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Keller, Gottfried: Das Sinngedicht. Berlin, 1882.

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in allen möglichen Vermummungen, mit ihren Geräth¬
schaften klopfend, unter dem Voraustritte ihrer Musik
an den Herrschaften vorüber zogen, die am Eingange des
Parkes auf einem erhöhten Brettergerüste standen, in
dessen Mitte ein aus Epheugeflechten errichtetes Tempelchen
Braut und Bräutigam besonders einfaßte.

Doch entwickelte sich der Zug malerisch genug unter
den hohen Bäumen hervor, und Brandolf hatte dafür
gesorgt, daß durch allerhand buntes Zeug, ein Dutzend
Thyrsusstäbe, Schellentrommeln, Satyrmasken und vor¬
züglich durch eine Anzahl artiger Kindertrachten, welche
die Zeit der Traubenblüthe vorstellten, Abwechselung
und Farbe in die Sache kam. Das Ganze drückte das
Vergnügen eines guten Weinjahres aus; der Schluß
hingegen war der Verachtung vorbehalten, die einem
schlechten Weinjahre unter allen Umständen gebührt. Die
drei Teufel eines solchen: der Teufel der Säure, derjenige
der Blödigkeit und der Teufel der Unhaltbarkeit wurden
rückwärts an den Schwänzen herbei und vorübergezogen
und mußten durch ihre Musik das Gift und das Elend
eines schändlichen Weines ausdrücken.

Das waren eben unsere drei Herabgekommenen. Man
hatte denselben, um ihnen jeden Argwohn zu benehmen,
den Charakter ihrer Rolle offen mitgetheilt. Sie wußten
auch, daß eine Hochzeit da war; allein Jochel hatte ihnen
so unbefangen einen falschen Namen der Braut genannt,
auf den sie überdies kaum achteten, daß sie ihre wahre

Keller, Sinngedicht. 14

in allen möglichen Vermummungen, mit ihren Geräth¬
ſchaften klopfend, unter dem Voraustritte ihrer Muſik
an den Herrſchaften vorüber zogen, die am Eingange des
Parkes auf einem erhöhten Brettergerüſte ſtanden, in
deſſen Mitte ein aus Epheugeflechten errichtetes Tempelchen
Braut und Bräutigam beſonders einfaßte.

Doch entwickelte ſich der Zug maleriſch genug unter
den hohen Bäumen hervor, und Brandolf hatte dafür
geſorgt, daß durch allerhand buntes Zeug, ein Dutzend
Thyrſusſtäbe, Schellentrommeln, Satyrmasken und vor¬
züglich durch eine Anzahl artiger Kindertrachten, welche
die Zeit der Traubenblüthe vorſtellten, Abwechſelung
und Farbe in die Sache kam. Das Ganze drückte das
Vergnügen eines guten Weinjahres aus; der Schluß
hingegen war der Verachtung vorbehalten, die einem
ſchlechten Weinjahre unter allen Umſtänden gebührt. Die
drei Teufel eines ſolchen: der Teufel der Säure, derjenige
der Blödigkeit und der Teufel der Unhaltbarkeit wurden
rückwärts an den Schwänzen herbei und vorübergezogen
und mußten durch ihre Muſik das Gift und das Elend
eines ſchändlichen Weines ausdrücken.

Das waren eben unſere drei Herabgekommenen. Man
hatte denſelben, um ihnen jeden Argwohn zu benehmen,
den Charakter ihrer Rolle offen mitgetheilt. Sie wußten
auch, daß eine Hochzeit da war; allein Jochel hatte ihnen
ſo unbefangen einen falſchen Namen der Braut genannt,
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Keller, Sinngedicht. 14
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[209/0219] in allen möglichen Vermummungen, mit ihren Geräth¬ ſchaften klopfend, unter dem Voraustritte ihrer Muſik an den Herrſchaften vorüber zogen, die am Eingange des Parkes auf einem erhöhten Brettergerüſte ſtanden, in deſſen Mitte ein aus Epheugeflechten errichtetes Tempelchen Braut und Bräutigam beſonders einfaßte. Doch entwickelte ſich der Zug maleriſch genug unter den hohen Bäumen hervor, und Brandolf hatte dafür geſorgt, daß durch allerhand buntes Zeug, ein Dutzend Thyrſusſtäbe, Schellentrommeln, Satyrmasken und vor¬ züglich durch eine Anzahl artiger Kindertrachten, welche die Zeit der Traubenblüthe vorſtellten, Abwechſelung und Farbe in die Sache kam. Das Ganze drückte das Vergnügen eines guten Weinjahres aus; der Schluß hingegen war der Verachtung vorbehalten, die einem ſchlechten Weinjahre unter allen Umſtänden gebührt. Die drei Teufel eines ſolchen: der Teufel der Säure, derjenige der Blödigkeit und der Teufel der Unhaltbarkeit wurden rückwärts an den Schwänzen herbei und vorübergezogen und mußten durch ihre Muſik das Gift und das Elend eines ſchändlichen Weines ausdrücken. Das waren eben unſere drei Herabgekommenen. Man hatte denſelben, um ihnen jeden Argwohn zu benehmen, den Charakter ihrer Rolle offen mitgetheilt. Sie wußten auch, daß eine Hochzeit da war; allein Jochel hatte ihnen ſo unbefangen einen falſchen Namen der Braut genannt, auf den ſie überdies kaum achteten, daß ſie ihre wahre Keller, Sinngedicht. 14

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Zitationshilfe: Keller, Gottfried: Das Sinngedicht. Berlin, 1882, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_sinngedicht_1882/219>, abgerufen am 22.11.2024.