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Keller, Gottfried: Das Sinngedicht. Berlin, 1882.

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Thorflügel und starrte dem einsamen Ankömmling in das
Gesicht, als ob er den Teufel sähe.

"Geh vor mir her und leuchte!" sagte Don Correa
kurz, ohne den Burschen zweimal anzublicken. Derselbe
gehorchte freilich diesmal dem Befehl; aber er sprang so
behende treppauf, daß Correa nicht auf dem Fuße folgen
konnte und im Dunkeln tappen mußte. Oben angelangt,
stieß der Knecht eine Thüre auf und rief mit athemloser
Kehle in das erhellte Gemach hinein: "der Herr ist da!"

"Wer ist da?" sagte Donna Feniza, die in ihrem
Armstuhle am Nachtessen saß.

"Er, der die Ohrfeigen gibt und uns Andere weg¬
gejagt hat oder noch wegjagen wird!"

"O Du Esel!" rief die Frau in all' ihrem Reize
und ließ zugleich ein kurzes Gelächter läuten, als sie jetzt
dicht hinter dem Burschen den Admiral stehen sah und
wie er ihn an der Schulter bei Seite schob.

Dieser nun schaute mit einem völligen Schrecken auf
die Scene, wenn bei einem Manne seiner Art das Wort
angewendet und nicht eher mit dem Ausdruck äußerstes
Erstaunen zu ersetzen ist. Am runden Tische, an welchem
er so manche schöne Stunde ihr gegenüber gesessen, waren
außer der Herrin noch zu sehen der Stallmeister, die
Kammerfrau, der junge Beichtvater, und ihr zunächst ein
Unbekannter, ein stämmiger Mensch von halb kriegerischem
Anstrich, mit breiten Schultern und einer langen Schmarre
über Nase und halbes Gesicht hinweg, so daß auch der

Thorflügel und ſtarrte dem einſamen Ankömmling in das
Geſicht, als ob er den Teufel ſähe.

„Geh vor mir her und leuchte!“ ſagte Don Correa
kurz, ohne den Burſchen zweimal anzublicken. Derſelbe
gehorchte freilich diesmal dem Befehl; aber er ſprang ſo
behende treppauf, daß Correa nicht auf dem Fuße folgen
konnte und im Dunkeln tappen mußte. Oben angelangt,
ſtieß der Knecht eine Thüre auf und rief mit athemloſer
Kehle in das erhellte Gemach hinein: „der Herr iſt da!“

„Wer iſt da?“ ſagte Donna Feniza, die in ihrem
Armſtuhle am Nachteſſen ſaß.

„Er, der die Ohrfeigen gibt und uns Andere weg¬
gejagt hat oder noch wegjagen wird!“

„O Du Eſel!“ rief die Frau in all' ihrem Reize
und ließ zugleich ein kurzes Gelächter läuten, als ſie jetzt
dicht hinter dem Burſchen den Admiral ſtehen ſah und
wie er ihn an der Schulter bei Seite ſchob.

Dieſer nun ſchaute mit einem völligen Schrecken auf
die Scene, wenn bei einem Manne ſeiner Art das Wort
angewendet und nicht eher mit dem Ausdruck äußerſtes
Erſtaunen zu erſetzen iſt. Am runden Tiſche, an welchem
er ſo manche ſchöne Stunde ihr gegenüber geſeſſen, waren
außer der Herrin noch zu ſehen der Stallmeiſter, die
Kammerfrau, der junge Beichtvater, und ihr zunächſt ein
Unbekannter, ein ſtämmiger Menſch von halb kriegeriſchem
Anſtrich, mit breiten Schultern und einer langen Schmarre
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[287/0297] Thorflügel und ſtarrte dem einſamen Ankömmling in das Geſicht, als ob er den Teufel ſähe. „Geh vor mir her und leuchte!“ ſagte Don Correa kurz, ohne den Burſchen zweimal anzublicken. Derſelbe gehorchte freilich diesmal dem Befehl; aber er ſprang ſo behende treppauf, daß Correa nicht auf dem Fuße folgen konnte und im Dunkeln tappen mußte. Oben angelangt, ſtieß der Knecht eine Thüre auf und rief mit athemloſer Kehle in das erhellte Gemach hinein: „der Herr iſt da!“ „Wer iſt da?“ ſagte Donna Feniza, die in ihrem Armſtuhle am Nachteſſen ſaß. „Er, der die Ohrfeigen gibt und uns Andere weg¬ gejagt hat oder noch wegjagen wird!“ „O Du Eſel!“ rief die Frau in all' ihrem Reize und ließ zugleich ein kurzes Gelächter läuten, als ſie jetzt dicht hinter dem Burſchen den Admiral ſtehen ſah und wie er ihn an der Schulter bei Seite ſchob. Dieſer nun ſchaute mit einem völligen Schrecken auf die Scene, wenn bei einem Manne ſeiner Art das Wort angewendet und nicht eher mit dem Ausdruck äußerſtes Erſtaunen zu erſetzen iſt. Am runden Tiſche, an welchem er ſo manche ſchöne Stunde ihr gegenüber geſeſſen, waren außer der Herrin noch zu ſehen der Stallmeiſter, die Kammerfrau, der junge Beichtvater, und ihr zunächſt ein Unbekannter, ein ſtämmiger Menſch von halb kriegeriſchem Anſtrich, mit breiten Schultern und einer langen Schmarre über Naſe und halbes Geſicht hinweg, ſo daß auch der

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Das Sinngedicht. Berlin, 1882, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_sinngedicht_1882/297>, abgerufen am 23.11.2024.