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Keller, Gottfried: Das Sinngedicht. Berlin, 1882.

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stehende gar nicht hier, sondern in einem innersten Ver¬
schlage aufhältlich sei und sie nur allein, allenfalls in
Begleit ihrer Frauen und der Dolmetscher empfange. Da
sie einmal da war, drang sie schweigend aber mit un¬
geduldiger Entrüstung vorwärts und stand mit immer
größerem Erstaunen vor dem Admiral, der ganz allein
auf einem erhöhten Thronsessel saß, nur einen stehenden
Pagen neben sich. Er trug den schimmernden Galaküraß,
über demselben den feinsten Spitzenkragen und dicke Or¬
densketten, und auf dem Kopfe den mit Federn aus¬
geschlagenen Hut mit Goldschnur und Diamantagraffe.
Das Gemach war an Wänden und Decke ganz mit ge¬
wirkten Seidentapeten bekleidet und der Boden mit Tep¬
pichen belegt; im Uebrigen war außer dem Thronsessel
keinerlei Art von Stuhl zu erblicken, ein rothes Kissen
ausgenommen, welches in einiger Entfernung vom Throne
auf der Erde lag.

Zwei Herren, die sie herein begleitet hatten und sich
jetzt aufrecht auf die Seite stellten, wiesen stumm auf das
Kissen, als Annachinga sich umsah, wo sie Platz nehmen
solle. Sie bemerkte nichts, als das Trüpplein ihrer
Frauen hinter sich, und winkte eine derselben herbei.
Diese kniete unverweilt hinter das Kissen, indem sie die
Arme auf den Boden legte und so in der Stellung
einer ägyptischen Sphinx einen Ruhesitz bildete. Auf
diesen Sitz ließ sich die Fürstin würdevoll nieder, die
Füße auf das vor ihr liegende Kissen streckend, stolz

ſtehende gar nicht hier, ſondern in einem innerſten Ver¬
ſchlage aufhältlich ſei und ſie nur allein, allenfalls in
Begleit ihrer Frauen und der Dolmetſcher empfange. Da
ſie einmal da war, drang ſie ſchweigend aber mit un¬
geduldiger Entrüſtung vorwärts und ſtand mit immer
größerem Erſtaunen vor dem Admiral, der ganz allein
auf einem erhöhten Thronſeſſel ſaß, nur einen ſtehenden
Pagen neben ſich. Er trug den ſchimmernden Galaküraß,
über demſelben den feinſten Spitzenkragen und dicke Or¬
densketten, und auf dem Kopfe den mit Federn aus¬
geſchlagenen Hut mit Goldſchnur und Diamantagraffe.
Das Gemach war an Wänden und Decke ganz mit ge¬
wirkten Seidentapeten bekleidet und der Boden mit Tep¬
pichen belegt; im Uebrigen war außer dem Thronſeſſel
keinerlei Art von Stuhl zu erblicken, ein rothes Kiſſen
ausgenommen, welches in einiger Entfernung vom Throne
auf der Erde lag.

Zwei Herren, die ſie herein begleitet hatten und ſich
jetzt aufrecht auf die Seite ſtellten, wieſen ſtumm auf das
Kiſſen, als Annachinga ſich umſah, wo ſie Platz nehmen
ſolle. Sie bemerkte nichts, als das Trüpplein ihrer
Frauen hinter ſich, und winkte eine derſelben herbei.
Dieſe kniete unverweilt hinter das Kiſſen, indem ſie die
Arme auf den Boden legte und ſo in der Stellung
einer ägyptiſchen Sphinx einen Ruheſitz bildete. Auf
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[306/0316] ſtehende gar nicht hier, ſondern in einem innerſten Ver¬ ſchlage aufhältlich ſei und ſie nur allein, allenfalls in Begleit ihrer Frauen und der Dolmetſcher empfange. Da ſie einmal da war, drang ſie ſchweigend aber mit un¬ geduldiger Entrüſtung vorwärts und ſtand mit immer größerem Erſtaunen vor dem Admiral, der ganz allein auf einem erhöhten Thronſeſſel ſaß, nur einen ſtehenden Pagen neben ſich. Er trug den ſchimmernden Galaküraß, über demſelben den feinſten Spitzenkragen und dicke Or¬ densketten, und auf dem Kopfe den mit Federn aus¬ geſchlagenen Hut mit Goldſchnur und Diamantagraffe. Das Gemach war an Wänden und Decke ganz mit ge¬ wirkten Seidentapeten bekleidet und der Boden mit Tep¬ pichen belegt; im Uebrigen war außer dem Thronſeſſel keinerlei Art von Stuhl zu erblicken, ein rothes Kiſſen ausgenommen, welches in einiger Entfernung vom Throne auf der Erde lag. Zwei Herren, die ſie herein begleitet hatten und ſich jetzt aufrecht auf die Seite ſtellten, wieſen ſtumm auf das Kiſſen, als Annachinga ſich umſah, wo ſie Platz nehmen ſolle. Sie bemerkte nichts, als das Trüpplein ihrer Frauen hinter ſich, und winkte eine derſelben herbei. Dieſe kniete unverweilt hinter das Kiſſen, indem ſie die Arme auf den Boden legte und ſo in der Stellung einer ägyptiſchen Sphinx einen Ruheſitz bildete. Auf dieſen Sitz ließ ſich die Fürſtin würdevoll nieder, die Füße auf das vor ihr liegende Kiſſen ſtreckend, ſtolz

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Das Sinngedicht. Berlin, 1882, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_sinngedicht_1882/316>, abgerufen am 25.11.2024.