gann, sie solle jenem kleinen glänzenden Weiblein zum Opfer gebracht d. h. getödtet werden; denn sie hatte in den schwarzen Königreichen gesehen, daß zum Opfern be¬ stimmte Menschen so umher geführt wurden. Sie klammerte sich daher an Correa's Arm, sobald er sie erreichte und ihre Hand nahm. Die Jesuiten waren jedoch nicht Willens, auf ihre Eroberung so leicht zu verzichten, indem sie behaupteten, Zambo-Maria müsse dem Himmel geweiht werden und in der Hut der Kirche bleiben. Er werde das Nöthige schon besorgen, rief der mächtige Befehls¬ haber; zunächst sei die Person noch sein Eigenthum und sein Pathenkind, das jetzt einem kleinen Taufeschmaus bei¬ wohnen und einige Geschenke empfangen müsse. Dessen ungeachtet murrte und sträubte sich die Menge, das Wunder fahren zu lassen, und es bedurfte des entschlossenen Auftretens Correa's, das zitternde Weib frei zu machen. Er ließ sie von seinem Pagen begleitet voran gehen und schritt mit einigen seiner Kriegsleute hinterdrein. So begaben sie sich nach einem kleinen Landhause, das er in Loanda bewohnte; die Frau Pathin war inzwischen mit ihrer Begleitung schon dort angekommen, da sie schon früher aus dem Gewühle entflohen war, und die nicht zahlreiche Gesellschaft nahm an dem gedeckten Tische Platz, nachdem der in Unordnung gerathene Anzug des Täuflings von den anwesenden Frauen wiederhergestellt worden.
Zambo saß zwischen der Pathin und ihrer bisherigen Pflegerin. Sie war mit einem weißen Schleier und einem
gann, ſie ſolle jenem kleinen glänzenden Weiblein zum Opfer gebracht d. h. getödtet werden; denn ſie hatte in den ſchwarzen Königreichen geſehen, daß zum Opfern be¬ ſtimmte Menſchen ſo umher geführt wurden. Sie klammerte ſich daher an Correa's Arm, ſobald er ſie erreichte und ihre Hand nahm. Die Jeſuiten waren jedoch nicht Willens, auf ihre Eroberung ſo leicht zu verzichten, indem ſie behaupteten, Zambo-Maria müſſe dem Himmel geweiht werden und in der Hut der Kirche bleiben. Er werde das Nöthige ſchon beſorgen, rief der mächtige Befehls¬ haber; zunächſt ſei die Perſon noch ſein Eigenthum und ſein Pathenkind, das jetzt einem kleinen Taufeſchmaus bei¬ wohnen und einige Geſchenke empfangen müſſe. Deſſen ungeachtet murrte und ſträubte ſich die Menge, das Wunder fahren zu laſſen, und es bedurfte des entſchloſſenen Auftretens Correa's, das zitternde Weib frei zu machen. Er ließ ſie von ſeinem Pagen begleitet voran gehen und ſchritt mit einigen ſeiner Kriegsleute hinterdrein. So begaben ſie ſich nach einem kleinen Landhauſe, das er in Loanda bewohnte; die Frau Pathin war inzwiſchen mit ihrer Begleitung ſchon dort angekommen, da ſie ſchon früher aus dem Gewühle entflohen war, und die nicht zahlreiche Geſellſchaft nahm an dem gedeckten Tiſche Platz, nachdem der in Unordnung gerathene Anzug des Täuflings von den anweſenden Frauen wiederhergeſtellt worden.
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gann, ſie ſolle jenem kleinen glänzenden Weiblein zum
Opfer gebracht d. h. getödtet werden; denn ſie hatte in
den ſchwarzen Königreichen geſehen, daß zum Opfern be¬
ſtimmte Menſchen ſo umher geführt wurden. Sie klammerte
ſich daher an Correa's Arm, ſobald er ſie erreichte und
ihre Hand nahm. Die Jeſuiten waren jedoch nicht
Willens, auf ihre Eroberung ſo leicht zu verzichten, indem
ſie behaupteten, Zambo-Maria müſſe dem Himmel geweiht
werden und in der Hut der Kirche bleiben. Er werde
das Nöthige ſchon beſorgen, rief der mächtige Befehls¬
haber; zunächſt ſei die Perſon noch ſein Eigenthum und
ſein Pathenkind, das jetzt einem kleinen Taufeſchmaus bei¬
wohnen und einige Geſchenke empfangen müſſe. Deſſen
ungeachtet murrte und ſträubte ſich die Menge, das
Wunder fahren zu laſſen, und es bedurfte des entſchloſſenen
Auftretens Correa's, das zitternde Weib frei zu machen.
Er ließ ſie von ſeinem Pagen begleitet voran gehen und
ſchritt mit einigen ſeiner Kriegsleute hinterdrein. So
begaben ſie ſich nach einem kleinen Landhauſe, das er in
Loanda bewohnte; die Frau Pathin war inzwiſchen mit
ihrer Begleitung ſchon dort angekommen, da ſie ſchon
früher aus dem Gewühle entflohen war, und die nicht
zahlreiche Geſellſchaft nahm an dem gedeckten Tiſche Platz,
nachdem der in Unordnung gerathene Anzug des Täuflings
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Zambo ſaß zwiſchen der Pathin und ihrer bisherigen
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Keller, Gottfried: Das Sinngedicht. Berlin, 1882, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_sinngedicht_1882/328>, abgerufen am 22.11.2024.
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