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Keller, Gottfried: Das Sinngedicht. Berlin, 1882.

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niemals davon sprechen, und wäre er nicht unfreiwillig
in die zeitgemäßen Gespräche mit verflochten worden, so
würde man vermuthet haben, er sei die ganze Zeit über
nie aus seiner Studierstube herausgegangen.

Das verlieh dem liebenswürdigen Duckmäuser einen
neuen Glanz, der indessen auch mir zugute kam; denn als
ich einst nach eifrigem Sprechen vom Hauen und Stechen
in der darauffolgenden Stille plötzlich wahrnahm, wie
renommistisch ich mich neben ihm ausnehmen mußte, suchte
ich mich beschämt zu bessern und wurde auch hie und da
bescheidener. Leider mußte ich nachher, da ich Soldat
von Prefession blieb, mich doch wieder an das Schreien
und Rufen gewöhnen.

So verlebten wir noch eine Reihe von angenehmen
heiteren Tagen, bis nicht unerwartet und doch unverhofft
der Abmarschbefehl für mein Regiment anlangte, und
zwar hatte der Aufbruch in sechs Tagen stattzufinden.
Von Stund' an war Hildeburg in ihrem Benehmen ver¬
ändert. Bald unruhig und zerstreut, bald in sich gekehrt
und über etwas brütend, das sie beschäftigte und drückte,
wechselten ihre Launen unaufhörlich, und als ob sie es
selbst nur zu wohl wüßte, entzog sie sich meist der Gesell¬
schaft, die zuweilen ziemlich zahlreich wurde, je mehr die
Umgebung des erst später wohnlich zu machenden Hauses
zum Aufenthalt im Freien einlud. Indem ich, von dem
veränderten Betragen des Mädchens abermals betroffen,
über dasselbe nachdachte, fühlte ich mich geneigt, die Er¬

niemals davon ſprechen, und wäre er nicht unfreiwillig
in die zeitgemäßen Geſpräche mit verflochten worden, ſo
würde man vermuthet haben, er ſei die ganze Zeit über
nie aus ſeiner Studierſtube herausgegangen.

Das verlieh dem liebenswürdigen Duckmäuſer einen
neuen Glanz, der indeſſen auch mir zugute kam; denn als
ich einſt nach eifrigem Sprechen vom Hauen und Stechen
in der darauffolgenden Stille plötzlich wahrnahm, wie
renommiſtiſch ich mich neben ihm ausnehmen mußte, ſuchte
ich mich beſchämt zu beſſern und wurde auch hie und da
beſcheidener. Leider mußte ich nachher, da ich Soldat
von Prefeſſion blieb, mich doch wieder an das Schreien
und Rufen gewöhnen.

So verlebten wir noch eine Reihe von angenehmen
heiteren Tagen, bis nicht unerwartet und doch unverhofft
der Abmarſchbefehl für mein Regiment anlangte, und
zwar hatte der Aufbruch in ſechs Tagen ſtattzufinden.
Von Stund' an war Hildeburg in ihrem Benehmen ver¬
ändert. Bald unruhig und zerſtreut, bald in ſich gekehrt
und über etwas brütend, das ſie beſchäftigte und drückte,
wechſelten ihre Launen unaufhörlich, und als ob ſie es
ſelbſt nur zu wohl wüßte, entzog ſie ſich meiſt der Geſell¬
ſchaft, die zuweilen ziemlich zahlreich wurde, je mehr die
Umgebung des erſt ſpäter wohnlich zu machenden Hauſes
zum Aufenthalt im Freien einlud. Indem ich, von dem
veränderten Betragen des Mädchens abermals betroffen,
über dasſelbe nachdachte, fühlte ich mich geneigt, die Er¬

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[237/0247] niemals davon ſprechen, und wäre er nicht unfreiwillig in die zeitgemäßen Geſpräche mit verflochten worden, ſo würde man vermuthet haben, er ſei die ganze Zeit über nie aus ſeiner Studierſtube herausgegangen. Das verlieh dem liebenswürdigen Duckmäuſer einen neuen Glanz, der indeſſen auch mir zugute kam; denn als ich einſt nach eifrigem Sprechen vom Hauen und Stechen in der darauffolgenden Stille plötzlich wahrnahm, wie renommiſtiſch ich mich neben ihm ausnehmen mußte, ſuchte ich mich beſchämt zu beſſern und wurde auch hie und da beſcheidener. Leider mußte ich nachher, da ich Soldat von Prefeſſion blieb, mich doch wieder an das Schreien und Rufen gewöhnen. So verlebten wir noch eine Reihe von angenehmen heiteren Tagen, bis nicht unerwartet und doch unverhofft der Abmarſchbefehl für mein Regiment anlangte, und zwar hatte der Aufbruch in ſechs Tagen ſtattzufinden. Von Stund' an war Hildeburg in ihrem Benehmen ver¬ ändert. Bald unruhig und zerſtreut, bald in ſich gekehrt und über etwas brütend, das ſie beſchäftigte und drückte, wechſelten ihre Launen unaufhörlich, und als ob ſie es ſelbſt nur zu wohl wüßte, entzog ſie ſich meiſt der Geſell¬ ſchaft, die zuweilen ziemlich zahlreich wurde, je mehr die Umgebung des erſt ſpäter wohnlich zu machenden Hauſes zum Aufenthalt im Freien einlud. Indem ich, von dem veränderten Betragen des Mädchens abermals betroffen, über dasſelbe nachdachte, fühlte ich mich geneigt, die Er¬

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Das Sinngedicht. Berlin, 1882, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_sinngedicht_1882/247>, abgerufen am 24.11.2024.