wächst sie zu einer Macht an, welcher weder der physische noch organische Zusammenhang von Masse und Kraft zu widerstehen vermag. Darin liegt der Begriff desjeni- gen Magismus, der aus der Unnatur entspringt. Er ist nichts anders als die an der negativen Gränze der Körperwelt sich erzeugende Polarkraft, welche, durch einen dämonischen Willen beseelt, in die Kör- perwelt aufsteigt und selbst unter gewissen Be- dingungen die menschliche Natur zu ergreifen im Stande ist.
In der physischen Ordnung erkennen wir das Gesetz der Gleichheit zwischen Action und Reaction, und so groß auch die Störungen seyn mögen, die im Einzelen sich erzeugen, so werden sie doch durch die Anstalten der Natur, welche durch das Ganze vertheilt sind, wieder ins Gleichgewicht gebracht. Dieses Compensationsgesetz gilt aber nicht in Hinsicht der Einwirkungen der Unnatur auf die Natur. Die Reaction ist verhältnißmäßig weit geringer als die Action, und daher hat die menschliche Natur, für sich betrachtet, nur einen geringen Widerstand gegen die Macht des Ma- gismus. Nur die Polarkräfte stehen einander gegenüber und halten sich das Gleichgewicht. Keine andere Kraft aber, die innerhalb der Pole sich erzeugt, ist ihnen gewachsen. Soll daher die Unnatur besiegt werden, so muß es durch die Kraft der Uebernatur geschehen, welche dadurch, daß ein heiliger Wille sie beseelt, zur unüberwindlichen Macht sich steigert. Der atomistischen Kraft der Unnatur steht die Lichtkraft der Uebernatur entgegen. Wird diese durch den heiligen Willen beseelt, so wird sie zum flammenden Schwert des Cherubs, dem die ganze Hölle nicht stehen mag. Auch diese Kraft ragt in die menschliche Natur herein und dient zum Schutz für Jene.
Aus diesen Sätzen im Verein mit dem Evangelium bildet sich der Lehrsatz von den guten und bösen Engeln, die keine Fiction sind, sondern so gewiß existiren, als die menschliche Natur das Mittelglied zwischen zwey Extremen
wächſt ſie zu einer Macht an, welcher weder der phyſiſche noch organiſche Zuſammenhang von Maſſe und Kraft zu widerſtehen vermag. Darin liegt der Begriff desjeni- gen Magismus, der aus der Unnatur entſpringt. Er iſt nichts anders als die an der negativen Gränze der Körperwelt ſich erzeugende Polarkraft, welche, durch einen dämoniſchen Willen beſeelt, in die Kör- perwelt aufſteigt und ſelbſt unter gewiſſen Be- dingungen die menſchliche Natur zu ergreifen im Stande iſt.
In der phyſiſchen Ordnung erkennen wir das Geſetz der Gleichheit zwiſchen Action und Reaction, und ſo groß auch die Störungen ſeyn mögen, die im Einzelen ſich erzeugen, ſo werden ſie doch durch die Anſtalten der Natur, welche durch das Ganze vertheilt ſind, wieder ins Gleichgewicht gebracht. Dieſes Compenſationsgeſetz gilt aber nicht in Hinſicht der Einwirkungen der Unnatur auf die Natur. Die Reaction iſt verhältnißmäßig weit geringer als die Action, und daher hat die menſchliche Natur, für ſich betrachtet, nur einen geringen Widerſtand gegen die Macht des Ma- gismus. Nur die Polarkräfte ſtehen einander gegenüber und halten ſich das Gleichgewicht. Keine andere Kraft aber, die innerhalb der Pole ſich erzeugt, iſt ihnen gewachſen. Soll daher die Unnatur beſiegt werden, ſo muß es durch die Kraft der Uebernatur geſchehen, welche dadurch, daß ein heiliger Wille ſie beſeelt, zur unüberwindlichen Macht ſich ſteigert. Der atomiſtiſchen Kraft der Unnatur ſteht die Lichtkraft der Uebernatur entgegen. Wird dieſe durch den heiligen Willen beſeelt, ſo wird ſie zum flammenden Schwert des Cherubs, dem die ganze Hölle nicht ſtehen mag. Auch dieſe Kraft ragt in die menſchliche Natur herein und dient zum Schutz für Jene.
Aus dieſen Sätzen im Verein mit dem Evangelium bildet ſich der Lehrſatz von den guten und böſen Engeln, die keine Fiction ſind, ſondern ſo gewiß exiſtiren, als die menſchliche Natur das Mittelglied zwiſchen zwey Extremen
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wächſt ſie zu einer Macht an, welcher weder der phyſiſche
noch organiſche Zuſammenhang von Maſſe und Kraft zu
widerſtehen vermag. Darin liegt der Begriff desjeni-
gen Magismus, der aus der Unnatur entſpringt.
Er iſt nichts anders als die an der negativen Gränze
der Körperwelt ſich erzeugende Polarkraft, welche,
durch einen dämoniſchen Willen beſeelt, in die Kör-
perwelt aufſteigt und ſelbſt unter gewiſſen Be-
dingungen die menſchliche Natur zu ergreifen im
Stande iſt.
In der phyſiſchen Ordnung erkennen wir das Geſetz
der Gleichheit zwiſchen Action und Reaction, und ſo groß
auch die Störungen ſeyn mögen, die im Einzelen ſich erzeugen,
ſo werden ſie doch durch die Anſtalten der Natur, welche
durch das Ganze vertheilt ſind, wieder ins Gleichgewicht
gebracht. Dieſes Compenſationsgeſetz gilt aber nicht in
Hinſicht der Einwirkungen der Unnatur auf die Natur. Die
Reaction iſt verhältnißmäßig weit geringer als die Action,
und daher hat die menſchliche Natur, für ſich betrachtet,
nur einen geringen Widerſtand gegen die Macht des Ma-
gismus. Nur die Polarkräfte ſtehen einander gegenüber und
halten ſich das Gleichgewicht. Keine andere Kraft aber,
die innerhalb der Pole ſich erzeugt, iſt ihnen gewachſen.
Soll daher die Unnatur beſiegt werden, ſo muß es durch
die Kraft der Uebernatur geſchehen, welche dadurch, daß
ein heiliger Wille ſie beſeelt, zur unüberwindlichen Macht
ſich ſteigert. Der atomiſtiſchen Kraft der Unnatur ſteht die
Lichtkraft der Uebernatur entgegen. Wird dieſe durch den
heiligen Willen beſeelt, ſo wird ſie zum flammenden
Schwert des Cherubs, dem die ganze Hölle nicht
ſtehen mag. Auch dieſe Kraft ragt in die menſchliche Natur
herein und dient zum Schutz für Jene.
Aus dieſen Sätzen im Verein mit dem Evangelium bildet
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Kerner, Justinus: Geschichten Besessener neuerer Zeit. Karlsruhe, 1834, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kerner_besessene_1834/146>, abgerufen am 16.02.2025.
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