von deinem eigentlichen Wesen zu haben, das nichts Anderes ist, als die ewige Jugend und Geschicklichkeit zu allen Dingen, der unbedingte gute Wille ohne Falsch und im Feuer vergoldet!
Es war ein Band der Lachmann'schen Lessingaus¬ gabe und zwar der, in welchem die Sinngedichte des Friedrich von Logau stehen, und wie Reinhart ihn auf¬ schlug, fiel ihm dieser Spruch in die Augen:
Wie willst du weiße Lilien zu rothen Rosen machen?
Küß eine weiße Galathee: sie wird erröthend lachen.
Sogleich warf er das Buch weg und rief: Dank dir, Vortrefflicher, der mir durch den Mund des noch älteren Todten einen so schönen Rath gibt! O, ich wußte wohl, daß man dich nur anzufragen braucht, um gleich etwas Gescheidtes zu hören!
Und das Buch wieder aufnehmend, die Stelle noch¬ mals laut lesend, rief Reinhart: Welch' ein köstliches Experiment! Wie einfach, wie tief, klar und richtig, so hübsch abgewogen und gemessen! Gerade so muß es sein: erröthend lachen! Küß eine weiße Galathee, sie wird er¬ röthend lachen!
Das wiederholte er beständig vor sich her, während er Reisekleider hervorsuchte und seinen alten Diener her¬ beirief, daß er ihm schleunig helfe, den Mantelsack zu packen und das erste beste Miethpferd bestelle auf mehrere Tage. Er anbefahl dem Alten die Obhut seiner Wohnung
von deinem eigentlichen Weſen zu haben, das nichts Anderes iſt, als die ewige Jugend und Geſchicklichkeit zu allen Dingen, der unbedingte gute Wille ohne Falſch und im Feuer vergoldet!
Es war ein Band der Lachmann'ſchen Leſſingaus¬ gabe und zwar der, in welchem die Sinngedichte des Friedrich von Logau ſtehen, und wie Reinhart ihn auf¬ ſchlug, fiel ihm dieſer Spruch in die Augen:
Wie willſt du weiße Lilien zu rothen Roſen machen?
Küß eine weiße Galathee: ſie wird erröthend lachen.
Sogleich warf er das Buch weg und rief: Dank dir, Vortrefflicher, der mir durch den Mund des noch älteren Todten einen ſo ſchönen Rath gibt! O, ich wußte wohl, daß man dich nur anzufragen braucht, um gleich etwas Geſcheidtes zu hören!
Und das Buch wieder aufnehmend, die Stelle noch¬ mals laut leſend, rief Reinhart: Welch' ein köſtliches Experiment! Wie einfach, wie tief, klar und richtig, ſo hübſch abgewogen und gemeſſen! Gerade ſo muß es ſein: erröthend lachen! Küß eine weiße Galathee, ſie wird er¬ röthend lachen!
Das wiederholte er beſtändig vor ſich her, während er Reiſekleider hervorſuchte und ſeinen alten Diener her¬ beirief, daß er ihm ſchleunig helfe, den Mantelſack zu packen und das erſte beſte Miethpferd beſtelle auf mehrere Tage. Er anbefahl dem Alten die Obhut ſeiner Wohnung
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von deinem eigentlichen Weſen zu haben, das nichts Anderes
iſt, als die ewige Jugend und Geſchicklichkeit zu allen
Dingen, der unbedingte gute Wille ohne Falſch und im
Feuer vergoldet!
Es war ein Band der Lachmann'ſchen Leſſingaus¬
gabe und zwar der, in welchem die Sinngedichte des
Friedrich von Logau ſtehen, und wie Reinhart ihn auf¬
ſchlug, fiel ihm dieſer Spruch in die Augen:
Wie willſt du weiße Lilien zu rothen Roſen machen?
Küß eine weiße Galathee: ſie wird erröthend lachen.
Sogleich warf er das Buch weg und rief: Dank dir,
Vortrefflicher, der mir durch den Mund des noch älteren
Todten einen ſo ſchönen Rath gibt! O, ich wußte wohl,
daß man dich nur anzufragen braucht, um gleich etwas
Geſcheidtes zu hören!
Und das Buch wieder aufnehmend, die Stelle noch¬
mals laut leſend, rief Reinhart: Welch' ein köſtliches
Experiment! Wie einfach, wie tief, klar und richtig, ſo
hübſch abgewogen und gemeſſen! Gerade ſo muß es ſein:
erröthend lachen! Küß eine weiße Galathee, ſie wird er¬
röthend lachen!
Das wiederholte er beſtändig vor ſich her, während
er Reiſekleider hervorſuchte und ſeinen alten Diener her¬
beirief, daß er ihm ſchleunig helfe, den Mantelſack zu
packen und das erſte beſte Miethpferd beſtelle auf mehrere
Tage. Er anbefahl dem Alten die Obhut ſeiner Wohnung
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Keller, Gottfried: Das Sinngedicht. Berlin, 1882, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/keller_sinngedicht_1882/18>, abgerufen am 22.11.2024.
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