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Keller, Gottfried: Das Sinngedicht. Berlin, 1882.

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und immer schweigend gewärtig, was weiter geschehen
werde.

"Es ist wohlgethan," ließ sich der Admiral nun ver¬
nehmen, "daß der Mann, den man den König von Angola
nennt, meine Botschafter gehört und den Willen meines
Landes und seines Gebieters geehrt hat, obgleich ich noch
lieber gesehen hätte, wenn er selbst gekommen wäre!"

Nachdem die beiden Dolmetscher, die mit herein ge¬
kommen, diese Rede zuerst unter sich, dann dem Ohr der
Fürstin verständlich gemacht, erwiderte sie:

"Du bist nicht ganz auf dem richtigen Wege des Ver¬
stehens, denn Deine Abgesandten wurden nicht angehört,
sondern vertilgt, wie sie den Mund aufthaten!"

Als diese Worte wiederum übersetzt waren und Don
Correa ihren Sinn erfuhr, schwieg er eine Weile und
ließ nur sein blitzendes Auge auf der schwarzen Person
ruhen. Dann ließ er fragen, warum man die Boten ge¬
tödtet habe und was man für einen Erfolg von dieser
That erwarte?

"Sie wurden getödtet," antwortete sie, "weil sie die
Unterthanen und Dienstleute des Königs gewesen sind
und Unwürdiges gegen ihn in den Mund genommen
haben. Durch ihr Blut wurde seine Würde versöhnt,
Dir aber ist kein Schaden dadurch geschehen, da Du jetzt
anbringen magst, was Du von uns wünschest!"

"Ich habe nicht zu wünschen, sondern zu befehlen und
zur Rechenschaft zu ziehen!" sagte der Admiral in strengem

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und immer ſchweigend gewärtig, was weiter geſchehen
werde.

„Es iſt wohlgethan,“ ließ ſich der Admiral nun ver¬
nehmen, „daß der Mann, den man den König von Angola
nennt, meine Botſchafter gehört und den Willen meines
Landes und ſeines Gebieters geehrt hat, obgleich ich noch
lieber geſehen hätte, wenn er ſelbſt gekommen wäre!“

Nachdem die beiden Dolmetſcher, die mit herein ge¬
kommen, dieſe Rede zuerſt unter ſich, dann dem Ohr der
Fürſtin verſtändlich gemacht, erwiderte ſie:

„Du biſt nicht ganz auf dem richtigen Wege des Ver¬
ſtehens, denn Deine Abgeſandten wurden nicht angehört,
ſondern vertilgt, wie ſie den Mund aufthaten!“

Als dieſe Worte wiederum überſetzt waren und Don
Correa ihren Sinn erfuhr, ſchwieg er eine Weile und
ließ nur ſein blitzendes Auge auf der ſchwarzen Perſon
ruhen. Dann ließ er fragen, warum man die Boten ge¬
tödtet habe und was man für einen Erfolg von dieſer
That erwarte?

„Sie wurden getödtet,“ antwortete ſie, „weil ſie die
Unterthanen und Dienſtleute des Königs geweſen ſind
und Unwürdiges gegen ihn in den Mund genommen
haben. Durch ihr Blut wurde ſeine Würde verſöhnt,
Dir aber iſt kein Schaden dadurch geſchehen, da Du jetzt
anbringen magſt, was Du von uns wünſcheſt!“

„Ich habe nicht zu wünſchen, ſondern zu befehlen und
zur Rechenſchaft zu ziehen!“ ſagte der Admiral in ſtrengem

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[307/0317] und immer ſchweigend gewärtig, was weiter geſchehen werde. „Es iſt wohlgethan,“ ließ ſich der Admiral nun ver¬ nehmen, „daß der Mann, den man den König von Angola nennt, meine Botſchafter gehört und den Willen meines Landes und ſeines Gebieters geehrt hat, obgleich ich noch lieber geſehen hätte, wenn er ſelbſt gekommen wäre!“ Nachdem die beiden Dolmetſcher, die mit herein ge¬ kommen, dieſe Rede zuerſt unter ſich, dann dem Ohr der Fürſtin verſtändlich gemacht, erwiderte ſie: „Du biſt nicht ganz auf dem richtigen Wege des Ver¬ ſtehens, denn Deine Abgeſandten wurden nicht angehört, ſondern vertilgt, wie ſie den Mund aufthaten!“ Als dieſe Worte wiederum überſetzt waren und Don Correa ihren Sinn erfuhr, ſchwieg er eine Weile und ließ nur ſein blitzendes Auge auf der ſchwarzen Perſon ruhen. Dann ließ er fragen, warum man die Boten ge¬ tödtet habe und was man für einen Erfolg von dieſer That erwarte? „Sie wurden getödtet,“ antwortete ſie, „weil ſie die Unterthanen und Dienſtleute des Königs geweſen ſind und Unwürdiges gegen ihn in den Mund genommen haben. Durch ihr Blut wurde ſeine Würde verſöhnt, Dir aber iſt kein Schaden dadurch geſchehen, da Du jetzt anbringen magſt, was Du von uns wünſcheſt!“ „Ich habe nicht zu wünſchen, ſondern zu befehlen und zur Rechenſchaft zu ziehen!“ ſagte der Admiral in ſtrengem 20*

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Das Sinngedicht. Berlin, 1882, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_sinngedicht_1882/317>, abgerufen am 25.11.2024.