirken. Aber wehe diesen Menschen! Man kann
von ihnen sagen, was Christus vom Ischarioth sagt:
"Es wäre ihnen besser, sie wären nie geboren."

Aus diesen Sätzen ergibt sich, daß der böse Wille
des Menschen sich mit der magischen Kraft des
Satans verbinden müsse, wenn es zu Werken
der Verzauberung kommen soll
.

Was nun die Erscheinungen des Zaubers betrifft, die
sich in den Volkssagen, mit vielem Unsinn vermischt, seit
vielen Jahrhunderten fortpflanzen, und die ich hier nicht
speciell berühre, so läßt sich ein großer Theil davon auf
die Macht reduziren, "sich überall hin versetzen zu
können, entweder auf unsichtbare Weise oder un-
ter den dem Menschen ungewöhnlichen Formen
."

hat, durch ſich ſelbſt den Menſchen zu ſchaden. Daher
nennt das Evangelium den Satan gewöhnlich nur den Ver-
ſucher und Verführer, nicht den Thäter und Verbrecher
ſelbſt. Er bedarf nothwendig eines menſchlichen Wil-
lens
, um Uebels in der Welt zu ſtiften; er bedarf eines
Organs, wodurch ſeine atomiſtiſche Kraft mit der menſch-
lichen Natur vermittelt wird. Viele Menſchen dienen ihm
zwar unwillkührlich und unbewußt dadurch, daß
er ihre Leidenſchaften aufreizt und ſie nach und nach an
den Rand des Abgrunds führt, aber dabey bleibt ſeine
Herrſchaft immer noch ungewiß, weil ein einziger Wurf
des Schickſals ihm dieſe Menſchen wieder entreißen und
vom Verderben retten kann, was unzählige Male in der
Welt geſchieht.

Bekommt er aber Menſchen in ſeine Gewalt, die aus
eigenem Antrieb und aus innerer Luſt
die Werke
der Finſterniß lieben und ſuchen, wie Judas Iſcha-
rioth
, die ſich an ihn verkaufen, einen freywilligen Bund
mit ihm eingehen und ihm ihren Willen unbedingt zum Ge-
horſam leihen, dann erſt iſt ſeine Herrſchaft geſichert, und
dann erſt vermögen die Kräfte der Unnatur in die Welt
hereinzuwirken. Aber wehe dieſen Menſchen! Man kann
von ihnen ſagen, was Chriſtus vom Iſcharioth ſagt:
„Es wäre ihnen beſſer, ſie wären nie geboren.“

Aus dieſen Sätzen ergibt ſich, daß der böſe Wille
des Menſchen ſich mit der magiſchen Kraft des
Satans verbinden müſſe, wenn es zu Werken
der Verzauberung kommen ſoll
.

Was nun die Erſcheinungen des Zaubers betrifft, die
ſich in den Volksſagen, mit vielem Unſinn vermiſcht, ſeit
vielen Jahrhunderten fortpflanzen, und die ich hier nicht
ſpeciell berühre, ſo läßt ſich ein großer Theil davon auf
die Macht reduziren, „ſich überall hin verſetzen zu
können, entweder auf unſichtbare Weiſe oder un-
ter den dem Menſchen ungewöhnlichen Formen
.“

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[166/0180] hat, durch ſich ſelbſt den Menſchen zu ſchaden. Daher nennt das Evangelium den Satan gewöhnlich nur den Ver- ſucher und Verführer, nicht den Thäter und Verbrecher ſelbſt. Er bedarf nothwendig eines menſchlichen Wil- lens, um Uebels in der Welt zu ſtiften; er bedarf eines Organs, wodurch ſeine atomiſtiſche Kraft mit der menſch- lichen Natur vermittelt wird. Viele Menſchen dienen ihm zwar unwillkührlich und unbewußt dadurch, daß er ihre Leidenſchaften aufreizt und ſie nach und nach an den Rand des Abgrunds führt, aber dabey bleibt ſeine Herrſchaft immer noch ungewiß, weil ein einziger Wurf des Schickſals ihm dieſe Menſchen wieder entreißen und vom Verderben retten kann, was unzählige Male in der Welt geſchieht. Bekommt er aber Menſchen in ſeine Gewalt, die aus eigenem Antrieb und aus innerer Luſt die Werke der Finſterniß lieben und ſuchen, wie Judas Iſcha- rioth, die ſich an ihn verkaufen, einen freywilligen Bund mit ihm eingehen und ihm ihren Willen unbedingt zum Ge- horſam leihen, dann erſt iſt ſeine Herrſchaft geſichert, und dann erſt vermögen die Kräfte der Unnatur in die Welt hereinzuwirken. Aber wehe dieſen Menſchen! Man kann von ihnen ſagen, was Chriſtus vom Iſcharioth ſagt: „Es wäre ihnen beſſer, ſie wären nie geboren.“ Aus dieſen Sätzen ergibt ſich, daß der böſe Wille des Menſchen ſich mit der magiſchen Kraft des Satans verbinden müſſe, wenn es zu Werken der Verzauberung kommen ſoll. Was nun die Erſcheinungen des Zaubers betrifft, die ſich in den Volksſagen, mit vielem Unſinn vermiſcht, ſeit vielen Jahrhunderten fortpflanzen, und die ich hier nicht ſpeciell berühre, ſo läßt ſich ein großer Theil davon auf die Macht reduziren, „ſich überall hin verſetzen zu können, entweder auf unſichtbare Weiſe oder un- ter den dem Menſchen ungewöhnlichen Formen.“

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Zitationshilfe: Kerner, Justinus: Geschichten Besessener neuerer Zeit. Karlsruhe, 1834, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kerner_besessene_1834/180>, abgerufen am 24.11.2024.