Kerl, Bruno: Metallurgische Probirkunst. Leipzig, 1866.§. 120. Verfahren bei der Feinprobe. befindliche Probirgut in das hellglühende, stark dampfende Bleimit der Vorsicht, dass nichts auf dem Capellenrand liegen bleiben kann. (Um dieses noch sicherer zu vermeiden, setzt man wohl erst die Hälfte Blei auf, nach dem Antreiben das Skarnitzel und wenn das Papier verbrannt ist, die andere Hälfte Blei) Nachdem bei mit Kohle geschlossener Muffelmündung das Papier des Skarnitzels verbrannt ist, zieht man die hellglühenden Ca- pellen mittelst eines Hakens nach der Muffelmündung vor, schliesst die Luftzüge, legt in die Muffelmündung eine niedrige Kohle und kühlt die Proben anfangs mit einem Kühleisen (S. 109) zur Hervorbringung der für das Treiben richtigen Temperatur. Eine solche ist vorhanden und man hört dann mit dem Kühlen auf, wenn bei lebhaft wirbelndem Bleirauche und rothbraunem Ca- pellenrande sich ein schmaler dunklerer Glättrand zeigt, dessen Stärkerwerden oder Verschwinden resp. auf zu niedrige oder zu hohe Temperatur deutet. (Manche Probirer wenden gar kein Kühleisen an, sondern reguliren die Temperatur nur mit den Luftzuführungsschiebern, indem sie die Capellen auf ihrem Platze stehen lassen oder vorziehen und vor die Muffelmündung eine Blechthür lose stellen). Aermere Legirungen können anfangs etwas heisser gehen, als reiche, und bedürfen auch zum Abblicken einer höheren Temperatur. Gegen das Ende steigert man durch theilweises Oeffnen der Züge und allmäliges Zurückschieben der Capellen die Temperatur so hoch, dass beim Blicken (S. 259) der Glätterand völlig verschwunden ist und wohl nur in einiger Entfernung vom Korne sich etwas Federglätte zeigt. Je mehr sich die Probe dem Blicke nähert, um so kugelförmiger wird sie und um so grösser die Glätteaugen. Kurz vor dem Starr- werden des Silbers, wenn die letzten grossen Puncte rasch nach dem Rande zu geeilt sind, rotirt das Korn plötzlich einen Augen- blick rasch, glänzt stärker, erscheint hitziger, es zeigt sich wiederholtes Farbenspiel (Abblicken), dann hört jede Bewegung auf, das Korn steht, wird matt, erglüht noch einmal heller auf, als zuvor und wird dann starr, womit die Erscheinung des Blickens eingetreten ist. Behuf allmäliger Abkühlung der abgeblickten Proben zur Vermeidung des Spratzens (S. 260) zieht man die Capellen bis nahe an die Muffelmündung, hierauf in dieselbe und setzt dann erst dieselben auf ein kleines Probenblech. Da das Silber gerade in der Zeit, wo es blicken will, am meisten Sauerstoff absorbirt und dann leichter spratzt, so schliesst man wohl in diesem Augenblicke die Muffelmündung zur Hälfte mit 18*
§. 120. Verfahren bei der Feinprobe. befindliche Probirgut in das hellglühende, stark dampfende Bleimit der Vorsicht, dass nichts auf dem Capellenrand liegen bleiben kann. (Um dieses noch sicherer zu vermeiden, setzt man wohl erst die Hälfte Blei auf, nach dem Antreiben das Skarnitzel und wenn das Papier verbrannt ist, die andere Hälfte Blei) Nachdem bei mit Kohle geschlossener Muffelmündung das Papier des Skarnitzels verbrannt ist, zieht man die hellglühenden Ca- pellen mittelst eines Hakens nach der Muffelmündung vor, schliesst die Luftzüge, legt in die Muffelmündung eine niedrige Kohle und kühlt die Proben anfangs mit einem Kühleisen (S. 109) zur Hervorbringung der für das Treiben richtigen Temperatur. Eine solche ist vorhanden und man hört dann mit dem Kühlen auf, wenn bei lebhaft wirbelndem Bleirauche und rothbraunem Ca- pellenrande sich ein schmaler dunklerer Glättrand zeigt, dessen Stärkerwerden oder Verschwinden resp. auf zu niedrige oder zu hohe Temperatur deutet. (Manche Probirer wenden gar kein Kühleisen an, sondern reguliren die Temperatur nur mit den Luftzuführungsschiebern, indem sie die Capellen auf ihrem Platze stehen lassen oder vorziehen und vor die Muffelmündung eine Blechthür lose stellen). Aermere Legirungen können anfangs etwas heisser gehen, als reiche, und bedürfen