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Kerl, Bruno: Metallurgische Probirkunst. Leipzig, 1866.

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IV. Silber. Nichtlegirte Subst.
sung der Feuerung und Abstellung des Zuges bei Steinkohlen-
öfen (S. 50), öffnet die Muffelmündung, legt in dieselbe eine
kleine Kohle und lässt Luft zu den Capellen treten, wobei sich
zunächst das Blei oxydirt, das Bleioxyd an noch vorhandene
fremde Metalle Sauerstoff abgiebt und deren Oxyde gemein-
schaftlich mit dem Bleioxyd sich in die Capelle ziehen, wäh-
rend das Silber im metallischen Zustande demnächst grössten-
theils zurückbleibt und nur ein geringer Theil durch Bleioxyd
oxydirt mit demselben in die Capelle geht, wodurch der Ca-
pellenzug veranlasst wird (S. 236). Der Schmelzpunct des Bleies
liegt bei 322°, der der Glätte bei etwa 980° C. Um anfangs
die hohe Temperatur herabzustimmen, stellt man wohl kalte
Ansiedescherben in mehreren Reihen neben und übereinander
hinter die Capellen und nimmt sie später bei hinreichend ge-
sunkener Temperatur wieder heraus oder man fährt mit einem
Kühleisen (Taf. VII. Fig. 132) über den Proben langsam hin
und her, indem man dasselbe ab und an in Wasser abkühlt.
Bei richtiger Temperatur, in welcher die geringste Silber-
verflüchtigung (S. 237) und der mindeste Capellenzug (S. 237)
stattfindet, entsteigt der röthlichbraun glühenden Capelle leb-
haft wirbelnder Bleirauch, das gelbrothglühende Metall ist von
einem schmalen dunkleren Glätterand umgeben und es bildet
sich am Capellenrand Federglätte in nach dem Erkalten
gelben dünnen Blättchen, die sich im Feuer dem geübten
Probirer an ihrem Glanze deutlich zu erkennen geben. Die
Federglätte setzt sich leichter an der dem kühlen Luftzuge,
also der Muffelmündung mehr zugekehrten Seite an, kann aber
auch nahe zu ringsum entstehen, wenn man durch Einsetzen
von kalten Scherben hinter die Capellen deren hintere Seite ab-
kühlt. -- Bei zu hoher Temperatur steigt der kaum sicht-
bare Bleirauch gerade in die Höhe und wirbelt nicht, die Ca-
pelle ist weiss und weder Glätterand, noch Federglätte wahrzu-
nehmen. Sinkt die Temperatur zu sehr, so zieht sich der
Bleirauch langsam über die dunkelbraunen Capellen hin, der
Glätterand wird bei dunkler Farbe zu stark und es ist dann
Gefahr vorhanden, dass die Masse starr wird (die Probe er-
friert
), was namentlich bei einem grössern Kupfergehalt des
Bleies leichter eintritt. Bei zu sehr gesunkener Temperatur legt
man kleine Kohlen vor die Capellen oder schiebt diese mehr
nach hinten, sehliesst auch wohl kurze Zeit die Muffel und ver-
stärkt die Feuerung. Dieselben Mittel wendet man auch an,

IV. Silber. Nichtlegirte Subst.
sung der Feuerung und Abstellung des Zuges bei Steinkohlen-
öfen (S. 50), öffnet die Muffelmündung, legt in dieselbe eine
kleine Kohle und lässt Luft zu den Capellen treten, wobei sich
zunächst das Blei oxydirt, das Bleioxyd an noch vorhandene
fremde Metalle Sauerstoff abgiebt und deren Oxyde gemein-
schaftlich mit dem Bleioxyd sich in die Capelle ziehen, wäh-
rend das Silber im metallischen Zustande demnächst grössten-
theils zurückbleibt und nur ein geringer Theil durch Bleioxyd
oxydirt mit demselben in die Capelle geht, wodurch der Ca-
pellenzug veranlasst wird (S. 236). Der Schmelzpunct des Bleies
liegt bei 322°, der der Glätte bei etwa 980° C. Um anfangs
die hohe Temperatur herabzustimmen, stellt man wohl kalte
Ansiedescherben in mehreren Reihen neben und übereinander
hinter die Capellen und nimmt sie später bei hinreichend ge-
sunkener Temperatur wieder heraus oder man fährt mit einem
Kühleisen (Taf. VII. Fig. 132) über den Proben langsam hin
und her, indem man dasselbe ab und an in Wasser abkühlt.
Bei richtiger Temperatur, in welcher die geringste Silber-
verflüchtigung (S. 237) und der mindeste Capellenzug (S. 237)
stattfindet, entsteigt der röthlichbraun glühenden Capelle leb-
haft wirbelnder Bleirauch, das gelbrothglühende Metall ist von
einem schmalen dunkleren Glätterand umgeben und es bildet
sich am Capellenrand Federglätte in nach dem Erkalten
gelben dünnen Blättchen, die sich im Feuer dem geübten
Probirer an ihrem Glanze deutlich zu erkennen geben. Die
Federglätte setzt sich leichter an der dem kühlen Luftzuge,
also der Muffelmündung mehr zugekehrten Seite an, kann aber
auch nahe zu ringsum entstehen, wenn man durch Einsetzen
von kalten Scherben hinter die Capellen deren hintere Seite ab-
kühlt. — Bei zu hoher Temperatur steigt der kaum sicht-
bare Bleirauch gerade in die Höhe und wirbelt nicht, die Ca-
pelle ist weiss und weder Glätterand, noch Federglätte wahrzu-
nehmen. Sinkt die Temperatur zu sehr, so zieht sich der
Bleirauch langsam über die dunkelbraunen Capellen hin, der
Glätterand wird bei dunkler Farbe zu stark und es ist dann
Gefahr vorhanden, dass die Masse starr wird (die Probe er-
friert
), was namentlich bei einem grössern Kupfergehalt des
Bleies leichter eintritt. Bei zu sehr gesunkener Temperatur legt
man kleine Kohlen vor die Capellen oder schiebt diese mehr
nach hinten, sehliesst auch wohl kurze Zeit die Muffel und ver-
stärkt die Feuerung. Dieselben Mittel wendet man auch an,

