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Keller, Gottfried: Das Sinngedicht. Berlin, 1882.

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ankündigte. Er übernahm den Liebesdienst mit treuer
Sorgfalt. Seither leben wir zusammen und haben vor
sieben Jahren schon dies Gut gekauft und bezogen. Nach
dem Fräulein Hansa und der Wirtschafterin hatte ich
in allen Treuen gesucht, um so viel als möglich die ihnen
widerfahrene Unbill gut zu machen. Es gelang mir aber
nicht, meinen Wunsch zu erfüllen. Die Erzieherin hatte
einen Naturalienhändler geheirathet, mit welchem sie nach
Südamerika gereist war. Sie besorgte seine Buchhaltung
und speciell den Einkauf der Käfer. Die Frau Lise war
Küchenmeisterin in einem großen Krankenhause geworden
und bedurfte meiner nicht mehr.

Von der verfrühten thörichten Leidenschaft und ihrem
Gegenstande erholte ich mich zwar bald, da es mir wie
Schuppen von den Augen fiel. Aber ich hatte durch
meine Streiche Jugend, Leben und Glück, oder was man
dafür hält, mir selbst vor der Nase abgesperrt. Den
Uebertritt konnte ich nicht rückgängig machen, wenn ich
nicht als eine abenteuernde Doppel-Convertitin in das
Gerücht kommen wollte. Inzwischen lernte ich mich mit
der Idee trösten, daß meine Geschichte mich vor späterem
Unheil, Unstern und vor Teufeleien bewahrt habe, die
ich ohne diese Erfahrung noch hätte erleben oder anrichten
können. Es gibt ja auch Krankheiten, die man den
Kindern einimpft, damit sie später davor bewahrt bleiben!
Nun aber halten Sie reinen Mund, nicht wahr? Und
mischen Sie die Geschichte nicht unter die Beispiele, die

ankündigte. Er übernahm den Liebesdienſt mit treuer
Sorgfalt. Seither leben wir zuſammen und haben vor
ſieben Jahren ſchon dies Gut gekauft und bezogen. Nach
dem Fräulein Hanſa und der Wirtſchafterin hatte ich
in allen Treuen geſucht, um ſo viel als möglich die ihnen
widerfahrene Unbill gut zu machen. Es gelang mir aber
nicht, meinen Wunſch zu erfüllen. Die Erzieherin hatte
einen Naturalienhändler geheirathet, mit welchem ſie nach
Südamerika gereiſt war. Sie beſorgte ſeine Buchhaltung
und ſpeciell den Einkauf der Käfer. Die Frau Liſe war
Küchenmeiſterin in einem großen Krankenhauſe geworden
und bedurfte meiner nicht mehr.

Von der verfrühten thörichten Leidenſchaft und ihrem
Gegenſtande erholte ich mich zwar bald, da es mir wie
Schuppen von den Augen fiel. Aber ich hatte durch
meine Streiche Jugend, Leben und Glück, oder was man
dafür hält, mir ſelbſt vor der Naſe abgeſperrt. Den
Uebertritt konnte ich nicht rückgängig machen, wenn ich
nicht als eine abenteuernde Doppel-Convertitin in das
Gerücht kommen wollte. Inzwiſchen lernte ich mich mit
der Idee tröſten, daß meine Geſchichte mich vor ſpäterem
Unheil, Unſtern und vor Teufeleien bewahrt habe, die
ich ohne dieſe Erfahrung noch hätte erleben oder anrichten
können. Es gibt ja auch Krankheiten, die man den
Kindern einimpft, damit ſie ſpäter davor bewahrt bleiben!
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[405/0415] ankündigte. Er übernahm den Liebesdienſt mit treuer Sorgfalt. Seither leben wir zuſammen und haben vor ſieben Jahren ſchon dies Gut gekauft und bezogen. Nach dem Fräulein Hanſa und der Wirtſchafterin hatte ich in allen Treuen geſucht, um ſo viel als möglich die ihnen widerfahrene Unbill gut zu machen. Es gelang mir aber nicht, meinen Wunſch zu erfüllen. Die Erzieherin hatte einen Naturalienhändler geheirathet, mit welchem ſie nach Südamerika gereiſt war. Sie beſorgte ſeine Buchhaltung und ſpeciell den Einkauf der Käfer. Die Frau Liſe war Küchenmeiſterin in einem großen Krankenhauſe geworden und bedurfte meiner nicht mehr. Von der verfrühten thörichten Leidenſchaft und ihrem Gegenſtande erholte ich mich zwar bald, da es mir wie Schuppen von den Augen fiel. Aber ich hatte durch meine Streiche Jugend, Leben und Glück, oder was man dafür hält, mir ſelbſt vor der Naſe abgeſperrt. Den Uebertritt konnte ich nicht rückgängig machen, wenn ich nicht als eine abenteuernde Doppel-Convertitin in das Gerücht kommen wollte. Inzwiſchen lernte ich mich mit der Idee tröſten, daß meine Geſchichte mich vor ſpäterem Unheil, Unſtern und vor Teufeleien bewahrt habe, die ich ohne dieſe Erfahrung noch hätte erleben oder anrichten können. Es gibt ja auch Krankheiten, die man den Kindern einimpft, damit ſie ſpäter davor bewahrt bleiben! Nun aber halten Sie reinen Mund, nicht wahr? Und miſchen Sie die Geſchichte nicht unter die Beiſpiele, die

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Das Sinngedicht. Berlin, 1882, S. 405. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_sinngedicht_1882/415>, abgerufen am 23.11.2024.