auch zum Abblicken einer höheren Temperatur. Gegen das Ende steigert man durch theilweises Oeffnen der Züge und allmäliges Zurückschieben der Capellen die Temperatur so hoch, dass beim Blicken (S. 259) der Glätterand völlig verschwunden ist und wohl nur in einiger Entfernung vom Korne sich etwas Federglätte zeigt. Je mehr sich die Probe dem Blicke nähert, um so kugelförmiger wird sie und um so grösser die Glätteaugen. Kurz vor dem Starr- werden des Silbers, wenn die letzten grossen Puncte rasch nach dem Rande zu geeilt sind, rotirt das Korn plötzlich einen Augen- blick rasch, glänzt stärker, erscheint hitziger, es zeigt sich wiederholtes Farbenspiel (Abblicken), dann hört jede Bewegung auf, das Korn steht, wird matt, erglüht noch einmal heller auf, als zuvor und wird dann starr, womit die Erscheinung des Blickens eingetreten ist. Behuf allmäliger Abkühlung der abgeblickten Proben zur Vermeidung des Spratzens (S. 260) zieht man die Capellen bis nahe an die Muffelmündung, hierauf in dieselbe und setzt dann erst dieselben auf ein kleines Probenblech. Da das Silber gerade in der Zeit, wo es blicken will, am meisten Sauerstoff absorbirt und dann leichter spratzt, so schliesst man wohl in diesem Augenblicke die Muffelmündung zur Hälfte mit 18*
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§. 120. Verfahren bei der Feinprobe.
befindliche Probirgut in das hellglühende, stark dampfende Blei
mit der Vorsicht, dass nichts auf dem Capellenrand liegen bleiben
kann. (Um dieses noch sicherer zu vermeiden, setzt man wohl
erst die Hälfte Blei auf, nach dem Antreiben das Skarnitzel
und wenn das Papier verbrannt ist, die andere Hälfte Blei)
Nachdem bei mit Kohle geschlossener Muffelmündung das Papier
des Skarnitzels verbrannt ist, zieht man die hellglühenden Ca-
pellen mittelst eines Hakens nach der Muffelmündung vor, schliesst
die Luftzüge, legt in die Muffelmündung eine niedrige Kohle
und kühlt die Proben anfangs mit einem Kühleisen (S. 109) zur
Hervorbringung der für das Treiben richtigen Temperatur. Eine
solche ist vorhanden und man hört dann mit dem Kühlen auf,
wenn bei lebhaft wirbelndem Bleirauche und rothbraunem Ca-
pellenrande sich ein schmaler dunklerer Glättrand zeigt, dessen
Stärkerwerden oder Verschwinden resp. auf zu niedrige oder
zu hohe Temperatur deutet. (Manche Probirer wenden gar kein
Kühleisen an, sondern reguliren die Temperatur nur mit den
Luftzuführungsschiebern, indem sie die Capellen auf ihrem Platze
stehen lassen oder vorziehen und vor die Muffelmündung eine
Blechthür lose stellen). Aermere Legirungen können anfangs
etwas heisser gehen, als reiche, und bedürfen auch zum Abblicken
einer höheren Temperatur. Gegen das Ende steigert man durch
theilweises Oeffnen der Züge und allmäliges Zurückschieben der
Capellen die Temperatur so hoch, dass beim Blicken (S. 259)
der Glätterand völlig verschwunden ist und wohl nur in einiger
Entfernung vom Korne sich etwas Federglätte zeigt. Je mehr
sich die Probe dem Blicke nähert, um so kugelförmiger wird
sie und um so grösser die Glätteaugen. Kurz vor dem Starr-
werden des Silbers, wenn die letzten grossen Puncte rasch nach
dem Rande zu geeilt sind, rotirt das Korn plötzlich einen Augen-
blick rasch, glänzt stärker, erscheint hitziger, es zeigt sich
wiederholtes Farbenspiel (Abblicken), dann hört jede Bewegung
auf, das Korn steht, wird matt, erglüht noch einmal heller auf,
als zuvor und wird dann starr, womit die Erscheinung des
Blickens eingetreten ist. Behuf allmäliger Abkühlung der
abgeblickten Proben zur Vermeidung des Spratzens (S. 260)
zieht man die Capellen bis nahe an die Muffelmündung, hierauf in
dieselbe und setzt dann erst dieselben auf ein kleines Probenblech.
Da das Silber gerade in der Zeit, wo es blicken will, am meisten
Sauerstoff absorbirt und dann leichter spratzt, so schliesst man
wohl in diesem Augenblicke die Muffelmündung zur Hälfte mit
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