Kerner, Justinus: Geschichten Besessener neuerer Zeit. Karlsruhe, 1834.ist. Ueberall und jederzeit ist der Mensch in ihre Einflüsse Diejenigen, welche, um die Einflüsse der Unnatur und Wo jeden Augenblick der Arme Hülfe, der Bedrängte Trost, iſt. Ueberall und jederzeit iſt der Menſch in ihre Einflüſſe Diejenigen, welche, um die Einflüſſe der Unnatur und Wo jeden Augenblick der Arme Hülfe, der Bedrängte Troſt, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0147" n="133"/> iſt. Ueberall und jederzeit iſt der Menſch in ihre Einflüſſe<lb/> geſtellt. Setzen wir die Macht der Unnatur, wie ſie vor-<lb/> hin geſchildert iſt, ſo müßte der Menſch beſtändig unterliegen,<lb/> ſtünde ihm nicht der gute Engel zur Seite, welcher dem<lb/> Böſen, jedoch immer nur auf der Wage der Freiheit, das<lb/> Gleichgewicht hält. Es iſt zwar keinem Zweifel unterworfen,<lb/> daß der gute Engel immer den Böſen überwältigen kann,<lb/> aber ſeine Einwirkung iſt dadurch bedingt, daß der Menſch<lb/> mitten in dieſen Einflüſſen <hi rendition="#g">frey</hi> bleiben ſoll. Allerdings<lb/> ſtreiten ſich um den Menſchen beyde Mächte, aber welche<lb/> es gewinnen ſoll, hängt immer zuletzt von dem freien Ent-<lb/> ſchluſſe des Menſchen ſelbſt ab. Gott hat jedem Geiſt neben<lb/> der Freiheit auch dasjenige Maß von Kraft verliehen, das<lb/> er nöthig hat, unerachtet des Zugs zum Böſen doch dem<lb/> Guten zu folgen. Läßt er ſich durch Gewiſſen und Glauben,<lb/> durch <choice><sic>Ehriſtum</sic><corr>Chriſtum</corr></choice> und ſein Wort ziehen, ſo öffnet er ſich den<lb/> Einflüſſen des guten Engels und verſchließt ſich dem Böſen.<lb/> Läßt er ſich aber durch die Selbſtſucht und Weltſucht,<lb/> durch den Satan und die Sünde ziehen, ſo öffnet er ſich<lb/> den Einflüſſen des böſen Engels und verſchließt ſich dem<lb/> Guten. <hi rendition="#g">In beyden Fällen aber beruht das poſitive<lb/> Moment des Uebergewichts zu aller erſt auf dem<lb/> innern lebendigen Act des Geiſtes, der aus ſeiner<lb/> relativen Wahlvollkommenheit ausgeht</hi>.</p><lb/> <p>Diejenigen, welche, um die Einflüſſe der Unnatur und<lb/> Uebernatur umgehen zu können, annehmen, daß ein vorher-<lb/> geordneter Vernunft- und Natur-Zuſammenhang ſchon allen<lb/> Forderungen genüge, bedenken nicht, daß, wenn die gött-<lb/> liche Weisheit dem Menſchen die Freiheit als einen Fun-<lb/> ken aus ihrem Weſen ertheilen wollte, ein ſolcher vorher-<lb/> beſtimmter Zuſammenhang von Geſetzen nicht damit beſte-<lb/> hen koͤnnte. Wie ſollten denn logiſche Vernunftgeſetze und<lb/> phyſiſche Naturgeſetze jenen Stoͤrungen gewachſen ſeyn, welche<lb/><hi rendition="#g">aus der unendlichen Verkettung freier Cauſalitä-<lb/> ten unter einander</hi> hervorgehen?</p><lb/> <p>Wo jeden Augenblick der Arme Hülfe, der Bedrängte Troſt,<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [133/0147]
iſt. Ueberall und jederzeit iſt der Menſch in ihre Einflüſſe
geſtellt. Setzen wir die Macht der Unnatur, wie ſie vor-
hin geſchildert iſt, ſo müßte der Menſch beſtändig unterliegen,
ſtünde ihm nicht der gute Engel zur Seite, welcher dem
Böſen, jedoch immer nur auf der Wage der Freiheit, das
Gleichgewicht hält. Es iſt zwar keinem Zweifel unterworfen,
daß der gute Engel immer den Böſen überwältigen kann,
aber ſeine Einwirkung iſt dadurch bedingt, daß der Menſch
mitten in dieſen Einflüſſen frey bleiben ſoll. Allerdings
ſtreiten ſich um den Menſchen beyde Mächte, aber welche
es gewinnen ſoll, hängt immer zuletzt von dem freien Ent-
ſchluſſe des Menſchen ſelbſt ab. Gott hat jedem Geiſt neben
der Freiheit auch dasjenige Maß von Kraft verliehen, das
er nöthig hat, unerachtet des Zugs zum Böſen doch dem
Guten zu folgen. Läßt er ſich durch Gewiſſen und Glauben,
durch Chriſtum und ſein Wort ziehen, ſo öffnet er ſich den
Einflüſſen des guten Engels und verſchließt ſich dem Böſen.
Läßt er ſich aber durch die Selbſtſucht und Weltſucht,
durch den Satan und die Sünde ziehen, ſo öffnet er ſich
den Einflüſſen des böſen Engels und verſchließt ſich dem
Guten. In beyden Fällen aber beruht das poſitive
Moment des Uebergewichts zu aller erſt auf dem
innern lebendigen Act des Geiſtes, der aus ſeiner
relativen Wahlvollkommenheit ausgeht.
Diejenigen, welche, um die Einflüſſe der Unnatur und
Uebernatur umgehen zu können, annehmen, daß ein vorher-
geordneter Vernunft- und Natur-Zuſammenhang ſchon allen
Forderungen genüge, bedenken nicht, daß, wenn die gött-
liche Weisheit dem Menſchen die Freiheit als einen Fun-
ken aus ihrem Weſen ertheilen wollte, ein ſolcher vorher-
beſtimmter Zuſammenhang von Geſetzen nicht damit beſte-
hen koͤnnte. Wie ſollten denn logiſche Vernunftgeſetze und
phyſiſche Naturgeſetze jenen Stoͤrungen gewachſen ſeyn, welche
aus der unendlichen Verkettung freier Cauſalitä-
ten unter einander hervorgehen?
Wo jeden Augenblick der Arme Hülfe, der Bedrängte Troſt,
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