gelassen wird, sich in einem gewissen Verhältniße verändert. Bey Waldhorn, Trompeten, Posaunen, je länger die Röhren sind, folglich je mehr Raum die darein gestossene Luft anfüllen muß, je tiefer wird der Ton. Nun wird man dieser Veränderung auch bey der Sprache gewahr, jedoch bestehet sie nicht in der Höhe oder Tiefe des Tones, sondern in etwas, das ich nicht anders als durch ein Gleichniß ausdrücken kann. So nämlich, wie das Ohr den Ton einer Darmsaite von dem Tone einer Eisen- oder Messingsaite, wenn auch beyde die näm- liche Stimmung, folglich auch die nämliche Vibra- tionen haben, ganz wohl unterscheidet, so bemerkt es auch einen wesentlichen Unterschied zwischen B und D, obwohl beyde in dem nämlichen musikali- schen Tone ausgesprochen werden, und obwohl bey- de ganz allein in dem bestehen, daß man eine eingesperrte gedämpfte Stimme hört, die auf einmal in einen Selbstlauter ausbricht.
Dieser Unterschied liegt in folgenden zwey Stü- cken: erstens hat die Stimme, die, wie man aus dem vorhergehenden weiß, in einem verschlosse-
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IV. Abtheilung.
gelaſſen wird, ſich in einem gewiſſen Verhaͤltniße veraͤndert. Bey Waldhorn, Trompeten, Poſaunen, je laͤnger die Roͤhren ſind, folglich je mehr Raum die darein geſtoſſene Luft anfuͤllen muß, je tiefer wird der Ton. Nun wird man dieſer Veraͤnderung auch bey der Sprache gewahr, jedoch beſtehet ſie nicht in der Hoͤhe oder Tiefe des Tones, ſondern in etwas, das ich nicht anders als durch ein Gleichniß ausdruͤcken kann. So naͤmlich, wie das Ohr den Ton einer Darmſaite von dem Tone einer Eiſen- oder Meſſingſaite, wenn auch beyde die naͤm- liche Stimmung, folglich auch die naͤmliche Vibra- tionen haben, ganz wohl unterſcheidet, ſo bemerkt es auch einen weſentlichen Unterſchied zwiſchen B und D, obwohl beyde in dem naͤmlichen muſikali- ſchen Tone ausgeſprochen werden, und obwohl bey- de ganz allein in dem beſtehen, daß man eine eingeſperrte gedaͤmpfte Stimme hoͤrt, die auf einmal in einen Selbſtlauter ausbricht.
Dieſer Unterſchied liegt in folgenden zwey Stuͤ- cken: erſtens hat die Stimme, die, wie man aus dem vorhergehenden weiß, in einem verſchloſſe-
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IV. Abtheilung.
gelaſſen wird, ſich in einem gewiſſen Verhaͤltniße
veraͤndert. Bey Waldhorn, Trompeten, Poſaunen,
je laͤnger die Roͤhren ſind, folglich je mehr Raum
die darein geſtoſſene Luft anfuͤllen muß, je tiefer
wird der Ton. Nun wird man dieſer Veraͤnderung
auch bey der Sprache gewahr, jedoch beſtehet ſie
nicht in der Hoͤhe oder Tiefe des Tones, ſondern
in etwas, das ich nicht anders als durch ein
Gleichniß ausdruͤcken kann. So naͤmlich, wie das
Ohr den Ton einer Darmſaite von dem Tone einer
Eiſen- oder Meſſingſaite, wenn auch beyde die naͤm-
liche Stimmung, folglich auch die naͤmliche Vibra-
tionen haben, ganz wohl unterſcheidet, ſo bemerkt
es auch einen weſentlichen Unterſchied zwiſchen B
und D, obwohl beyde in dem naͤmlichen muſikali-
ſchen Tone ausgeſprochen werden, und obwohl bey-
de ganz allein in dem beſtehen, daß man eine
eingeſperrte gedaͤmpfte Stimme hoͤrt, die
auf einmal in einen Selbſtlauter ausbricht.
Dieſer Unterſchied liegt in folgenden zwey Stuͤ-
cken: erſtens hat die Stimme, die, wie man
aus dem vorhergehenden weiß, in einem verſchloſſe-
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Kempelen, Wolfgang von: Mechanismus der menschlichen Sprache. Wien, 1791, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kempelen_maschine_1791/302>, abgerufen am 16.02.2025.
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