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[258/0296] IV. Silber. Nichtlegirte Subst. sung der Feuerung und Abstellung des Zuges bei Steinkohlen- öfen (S. 50), öffnet die Muffelmündung, legt in dieselbe eine kleine Kohle und lässt Luft zu den Capellen treten, wobei sich zunächst das Blei oxydirt, das Bleioxyd an noch vorhandene fremde Metalle Sauerstoff abgiebt und deren Oxyde gemein- schaftlich mit dem Bleioxyd sich in die Capelle ziehen, wäh- rend das Silber im metallischen Zustande demnächst grössten- theils zurückbleibt und nur ein geringer Theil durch Bleioxyd oxydirt mit demselben in die Capelle geht, wodurch der Ca- pellenzug veranlasst wird (S. 236). Der Schmelzpunct des Bleies liegt bei 322°, der der Glätte bei etwa 980° C. Um anfangs die hohe Temperatur herabzustimmen, stellt man wohl kalte Ansiedescherben in mehreren Reihen neben und übereinander hinter die Capellen und nimmt sie später bei hinreichend ge- sunkener Temperatur wieder heraus oder man fährt mit einem Kühleisen (Taf. VII. Fig. 132) über den Proben langsam hin und her, indem man dasselbe ab und an in Wasser abkühlt. Bei richtiger Temperatur, in welcher die geringste Silber- verflüchtigung (S. 237) und der mindeste Capellenzug (S. 237) stattfindet, entsteigt der röthlichbraun glühenden Capelle leb- haft wirbelnder Bleirauch, das gelbrothglühende Metall ist von einem schmalen dunkleren Glätterand umgeben und es bildet sich am Capellenrand Federglätte in nach dem Erkalten gelben dünnen Blättchen, die sich im Feuer dem geübten Probirer an ihrem Glanze deutlich zu erkennen geben. Die Federglätte setzt sich leichter an der dem kühlen Luftzuge, also der Muffelmündung mehr zugekehrten Seite an, kann aber auch nahe zu ringsum entstehen, wenn man durch Einsetzen von kalten Scherben hinter die Capellen deren hintere Seite ab- kühlt. — Bei zu hoher Temperatur steigt der kaum sicht- bare Bleirauch gerade in die Höhe und wirbelt nicht, die Ca- pelle ist weiss und weder Glätterand, noch Federglätte wahrzu- nehmen. Sinkt die Temperatur zu sehr, so zieht sich der Bleirauch langsam über die dunkelbraunen Capellen hin, der Glätterand wird bei dunkler Farbe zu stark und es ist dann Gefahr vorhanden, dass die Masse starr wird (die Probe er- friert), was namentlich bei einem grössern Kupfergehalt des Bleies leichter eintritt. Bei zu sehr gesunkener Temperatur legt man kleine Kohlen vor die Capellen oder schiebt diese mehr nach hinten, sehliesst auch wohl kurze Zeit die Muffel und ver- stärkt die Feuerung. Dieselben Mittel wendet man auch an,

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Zitationshilfe: Kerl, Bruno: Metallurgische Probirkunst. Leipzig, 1866, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kerl_metallurgische_1866/296>, abgerufen am 27.04.2024.